Machtkampf der Wühlmäuse
Kinder sändeln fürs Leben gern - und lernen dabei fürs Leben. Sofern die Eltern sie lernen lassen und nicht gleich bei jeder Kleinigkeit eingreifen oder teilnahmslos wegschauen.
Veröffentlicht am 28. April 2008 - 11:04 Uhr
Tom, dreijährig, reisst dem einjährigen Till den grünen Plastikeimer aus der Hand. Der Kleine reagiert mit lautem Gebrüll. Die zweieinhalbjährige Noemi beobachtet die Szene und bewirft Tom daraufhin mit einer Schaufel voll Sand: ganz normaler Sandkasten-Alltag.
Ein Nachmittag im Sand ist für kleine Kinder ebenso wie für ältere ein ideales Lernfeld. Sie können ihre Fähigkeiten und Grenzen ausloten und sich an anderen messen. Und sie lernen, kleine Siege zu erringen und Niederlagen einzustecken. Gleichzeitig bietet das Material Sand den Kindern ein sehr sinnliches Erlebnis und fördert ihre Kreativität beim Bauen, Wühlen und Formen.
Besonders gefällt den Knaben und Mädchen, wenn die Erwachsenen auch mal mitspielen. Einerseits fühlen sich die Kinder wertgeschätzt, wenn die Grossen mit ihnen sändeln, anderseits sammeln sie dabei neue Ideen, um danach allein weiterzubuddeln. Dass dabei Kleider, Schuhe und Hände schmutzig werden, müssen Eltern in Kauf nehmen; sie brauchen sich auch nicht zu sorgen, wenn ihr Kleines mal etwas Sand in den Mund nimmt.
Doch so ein Morgen am Sandkastenrand kann auch viel Nerven kosten - wegen der Kinder, manchmal aber noch viel mehr wegen der Erwachsenen. Etwa wenn den Grossen das Handy oder der Blackberry wichtiger ist als das Geschehen im Sand und sie einfach wegsehen, wenn ihr Kind sich aggressiv gegen seine Sandkasten-Gspäändli verhält.
Natürlich erweisen Eltern ihren Kindern keinen Dienst, wenn sie bereits reagieren, bevor überhaupt etwas passiert ist. Meist regeln die Kleinen ohne Zutun der Eltern, wer mit welcher Schaufel sändeln oder wer die schönsten Förmli benutzen darf. Handeln sollten Eltern hingegen, wenn es zu Handgreiflichkeiten kommt: Schlagen, Haare ziehen, Sand ins Gesicht werfen - das alles ist tabu. Erst recht, wenn die Kräfte ungleich sind. Dann müssen Mütter und Väter ihr Kind schützen. Noch besser ist es, wenn jeder seinem Kind im Voraus erklärt, was von ihm erwartet wird. Zum Beispiel:
- «Wenn du das Spielzeug eines anderen Kindes benutzen möchtest, frag zuerst.»
- «Teile bitte deine Sachen mit den anderen.»
- «Sand gegen andere Kinder zu werfen, sie zu schlagen oder ihnen Dinge wegzureissen ist verboten.»
- «Wenn es Streit gibt, komm zu mir, und wir suchen gemeinsam eine Lösung.»
Und was ist, wenn sich nicht das eigene, sondern ein fremdes Kind unmöglich aufführt? Dann gilt: auf dessen Eltern zugehen und sie bitten, sich darum zu kümmern.