Suissephone überrumpelt einen 90-Jährigen
Jovan Atanackovic benutzt kein Internet. Trotzdem muss er seit Monaten dafür zahlen.
Veröffentlicht am 4. Januar 2019 - 09:19 Uhr,
aktualisiert am 3. Januar 2019 - 14:43 Uhr
Eines Tages stand ein Suissephone-Berater an der Tür von Jovan Atanackovic und sagte: Er müsse einen Vertrag unterschreiben, sonst werde sein Telefon ausgeschaltet und man schliesse ihn «nicht an die Digitalisierung an». Das Formular hatte der Berater schon für ihn ausgefüllt. Der 90-Jährige erhielt die Zusage, dass er drei Monate Kündigungsfrist habe.
Der Mann habe aber nicht erwähnt, dass man erst nach Ablauf des Vertrags kündigen könne – frühestens nach 24 Monaten. «Das habe ich später mit der Lupe lesen müssen», sagt Atanackovic.
Suissephone dementiert: «Unser Berater hat die Mindestlaufzeit von 24 Monaten erklärt, wie auch, dass die Kündigungsfrist von drei Monaten vor Ablauf der Vertragslaufzeit nicht gilt.»
Nach einigen Monaten kündigte Atanackovic per eingeschriebenen Brief. Suissephone reagierte nicht. Darauf schickte er den Internetrouter zurück. Ebenfalls keine Reaktion. Nur die Rechnung über 39 Franken kam jeden Monat pünktlich.
Doch dann: «Plötzlich schickt mir Suissephone eine Mahnung über 510 Franken für den Oktober. Eine Rechnung habe ich nie bekommen.» – «Herr Atanackovic wollte vorzeitig den Vertrag beenden beziehungsweise die Restgebühr der Laufzeit zahlen, daraufhin haben wir am 07. 11. 2018 die Endabrechnung von 507 Franken für die ganze Laufzeit bis Vertragsende verrechnet», heisst es bei Suissephone.
Als die Telefonie von analog auf digital umgestellt worden war, hatte Suissephone diverse Schreiben an Kunden verschickt: «Bis Ende 2017 werden alle analogen Telefonanschlüsse in der Schweiz abgeschaltet. Auch Ihr Anschluss ist davon betroffen .» Dem Beobachter liegen zudem mehrere Fälle vor, in denen Suissephone willkürlich Rechnungen verschickt hat, ohne dass ein Vertragsverhältnis bestand.
Geschäftsführer von Suissephone ist Arben Ademi – ebenso von OneCom, deren Mitarbeiter wiederholt versuchten, Senioren telefonisch zu mündlichen Zusagen zu bringen und so Verträge für ein neues Abo geltend zu machen.
Es ist stossend, wenn Kunden auf ultimative Art angeworben werden, sagt Doris Huber. Rechtlich lässt sich ein solcher Vertrag mit Hilfe des Haustürgesetzes innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Da Atanackovic jedoch etliche Suissephone-Rechnungen bezahlt und damit den Vertrag akzeptiert hat, bleibt er an ihn gebunden und kann nur noch gemäss den Suissephone-Kündigungsbestimmungen aussteigen.
Haben Sie vorschnell einen Vertrag unterzeichnet und bereuen dies nun? Wenn dieser Vertrag unter das so genannte Haustürgesetz fällt, haben Sie noch einmal Glück gehabt. Beobachter-Mitglieder erhalten im Merkblatt «Haustürgeschäft: Recht auf Widerruf» Tipps, wie sie vom Vertrag zurücktreten können, und mit dem Musterbrief «So widerrufen Sie den Vertrag» gleich ein Beispiel, wie sie diesen Widerruf innerhalb der gesetzlichen Frist formulieren.