Das ändert sich bei den Ergänzungsleistungen
Mehr Geld für die Miete, strengere Vorgaben beim Vermögen, Verschwendung wird bestraft: Das Parlament hat sich über die Reform der Ergänzungsleistungen geeinigt.
Veröffentlicht am 20. März 2019 - 16:38 Uhr,
aktualisiert am 19. März 2019 - 18:28 Uhr
Die Reform der Ergänzungsleistungen (EL) ist abgeschlossen. Nach über zweijähriger Beratung hat das Parlament sich auf eine Vorlage geeinigt und ihr zugestimmt.
Anspruch auf Ergänzungsleistungen hat, wer in der Schweiz eine AHV- oder IV-Rente bezieht, aber trotzdem zu wenig Geld hat, um einen minimalen Lebensbedarf zu decken . Die EL sorgen dafür, dass dieser sogenannte Grundbedarf gedeckt wird. Die wichtigsten Neuerungen der Reform sind:
Wer mehr als 100'000 Franken Vermögen besitzt, bekommt keine EL mehr. Bei Ehepaaren beträgt die Schwelle 200'000 Franken. Bisher war es unter Umständen möglich, dass auch Leute Ergänzungsleistungen beziehen, die höhere Vermögen haben.
Die eigene Wohnung oder das eigene Haus wird für die Berechnung der Vermögensschwelle nicht herbeigezogen. Menschen, die auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind, haben so meistens die Möglichkeit, im eigenen Heim zu bleiben.
Der Freibetrag auf dem Vermögen wird gesenkt. Er beträgt neu 30'000 Franken für Alleinstehende und 50'000 Franken für Ehepaare. Bisher waren es 37'500 beziehungsweise 60'000 Franken. Der Freibetrag bezeichnet jenen Teil des Vermögens, der nicht angetastet werden muss. Beim Vermögen über dem Freibetrag wird hingegen erwartet, dass ein EL-Bezüger einen Teil davon verwendet, um den Grundbedarf zu decken: Bei AHV-Rentnern wird jährlich ein Zehntel dieses Vermögens als Einkommen angerechnet, Bei IV-Rentner ein Fünfzehntel.
Übersteigt der Nachlass eines EL-Bezügers 40'000 Franken, müssen die Erben das Geld über diesem Betrag dafür verwenden, die bezogenen Ergänzungsleistungen des Verstorbenen an den Staat zurückzuzahlen.
Weil die Mieten in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind , hat das Parlament die Beiträge erhöht. Das gilt vor allem für die Städte: Dort können Alleinstehende künftig Mietkosten bis zu 1370 Franken an den Lebensbedarf anrechnen, in der Agglomeration 1325 Franken und auf dem Land 1210 Franken. Bei zwei Personen im Haushalt können 250 Franken zusätzlich angerechnet werden.
Für Personen, die im Konkubinat oder in einer Wohngemeinschaft leben, kann der Beitrag an die Miete jedoch geringer werden, weil neu die Anzahl aller im Haushalt lebender Personen in die Beitragsberechnung miteinbezogen wird.
Die Ansätze für den Lebensbedarf von Kindern unter 11 Jahren werden gesenkt. Bei älteren Kindern bleiben die heutigen Ansätze bestehen. Bei den meisten EL-Bezügern mit Kindern handelt es sich um Personen, die eine IV-Rente beziehen.
Ziel der Reform ist es, einerseits falschen Anreizen entgegenzuwirken, anderseits das Ausgabenwachstum zu bremsen. Denn die Ausgaben für die EL steigen seit Jahren an, vor allem, weil in der Schweiz immer mehr Menschen im AHV-Alter leben.
Das Parlament verspricht sich durch die Reform jährliche Einsparungen von 450 Millionen Franken. Demgegenüber stehen Mehrausgaben von 200 Millionen Franken, weil die Beiträge an die Miete erhöht werden. Referenz für die Berechnungen ist das Jahr 2030. Mit der Reform betragen die prognostizierten Ausgaben dann 6,5 Milliarden Franken, mit den bisherigen Regeln würden sie knapp 6,8 Milliarden betragen. Heute betragen die EL-Ausgaben rund 5 Milliarden im Jahr, verteilt auf Bund und Kantone.
Wie viel EL jemand bekommt, hängt auch vom Einkommen des Ehepartners ab. Neu wird dieses zu 80 Prozent angerechnet, bisher nur zu zwei Dritteln. Bezieht der Ehepartner eine IV-Rente, wird dieses Geld voll angerechnet.
Wer sich sein Pensionskassenguthaben bereits hat auszahlen lassen und dieses Geld verbraucht hat, bekommt deswegen nicht weniger Ergänzungsleistungen. Anfänglich hatte der Nationalrat gefordert, dass die EL in solchen Fällen um 10 Prozent gekürzt wird.
Wer sein Vermögen «ohne wichtigen Grund» um mehr als 10 Prozent pro Jahr verbraucht, soll weniger Ergänzungsleistungen bekommen. Bisher musste nur mit Kürzungen rechnen, wer sein Vermögen verschenkt hat. Noch unklar ist, wie genau die neue Regelung in Zukunft angewendet wird, zum Beispiel wenn ein EL-Bezüger ein neues Auto kauft.
Wie viel Ergänzungsleistungen jemand bekommt, richtet sich grundsätzlich nach dem Bedarf und den vorhandenen Mitteln. Es gibt jedoch eine Bestimmung, wie hoch eine EL-Rente im Minimum sein muss. Heute orientiert sich dieses Minimum in den meisten Kantonen an der Höhe einer durchschnittlichen Krankenkassenprämie. Neu ist die höchste Prämienverbilligung im Kanton die Referenz. Die Mindestrente darf aber 60 Prozent der Durchschnittsprämie nicht unterschreiten.
Um Ergänzungsleistungen (EL) zu beziehen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Beim Beobachter erfahren Mitglieder nicht nur, welche das sind, sondern führt auch mit Fallbeispielen auf, welche Auswirkungen eine Hausübertragung hat und welche Rechtsmittel bei einem negativen Entscheid offenstehen.
- 1Antrag auf Ergänzungsleistungen stellen
- 2EL-Revision: Das hat sich seit 2021 geändert
- 3Wohnrecht / Nutzniessung bei den Ergänzungsleistungen
- 4Erlass der Radio- und TV-Gebühren für EL-Bezüger
- 5Sich gegen einen Entscheid der EL-Behörde wehren
- 6Weitere Zusatzleistungen der Kantone
- 7Ergänzungsleistungen reichen nicht – wo finde ich Hilfe?
2 Kommentare
Anfangs Jahr 2021 liegt mein Vermögen infolge meines Freizügigkeitskonto bei knapp Fr 38'000 und am 01.11.2021
bin ich EL berechtigt und das Vermögen schmälert sich und liegt dann bei ca. 27'000-28'000. Grund: Ende Oktober lasse ich mir das Freizügigkeitskonto auszahlen. Begleiche dann direkt die anstehenden Rechnungen, Kapitalsteuern, OeV etc. Frage: wird jetzt das Vermögen Anfangs 2021 berücksichtigt oder das Vermögen am Stichtag 01.11.2021?
Habe keine Antwort im EL- Buch von Anita Huber gefunden.
Wie beschämend und krank diese EL-Reform ist zeigt allein die Tatsache, dass wegen läppischen 250Mio Einsparungen bis 2030 ganze Bevölkerungsschichten in die Altersarmut gerechnet werden - da sind doch Flügerlis für 6Mia ein Klacks!