SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt will Bürokratie abbauen. In einer parlamentarischen Initiative fordert er, dass künftig jedes Mal, wenn ein neues Gesetz geschaffen wird, dafür ein anderes gestrichen werden muss. Kurz: one in, one out. Richtig gelesen – ein neues Gesetz soll her mit dem Zweck, die Gesamtmenge an Gesetzen und Verordnungen nicht mehr zu erhöhen.

Was kurios anmutet, beschäftigt das Parlament immer wieder: Die Regulierungsdichte und wie man die administrative Belastung senken kann. Allein Vogt reichte ganze vier Vorstösse gegen die Überregulierung ein. Magdalena Martullo-Blocher möchte gar pro neues Gesetz zwei alte eliminieren, scheiterte mit ihrer Motion allerdings im Nationalrat. Auch aus FDP-Kreisen gab es in den letzten Jahren einige Vorstösse in dieselbe Richtung. 

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Neue Kampfjets gegen altes Spuckverbot?

«Haben wir zu viele Gesetze, ja oder nein?» fragte Vogts Parteikollege Gregor Rutz in der Nationalratsdebatte letztes Jahr. Und listete sogleich genüsslich ausgefallene Gesetze auf allen Staatsebenen auf: Spuckverbot in Gossau, Höchstgeschwindigkeit für ferngesteuerte Spielzeugautos in Bassersdorf, Fahnenaushangbewilligung in Winterthur. Und implizierte damit, es gäbe genügend «absurde» Gesetze Absurde Gesetze Rumstehen verboten im Lande, die gestrichen werden könnten. Aber sollen denn jetzt willkürlich bestehende Erlasse über Bord geworfen werden? Würde man bei einem neuen Gesetz über die Anschaffung von Kampfjets als Kompensation beispielsweise die Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug streichen? 

«Nein», sagt Vogt, «in erster Linie müsste man im gleichen Bereich, also im gleichen Departement, kompensieren.» Ausserdem gehe es primär darum, die Bürokratiekosten für die Unternehmen zu senken, respektive nicht durch neue Erlasse zu erhöhen. Ziel des Vorstosses sei es demnach nicht, die Anzahl Gesetze oder Gesetzesartikel per se zu limitieren, sondern den (Kosten-)Aufwand bei Privaten oder Unternehmen in Grenzen zu halten. 

Kosten für Unternehmen senken

Die Regulierungsbremse soll die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz stärken. Vogt spricht von geschätzten 60 Milliarden Regulierungskosten jährlich und verweist auf ähnliche Bremsen in Deutschland und Grossbritannien, die seit ihrer Einführung (DE 2015 / GB 2013) der Wirtschaft zu Einsparungen von 1 Milliarde Euro, respektive 2 Milliarden Pfund, verholfen haben sollen. «One in, one out» solle Druck im System erzeugen. Aber würde das bei der Verwaltung nicht zu viel mehr Aufwand führen? «Nein. Die Verwaltung als Hauptverursacherin von Regulierung würde fortan einen Teil ihrer Arbeitskraft für den Abbau von Regulierung einsetzen» erklärt Vogt. «Man muss keine zusätzlichen Personen anstellen, sondern man gibt den bereits Angestellten einen anderen Auftrag.»

Trotz Zustimmung im Nationalrat – die staatspolitischen Kommissionen beider Räte lehnten die parlamentarische Initiative ab. Sie stellten den Handlungsbedarf bei Überregulierung und der damit verbundenen grossen Belastung besonders kleiner und mittlerer Unternehmen zwar nicht in Frage. Bei jeder Gesetzgebung müsse die Auswirkung auf die Wirtschaft sorgfältig geprüft werden. Sie zeigten sich jedoch skeptisch gegenüber einer solch mechanischen Lösung. «Es sollen nicht undifferenzierte Regeln eingeführt werden, welche den Gesetzgebungsprozess verkomplizieren,» hält die staatspolitische Kommission des Ständerats fest. 

Blockierter Gesetzgebungsprozess?

Auch die Aufhebung von Gesetzen habe im üblichen Gesetzgebungsverfahren zu geschehen und es könne so durchaus geschehen, «dass eine neue, unbestrittene Gesetzgebung blockiert wird, weil die zur Kompensation vorgeschlagene Aufhebung eines anderen Gesetzes umstritten ist.»  Die Kommission des Nationalrats bläst ins gleiche Horn: «Man stelle sich vor, die Kompromissfindung in einer schwierigen Gesetzgebung wie z. B. der AHV-Revision würde noch mit der Diskussion über gleichzeitig aufzuhebende andere Gesetzesbestimmungen belastet!» Zudem weisen beide Kommissionen darauf hin, dass mit Vogts Vorschlag eine Verfassungsänderung nötig würde, mitsamt obligatorischer Volksabstimmung. Denn er sieht vor, dass es im Rat ein «qualifiziertes Mehr» (z. B. eine Zweidrittelsmehrheit) bräuchte, wenn man ein neues Gesetz einführen will und nicht gleichzeitig ein altes aufhebt.  

Hans-Ueli Vogt konnte 2017 mit der Zustimmung der grossen Kammer bereits einen Etappensieg verbuchen. Sagt jetzt auch der Ständerat am 14. Juni Ja, muss ein entsprechendes «one in, one out»-Gesetz ausgearbeitet werden. Ob der Ständerat ihm allerdings Folge leisten wird, ist fraglich, zumal bereits mehrere andere Vorstösse zum Abbau von Bürokratie angenommen wurden und man derzeit auf den Bericht des Bundesrates zum Postulat «Einführung einer Regulierungsbremse» von FDP-Ständerat Andrea Caroni wartet. 

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Tina Berg, Redaktorin
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