Ferien im Bett
Krankheiten machen auch vor den Ferien nicht Halt. Was aber, wenn einen die Grippe regelmässig während der arbeitsfreien Zeit ans Bett fesselt? Kann das noch Zufall sein?
aktualisiert am 16. Juli 2018 - 15:43 Uhr
Frage von Gabriele F.: «Einmal mehr waren unsere Ferien verdorben. Gleich nach der Ankunft wurde mein Mann krank. Diesmal war es ein Hexenschuss, letztes Jahr die Sommergrippe. Warum erwischt es ihn immer im dümmsten Moment?»
Butterbrote fallen immer auf die bestrichene Seite – so kommt es uns zumindest vor. Meist handelt es sich dabei um einen ärgerlichen Zufall. Wenn aber jemand wiederholt in den Ferien erkrankt, hat das sicher seine Gründe und eine Bedeutung. Es ist Zeichen eines schlechten Kräftemanagements – und eine Warnung.
Stresshormone können nämlich Krankheiten in Schach halten. Sie wirken zum Beispiel entzündungshemmend. Sobald dann der Arbeitsdruck wegfällt, sinkt der Hormonspiegel, und eine Krankheit kann ausbrechen. Wer sich also bei der Arbeit zu viel zumutet, bezahlt dafür den Preis in den Ferien. Die Reaktion ist biologisch durchaus sinnvoll, weil die Krankheit eine Ruhigstellung des Organismus erzwingt. Das ermöglicht ihm, sich zu erholen und zu regenerieren. Im Dienste der langfristigen Gesundheit gönnt sich der Körper eine Krankheit.
Fachleute sprechen vom Leisure-Sickness-Syndrom, der Freizeitkrankheit . Betroffene übersehen dabei offensichtlich während der Arbeitsphase Signale der Überforderung. Ausserdem nimmt kurz vor den Ferien der Stress noch zu, weil vieles noch rasch erledigt, vorbereitet oder organisiert werden muss. Der Wechsel vom strukturierten Arbeitsalltag in die Freiheit des Urlaubs wirkt dann noch zusätzlich destabilisierend.
Eine chronische Neigung zur Freizeitkrankheit muss man natürlich auch als Warnung betrachten. Wenn das Kräftemanagement nicht verbessert wird, droht nachhaltige körperliche Schädigung. Leider hält uns der ständige Konkurrenzdruck in der Wettbewerbsgesellschaft in Atem.
Nehmen wir uns aber die Zeit zur Reflexion, können wir unser ungesundes Verhalten erkennen . Allzu oft leben wir von Wochenende zu Wochenende, von Ferien zu Ferien und realisieren nicht, dass das eigentliche Leben zu einem grossen Teil während der Arbeitszeit stattfindet.
Man sollte den Arbeitsalltag so gestalten, dass wir weder Ferien noch Wochenenden bräuchten, um ihn auszuhalten. Einige praktische Tipps, wie wir dem Leisure-Sickness-Syndrom vorbeugen können:
- nur Aufgaben übernehmen, denen man physisch und psychisch gewachsen ist
- kein übertriebener, sondern ein gesunder Ehrgeiz
- kurze Pausen während der Arbeit einlegen und die Art der Tätigkeit wechseln, damit sich ein Rhythmus ergibt und nicht ständige Anspannung besteht
- sich, wenn möglich, einen kurzen Mittagsschlaf gönnen
- sich nach Feierabend nicht mit übermässigem Sport und überfülltem Programm weiter stressen, sondern auch einmal Musse und Nichtstun pflegen
- Körpersignale beobachten, Warnzeichen ernst nehmen
- zu hohe Belastung in einem Coaching aufarbeiten