Bye bye, Whatsapp
Facebook hat Whatsapp gekauft und schnappte sich damit Chats und Kontaktdaten von 450 Millionen Nutzern. Vielen geht das zu weit.
Veröffentlicht am 28. Februar 2014 - 15:08 Uhr
«Wir haben einen massiven Nutzerzuwachs. Aktuell sind wir voll damit beschäftigt, die Stabilität der Plattform zu gewährleisten», erklärt Manuel Kasper. Seine Zürcher Firma Kasper Systems betreibt die Plattform Threema. Eine App, mit der man wie bei Whatsapp umsonst Handy-Nachrichten verschicken kann. Mitte Februar hat Internet-Gigant Facebook den europäischen Marktführer Whatsapp für 17 Milliarden Franken gekauft. Vielen war das zu viel: Seit der Deal bekannt geworden ist, gewinnt Threema pro Tag so viele Nutzer wie vorher in einem ganzen Jahr: eine Viertelmillion.
Noch erfolgreicher ist der russische Konkurrent Telegram Messenger. Die Russen behaupten, bereits mehr Nutzer als Whatsapp zu haben – in über 40 Ländern ist ihre App für iOS die am häufigsten heruntergeladene.
Verstärkt haben dürfte dies auch der NSA-Skandal: Während das unsichere Whatsapp Datenschutz-Diskussionen geradezu anzieht, sind Experten voll des Lobes für Threema. Und Telegram zielt zumindest mit der Werbung in dieselbe Richtung: «Wir sind sicher.»
Den besseren Schutz bietet die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung: Nachrichten werden direkt auf dem Handy des Absenders verschlüsselt und erst auf dem Gerät des Empfängers wieder zurückverwandelt. Bei Threema ist das standardmässig eingerichtet, bei Telegram muss man die Option für jeden Chat einzeln wählen.
Manuel Kasper hat bislang nicht offengelegt, wie seine App funktioniert. Um das Vertrauen zu stärken, wird er mit seinem kleinen Team die Überprüfung durch eine unabhängige Zertifizierungsstelle diskutieren, sagt er.
Der Konkurrenz ist er in diesem Punkt ohnehin voraus. Denn auch die Macher vom Telegram Messenger legen die Funktion nicht komplett offen. Und was sie von ihrer App öffentlich zugänglich gemacht haben, erntete viel Kritik. Kryptologen bezeichnen die Verschlüsselung als wirr und veraltet. Stutzig macht auch, dass die App gratis ist und bleiben soll, nie Werbung schalten und auch keine Nutzerdaten verwenden oder weitergeben wird. So ist unklar, wie die App jemals Geld einbringen soll.
Mit ChatSecure, MyEnigma, Line oder BBM gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Apps, die Whatsapp konkurrieren. Aus verschiedenen Gründen sind sie aber keine ernsthafte Alternative: Entweder sind sie zu unsicher, verlangen überflüssige Daten oder haben einfach zu wenig Benutzer.
Für viele sind neben der Sicherheit auch andere Faktoren wichtig. Auf der folgenden Seite finden Sie einen Überblick der beiden Favoriten.
Verbreitung
Beide Apps sind für iOS und Android erhältlich und erreichen so 94 Prozent des Markts. Für Telegram gibt es auch inoffizielle Apps für Windows Telefone. Täglich installieren bis zu fünf Millionen Menschen die App. Threema kann auch auf Geräten ohne Sim-Karte verwendet werden und gewinnt pro Tag immerhin 250'000 neue Nutzer. Threema kostet Fr. 1.99 Franken. Telegram ist gratis.
Zuverlässigkeit
Erfolg hat auch Kehrseiten. So hat Telegram aufgrund des enormen Ansturms mit Ausfällen und Einschränkungen zu kämpfen. Einige Funktionen wurden darum vorübergehend ausgeschaltet. Von Threema sind bislang keine Einschränkungen bekannt. Wobei das langfristig gesehen wenig aussagt. Wenn sich der Ansturm gelegt hat, könnte auch Telegram wieder zuverlässiger werden.
Bedienungsfreundlichkeit
Telegram sieht gut aus und lässt sich intuitiv bedienen. Auch Threema ist nach kurzer Einrichtung selbsterklärend. Ein Punkt ist, dass neue Kontakte nicht automatisch mit dem Adressbuch abgeglichen werden.
Funktionsumfang
Telegram ist vielseitig, kann aber wie Threema keine Audiodateien senden. Threema ist bei Gruppenchats auf 20 Nutzer limitiert.
Fazit
Telegram bietet viel Schein. So kann der Werbeslogan «Privatsphäre zurückerobern» nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Stiftung Warentest die App als «kritisch» einstuft. Etwa weil sie das komplette Kontaktverzeichnis vom Handy auf eigenen Servern speichert. Wer mehr Sicherheit will, greift deshalb zu Threema: Die Abstriche sind klein, und künftige Updates dürften sie zusätzlich verringern.