Was Reisende nun wissen müssen
Beim Erdbeben in Marrakesch starben Tausende Menschen, eine ganze Region liegt in Trümmern. Das Ereignis betrifft auch den Tourismus. Was kann man tun, wenn man für diesen Herbst eine Reise gebucht hat?
Veröffentlicht am 13. September 2023 - 16:28 Uhr
Das Erdbeben, das in der Nacht auf Samstag das Gebiet südwestlich von Marrakesch mit einer Stärke von 6,8 erschütterte, hat gemäss bisherigen Erkenntnissen über 2900 Menschen das Leben gekostet. Über 5500 wurden verletzt. In den Bergdörfern im Atlasgebirge südlich von Marrakesch ist ein Grossteil der Häuser zerstört. Und auch in der 1,3-Millionen-Stadt Marrakesch wurden Gebäude beschädigt.
Bislang hat das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA keine Reisewarnung für das Gebiet ausgesprochen. Die Behörde hat auf der Website unter den naturbedingten Risiken vor einiger Zeit nur einen allgemeinen Hinweis auf die Möglichkeit von Erdbeben publiziert. Dennoch könnten manche Touristinnen und Touristen ihre Marokko-Reise nicht mehr antreten wollen – sei es dass die Erdbebenbilder ihnen Angst machen oder sie es falsch finden, in ein Land zu reisen, das so grosses Elend bewältigen muss.
Doch kann man eine bereits gebuchte Reise einfach absagen? Und wie sieht es aus mit Rückerstattungen?
Pauschalreisende können wählen
Am einfachsten ist es für Reisende, die sich für eine Pauschalreise entschieden haben. Also all jene, die eine Übernachtung und eine weitere Leistung – in der Regel den Flug – beim gleichen Anbieter gebucht haben. Das Reisebüro prüft, ob die Reise nach Marokko überhaupt durchgeführt werden kann. Es hat kein Interesse daran, Leute in gefährliche Gebiete zu schicken. Denn der Veranstalter müsste dafür sorgen, dass die Kundschaft bei einer erneuten Gefahr möglichst rasch an einen sicheren Ort kommt.
Falls das Reisebüro den Trip absagt, können Kundinnen und Kunden aus verschiedenen Optionen wählen. So schreibt es das Pauschalreisegesetz vor. Man kann an einer Ersatzreise teilnehmen, wenn der Veranstalter eine anbieten kann. Falls sie weniger Wert hat als die ursprüngliche Reise, bekommt man die Differenz zurück. Falls die Reise mehr wert ist, muss man aber nichts zusätzlich bezahlen. Möglich ist auch, zu Hause zu bleiben und das Geld zurückzubekommen.
Sind Sie beim Durchlesen des Vertrags für Ihre Pauschalreise stutzig geworden, ob dieser wirklich die nötigen Anforderungen erfüllt? Beobachter-Mitglieder erhalten mit der Checkliste «Pauschalreise: Vertragsinhalt» eine Übersicht, was per Gesetz im Minimum vertraglich festgehalten sein sollte.
Schadenersatz für Mietwagen oder gebuchte Ausflüge
Zusätzlich gibt es gemäss Gesetz einen Anspruch auf Schadenersatz. Einen Schaden hat man zum Beispiel, wenn man einen Kamelausflug in die Wüste oder einen Mietwagen separat gebucht hat und das Geld nicht zurückbekommt. Das Reisebüro muss solche Kosten aber nur zahlen, wenn es ein Verschulden hat. Und das ist bei einem Erdbeben natürlich nicht der Fall – solche Katastrophen fallen unter höhere Gewalt. Wer eine Reiseversicherung hat, kann den Schaden aber dort anmelden. Die allgemeinen Versicherungsbedingungen sind massgebend, ob die Versicherung zahlen muss.
Worauf sollte man achten, wenn man ein Mietauto für die Ferien im Ausland buchen möchte? Beobachter-Mitglieder erhalten in der Checkliste «Mietwagen im Ausland» weitere Tipps, wo man sparen kann und wo versteckte Gebühren lauern.
Grosse Schweizer Reiseanbieter schreiben, dass sie bislang keine Reisen abgesagt hätten und Reisen grundsätzlich weiterhin möglich seien, da es vom EDA keine offizielle Warnung gibt. «Es ist uns aber sehr wichtig, dass sich unsere Kundinnen und Kunden wohlfühlen», sagt Muriel Wolf Landau, Mediensprecherin bei Hotelplan. Wenn Kundinnen und Kunden die Reise absagen wollten, prüfe man individuelle Lösungen. «Touristen, die trotz des Erdbebens die Reise antreten, informieren wir vorgängig über die Situation.» Man prüfe zudem laufend, ob die Reisen durchgeführt werden können. Bei Rundreisen werde nötigenfalls die Route angepasst.
Ähnlich klingt es bei Globetrotter. Ihre Partner vor Ort hätten die Medina und die Neustadt in Marrakesch persönlich besichtigt: Die Sehenswürdigkeiten seien alle wieder zugänglich, Reisen nach Marokko seien – bis auf wenige Ausnahmen in Dörfern im Atlasgebirge – möglich. «Falls jemand wirklich grosse Bedenken hätte, die Reise anzutreten, sind wir bestrebt, zusammen eine gute Lösung zu finden. Bisher haben wir keine Stornoanfragen erhalten», sagt Mediensprecherin Sandra Studer.
Für einzeln gebuchte Leistungen oft kein Geld zurück
Weniger gut steht da, wer keine Pauschalreise gebucht hat, sondern einzelne Leistungen. Etwa den Flug direkt bei der Airline und das Hotel vor Ort oder über eine Vermittlungsplattform wie hotels.com oder booking.com. Beim Flug gibt es nur Geld zurück, falls die Airline annulliert
. Das gilt auch, wenn man den Flug über ein Reisebüro gebucht hat, aber sonst nichts. Und beim Hotel gelten die jeweiligen Geschäftsbedingungen, die man akzeptiert hat. Falls das Hotel noch steht, dürfte es schwierig werden, Geld zurückzuerhalten.
Auf jeden Fall gilt: Wer auf Kosten sitzen bleibt und eine Reiseversicherung hat, kann sie dort melden.
Wer einen längeren Auslandaufenthalt plant oder öfters im Jahr verreist, wird sich unweigerlich mit der Frage beschäftigen, welche Reiseversicherungen man braucht. Mitglieder des Beobachters erfahren, ob sich eine Annullierungskostenversicherung lohnt und was durch den ETI-Schutzbrief gedeckt ist.
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