«Jugendliche haben nichts Besseres zu tun, als uns am Samstagabend zu filmen und das dann ins Internet zu stellen. Das geht doch nicht. Ich fühle mich diskriminiert.» So schildert eine sogenannt «randständige» Person gegenüber der «Gasseziitig Lozärn» ein neues Phänomen, das in letzter Zeit offenbar immer häufiger vorkommt.

Junge Leute belästigen sozial ausgegrenzte Menschen, die auf der Strasse oder am Rand der Gesellschaft leben, und filmen sie dabei. Das Ziel der Jugendlichen: Diese Leute sollen explodieren und ausrasten. Alles für Videos, die später irgendwo «zur Unterhaltung» anderer auf Tiktok oder Instagram landen.

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Verstoss gegen Recht am eigenen Bild

Doch die vermeintlich «lustigen» Videos sind nicht nur aus ethischer Sicht heikel. Mit dem Veröffentlichen verstossen die Jugendlichen auch gegen das Persönlichkeitsrecht – konkret gegen das Recht am eigenen Bild.

Dabei handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht. Heisst: Auch urteilsfähige Minderjährige entscheiden selbständig. Wer sich gegen einen Verstoss wehren will, muss aber selbst rechtlich aktiv werden.

Die SIP weiss davon

Das Problem: Die Betroffenen wissen oft nicht, dass ein Video von ihnen auf den sozialen Medien geteilt wird. Oder sie können sich – wie im Fall der sozial Ausgegrenzten in Luzern – nicht gut selbst wehren.

Arjen Faber, Bereichsleiter Sicherheit Intervention Prävention (SIP) der Stadt Luzern, kennt das Problem. Er hat solche Videos schon selbst im Netz entdeckt und die betroffenen Personen daraufhin gewarnt.

Und als Gassenarbeiter hat er auch schon das Gespräch mit den Jugendlichen gesucht. «Wir sehen es zwar selten selbst, weil wir nicht ständig präsent sind vor Ort. Aber wenn, fordern wir die Jugendlichen auf, das zu unterlassen.» Diese packten dann jeweils ihre Handys ein – jedenfalls, solange die SIP präsent war.

Was Betroffene tun können

Doch was kann man tun, wenn man gegen seinen Willen gefilmt oder fotografiert wird? Falls man sich selbst auf einer Plattform im Internet entdeckt, kann man von der Betreiberin der Seite verlangen, den Inhalt zu löschen.

Denn obwohl sich die betroffenen Personen im öffentlichen Raum aufhalten, ist das Filmen und Veröffentlichen der Aufnahmen nicht erlaubt.

Diese Regeln gelten für das Fotografieren oder Filmen in der Öffentlichkeit
  • Es ist zulässig, im öffentlichen Raum Aufnahmen zu machen. Befinden sich etwa auf einem öffentlichen Platz Personen, die in allgemeinen Alltagssituationen aus der Ferne aufgenommen werden, so können die Personen einem nicht vorschreiben, eine Aufnahme zu löschen.
  • Anders, wenn einzelne Leute aus einer grösseren Menschenmenge herausstechen und im Zentrum einer Aufnahme stehen. Dann ist für das Fotografieren und erst recht für eine Weiterverbreitung deren Einwilligung nötig.
  • Eine Einwilligung hat nicht automatisch ewigen Bestand. Sie kann jederzeit widerrufen werden.
  • Ausnahmen gibt es in Situationen, in denen Personen damit rechnen müssen, dass sie fotografiert werden, oder dies sogar bezweckt wird – zum Beispiel bei der Teilnahme an einer Demonstration.

Zusammengestellt von Daniel Leiser, Beobachter-Beratungszentrum