Wie komme ich vom Rauchen los?
Sich das Rauchen abzugewöhnen, ist oft ein langwieriger Prozess. Psychiater Thomas Ihde weiss: Motivation ist der Schlüssel zum Erfolg.
Veröffentlicht am 20. Juni 2023 - 16:39 Uhr
Frage eines Lesers: «Warum schaffe ich es nicht, vom Rauchen loszukommen?»
Sie beschreiben, wie es damals war mit der ersten Zigarette. 15 waren Sie und verliebt. Unterwegs zusammen auf dem langen Skilift in einem Innerschweizer Skiort, es schneite so schön, und sie bot sie Ihnen an – eine Muratti 2000. Es hatte etwas Abenteuerliches, Verwegenes und Aufregendes. Geschmeckt hat diese erste Zigarette aber eigentlich nicht.
Und doch wurde daraus rasch eine Gewohnheit – und dann eine Sucht. Zuerst heimlich, dann öffentlich und in den letzten Jahren wieder eher heimlich, weil Rauchen sozial immer weniger akzeptiert ist. Zigmal haben Sie versucht, ganz aufzuhören. Wegen der Kinder, der Partnerin, der Gesundheit, des Geruchs in den Kleidern, der Arbeit, der Langstreckenflüge.
Gründe gäbe es genug. Funktioniert hat es immer zeitlich begrenzt, mal nur ein paar Tage, mal ein paar Monate und einmal zwei Jahre. Daran änderten auch Nikotinpflaster und -kaugummis oder unterstützende Medikamente nichts.
«Bleiben Sie dran! Im Schnitt benötigen Raucher und Raucherinnen elf Anläufe.»
Thomas Ihde, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH
Nikotin hat sehr hohes Suchtpotenzial
Wie Ihnen geht es jeder vierten Person in der Schweiz. Bei den meisten beginnt der Konsum früh, und eine Sucht stellt sich meist innert Tagen oder Wochen ein. Das Suchtpotenzial von Nikotin ist sehr hoch – es ist vergleichbar mit dem von Kokain und Heroin. Nikotin aktiviert das Suchtzentrum des Gehirns innerhalb von Sekunden. Das Suchtzentrum entspricht unserem Belohnungszentrum und befindet sich in einer eher tief gelegenen und instinktiv veranlagten Hirnregion.
Der erste Zug an einer Zigarette ist für das Gehirn eigentlich identisch mit der Situation, als Sie als vierjähriger Knirps das erste Mal Schlittschuh liefen und der Vater Ihnen stolz auf die Schulter klopfte. Die meisten Raucherinnen und Raucher beschreiben einen entspannenden oder aktivierenden Effekt. Das stimmt so auch, scheint aber eher an der Oberfläche zu sein. Tiefer geht es um ein Gefühl von Verbundenheit und Sicherheit.
Was kann ich Ihnen raten?
Bleiben Sie dran. Durchschnittlich benötigen Raucherinnen und Raucher elf Anläufe . Es klappt also selten beim ersten, zweiten oder dritten Mal, und Ihre acht Anläufe relativieren sich so etwas. Nehmen Sie sich einen Nachmittag Zeit und setzen Sie sich vertieft mit Ihrer Verbundenheit mit Nikotin auseinander. In Ihrem Schreiben an mich haben Sie das ansatzweise ja schon getan. Wie war die erste Zigarette, was war der Kontext? Ab wann waren Sie süchtig? Welche Bedürfnisse deckte die Zigarette respektive das Rauchritual anfänglich ab, welche nach drei Jahren, nach fünf und nach zehn?
Fokussieren Sie dabei auf das Positive. Denn das Belohnungszentrum hält die Sucht aufrecht, nicht das Bestrafungszentrum. So etwas als Geschichte zu verschriftlichen, ist sinnvoll, weil sich Motivation und Gedachtes wieder verflüchtigen.
Lesen Sie das Geschriebene immer wieder und ergänzen Sie es. Allen Raucherinnen und Rauchern sind die gesundheitsschädigenden Effekte von Zigaretten bewusst, und sie leiden oft unter Selbstvorwürfen und Selbstentwertungen, weil sie nicht von der Sucht loskommen. Die Geschichte der eigenen Abhängigkeit zu lesen, hilft, diese in ihrer Komplexität zu verstehen und Selbstmitgefühl zu entwickeln. Das ist wichtig, wenn es Schädliches loszulassen gilt, das eben auch wichtige Bedürfnisse abdeckte.
Andere Wege der Achtsamkeit erlernen
Sie werden sich hier aber auch überlegen müssen, wie Sie die positiven Bedürfnisse anders abdecken können. Es tönt jetzt vielleicht etwas paradox, aber Rauchen hat auch etwas Achtsames. Eine Raucherin am Morgen auf dem Balkon nimmt für drei Minuten ihr Ein- und Ausatmen sehr bewusst wahr und ist sehr im Hier. Sie wird also ein neues Achtsamkeitsritual benötigen. Suchen Sie sich einen Wegbegleiter. Es gibt Fachstellen, Selbsthilfeangebote, aber auch eine begleitende Psychotherapie kann eine gute Unterstützung sein.
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3 Kommentare
Im Schnitt benötigen Raucher und Raucherinnen elf Anläufe.»
So sagts Thomas Ihde, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH
Mit OMNI-Hypnosetherapie brauchts 1-2 Sessions. Rückfälle sind selten.
"Das Suchtpotenzial von Nikotin ist sehr hoch – es ist vergleichbar mit dem von Kokain und Heroin." Eigentlich muss man danach gar nicht mehr weiter lesen, denn der Autor disqualifiziert sich mit so einer Aussage komplett. Wer schon jemals einen Heroinsüchtigen auf Entzug gesehen hat, kann diese Aussage nur absolut lächerlich finden. Oder hat jemand schon wirklich einen Raucher gesehen, der am Boden liegt und vor Schmerzen schreit, nur weil er ein paar Stunden keine Zigarette bekommen hat? Ich kenne genug Raucher und war selber mal einer, ich kenne keinen, der mehr als ein wenig Unruhe und Genervtheit verspürt, wenn er auf Entzug kommt, also nichts, absolut nichts im Vergleich zu Heroin.
Ausserdem muss unterschieden werden zwischen Tabakabhängigkeit resp. Zigarettenabhängigkeit und Nikotinabhängigkeit. Es gibt bis jetzt keine Studie, die eine Nikotinabhängigkeit in Abwesenheit von Tabak festgestellt hat. Aus dem Grund wurde auch der berühmte "Fagerström Test für Nikotinabhängigkeit" umbenannt in "Fagerström Test für Zigarettenabhängigkeit". Zigarettenabhängigkeit ist in erster Linie eine Verhaltensabhängigkeit, die Nikotinabhängigkeit ist allerdings sicher auch vorhanden und wird von MAO-Hemmern im Tabakrauch verstärkt. Wenn das Nikotin der Hauptschuldige wäre, dann hätten alternative Nikotinprodukte wie Kaugummis, Sprays und Pflaster sicher mehr Erfolg beim Rauchstopp, was sie aber definitiv nicht haben.
Suchtforscher wie Heino Stöver sehen das Abhängigkeitspotenzial von Nikotin übrigens vergleichbar mit dem von Koffein.
Solange ständig behauptet wird, dass Nikotin schuld ist an der Zigarettensucht, wird man die Menschen nicht vom Tabak weg bekommen, weil sie nicht erkennen, was ihre eigentliche Sucht ist.
Ich hatte vor Jahren bis 5 Packet Zigaretten geraucht. Das einzige was geholfen hat aufzuhören, war Akupunkur.