Parlament will Mobbing im Internet bestrafen
Der Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf bei Cybermobbing. Das Parlament schon. Worum es da geht.
Veröffentlicht am 21. Dezember 2023 - 16:37 Uhr
Das Parlament will den Straftatbestand Cybermobbing schaffen. Der Ständerat hat einer parlamentarischen Initiative von SP-Nationalrätin Gabriela Suter zugestimmt. Der Nationalrat hat Suters Vorstoss bereits Anfang Dezember angenommen.
Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats hingegen hat den Vorstoss ihrem Rat zur Ablehnung empfohlen. Auch der Bundesrat sah keinen Handlungsbedarf. Dieser Empfehlung ist der Ständerat nicht gefolgt. Jetzt muss die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats einen Gesetzesentwurf ausarbeiten.
Den entscheidenden Anstoss für die parlamentarische Initiative gaben Nadya und Candid Pfister. Sie setzen sich seit dem Tod ihrer Tochter Céline dafür ein, dass ein Straftatbestand für Cybermobbing geschaffen wird. Der Beobachter hat sie dafür 2020 mit dem Prix Courage ausgezeichnet.
Céline Pfister wurde in Chats bedroht und beschimpft, und ein intimes Foto von ihr wurde veröffentlicht. 2017 nahm sich die 13-Jährige das Leben. Der Fall Céline ist der erste bekannte Fall von Cybermobbing in der Schweiz, der mit dem tragischen Tod einer Jugendlichen endete. Doch fast ein Drittel (29 Prozent) der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren in der Schweiz gibt an, schon einmal im Internet fertiggemacht worden zu sein.
Abschreckende Wirkung gegen Cybermobbing
Ein Straftatbestand für Cybermobbing existiert bisher nicht. Im Fall von Céline Pfister hat das Jugendgericht die Täter wegen versuchter Drohung und Beschimpfung sowie Nötigung verurteilt. SP-Nationalrätin Suter sagt: «Bei Cybermobbing ist es eine Vielzahl von Verhaltensweisen und Handlungen, die in ihrer Gesamtheit auf das Opfer einwirkt.» Ein eigener Straftatbestand unterstreiche, dass Cybermobbing nicht toleriert wird. Das habe eine vorbeugende und abschreckende Wirkung und stärke die Stellung des Opfers.
Österreich kennt den Straftatbestand Cybermobbing bereits seit 2016. Bestraft wird dort, wer ein Opfer online längere Zeit immer wieder so in der Ehre verletzt, dass es für eine grössere Zahl anderer wahrnehmbar ist und das Opfer in seiner Lebensführung unzumutbar beeinträchtigt wird. Bestraft wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen. Falls das Cybermobbing zu einem Suizid oder Suizidversuch führt, drohen bis zu drei Jahre Gefängnis.
Auch Nils Melzer, Rechtsprofessor und ehemaliger Uno-Sonderberichterstatter über Folter, setzte sich für die Schaffung des Straftatbestands ein. Er sagte : «Das Strafrecht des 20. Jahrhunderts reicht für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht mehr.»
- Sprechen Sie offen mit dem Kind darüber, wenn Sie Verhaltensveränderungen beobachten.
- Sichern Sie Beweise: Machen Sie Screenshots von Webseiten und speichern Sie Chatverläufe und SMS.
- Holen Sie die Klassenlehrerin oder den Sozialdienst der Schule mit ins Boot, um das Geschehene gemeinsam aufzuarbeiten und eine Lösung zu finden – gemeinsam mit allen involvierten Schülern und ihren erwachsenen Bezugspersonen.
- Ziehen Sie eine externe Stelle wie etwa eine Jugendberatung oder die Opferhilfe bei. Gemeinsam können Sie besprechen, ob sich ein Strafantrag oder eine Anzeige bei der Polizei lohnt.
Sollten Sie selbst das Gefühl haben, dass Sie Hilfe benötigen, sind diese Stellen rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen und für ihr Umfeld da:
- Beratungstelefon der Dargebotenen Hand: Telefon 143, www.143.ch
- Beratungstelefon von Pro Juventute (für Kinder und Jugendliche): Telefon 147, www.147.ch
- Weitere Adressen und Informationen: www.reden-kann-retten.ch
1 Kommentar
Das Problem ist wohl weniger das Cybermobbing. Das Problem scheint viel mehr die Verschiebung des Lebens in die virtuelle Welt der Social Media und was damit einhergeht, beispielsweise die Gleichschaltung, die Vereinsamung oder der Verlust an Sozialkompetenz.