Der Trick mit dem Teer
Britische Strassenarbeiter touren durch die Schweiz, um Hausbesitzern die Einfahrt oder den Vorplatz zu teeren. Das Angebot ist verlockend, die Schlussrechnung gesalzen.
Veröffentlicht am 3. September 2015 - 13:39 Uhr
Eines Morgens steht ein Mann in orangefarbener Signalweste auf dem Vorplatz von Bernhard Volkart. In gebrochenem Deutsch mit englischem Akzent bietet er an, den Platz neu zu teeren. Von einem anderen Auftrag hätten sie noch Teer übrig. «Der Preis klang mehr als fair», rekapituliert der Hausbesitzer aus Niederweningen ZH. Sie einigten sich auf 60 Quadratmeter für 1200 Franken. «So weit war alles in Ordnung, erstaunlich aber war, dass keine zehn Minuten später ein LKW auf meinem Vorplatz stand.»
Vier Männer starteten sogleich mit der Arbeit. Bernhard Volkart begann zu zweifeln, denn die Arbeiter waren kaum zu bremsen. Sie teerten wie wild drauflos. Als Volkart sie darauf ansprach, wiegelten sie ab und teerten einfach weiter. Fast viermal so viel wie abgemacht. Resultat: Die Teerarbeiter wollten jetzt 4600 Franken.
Auch Heidi Baumann* bekam Besuch von den Teerarbeitern. Er heisse Terence Watson, sagte der Mann in Signalweste, und er wolle ihren Vorplatz teeren, natürlich zum Vorzugspreis. Überrumpelt, sagte die ältere Dame zu. Drei Stunden später war nicht nur ihr Vorplatz, sondern auch ein Teil des Vorplatzes ihres Nachbarn geteert. Dafür wollten die Arbeiter 6500 Franken, viel mehr als abgemacht.
Seit Jahren tingeln die Strassenarbeiter durch Deutschland und die Schweiz. Die Kantonspolizei Zürich kennt die Masche. «Sofern die Teerarbeiter eine Arbeitsbewilligung haben, handelt es sich um legale Vorgänge», so Mediensprecherin Carmen Surber. «Ohne eine Anzeige können wir dies aber schlecht überprüfen.»
Bernhard Volkart bezahlte den Teerarbeitern 1200 Franken in bar. Genau so viel wie abgemacht. Für den Restbetrag drückten sie ihm eine Rechnung in die Hand. Seither hat er nichts mehr gehört. Auch Baumann bezahlte einen Teil der Arbeit und wurde nicht mehr belästigt.
Im Streitfall hätten die Teerarbeiter schlechte Karten. Dank dem Widerrufsrecht bei Haustürverkäufen könnten die Kunden innerhalb von sieben Tagen vom Kaufvertrag zurücktreten. Dann müssten die Teerarbeiter den Boden wieder aufreissen.
*Name geändert