Im Juli war Cornelius Blattner noch bester Laune. Zum 55. Geburtstag hatte der Musiker und Komponist sein Album «Lullaby for Heidi» veröffentlicht. Und gesundheitlich ging es dem langjährigen Parkinsonpatienten den Umständen entsprechend gut. Die Rückenschmerzen waren erträglich, die Motorik hatte sich verbessert, er schlief sieben bis acht Stunden. Dann klingelten zwei Polizisten an seiner Tür, schafften die Hanfpflanzen aus dem Garten fort, und sein Schlaf war dahin.

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Das beste Schlafmittel

Die Ursache für Blattners spürbare Besserung wie auch der Grund für seine Probleme ist Cannabis. Das hatte er in flüssiger Form jahrelang auf Rezept seines Arztes von der Apotheke Fankhauser in Langnau im Emmental bezogen. Fankhauser ist der erste Apotheker der Schweiz, der Cannabistropfen verkaufen darf.

Der Bestandteil Cannabidiol von diesen Tröpfchen ist für Blattner wichtig. Es lindert die Schmerzen, löst Verkrampfungen und lässt ihn besser schlafen. Gerauchtes Cannabidiol wirkt in wenigen Minuten, nicht erst nach einer halben Stunde wie in Tröpfchen eingenommenes.

Israelische Ärzte liessen zwei Dutzend Parkinsonpatienten natürliches Cannabidiol rauchen. Ihr Zittern verminderte sich deutlich, sie spürten weniger Schmerzen und schliefen besser, wiesen die Forscher 2014 nach. Irgendwelche Nebenwirkungen konnten sie nicht feststellen.

Der Besitz kleiner Mengen von Cannabis ist erlaubt, der Anbau nicht.

Eines Tages beschloss Blattner, Cannabis selber anzubauen, statt die relativ teuren Tropfen aus der Apotheke einzunehmen. Er pflanzte im Garten das speziell für den medizinischen Gebrauch gezüchtete Kraut, das er im Internet bestellt hatte. Und es gedieh in der Sonne von Seewis GR, wenn auch im Gewächshäuschen aus Plastik, denn weder Fussgänger noch Nachbarn sollten es sehen.

Dennoch muss ein Fremder den Garten betreten haben. Er machte Fotos von den Pflanzen und zeigte Blattner an. Der Staatsanwalt eröffnete ein Verfahren. «Vermutlich wird Blattner einen Strafbefehl mit einer kleineren Geldstrafe bekommen», sagt Beobachter-Rechtsberaterin Norina Meyer.

Dass bald das Betäubungsmittelgesetz angepasst wird, ist unwahrscheinlich. Die letzte Revision liegt drei Jahre zurück. Seither zahlen Erwachsene, die mit maximal 10 Gramm Cannabis erwischt werden, 100 Franken Busse. Der Besitz kleiner Mengen ist erlaubt, der Anbau nicht.

Parkinsonpatienten wie Blattner standen bisher kaum im Fokus der Drogenpolitik. Krebskranken oder Querschnittgelähmten erlaubt das Bundesamt für Gesundheit in der Regel den Einsatz künstlich hergestellter Produkte, die nicht aus Cannabis gewonnen werden und denen rund 400 weitere Substanzen des Krauts fehlen.

«Man müsste es mir geben»

Immerhin liess die Polizei Blattner ein paar Gramm seines Krauts. Aber das reicht nicht lange. Was dann? «Man müsste es mir geben, ohne dass ich danach verlange. Es müsste quasi vor meiner Haustüre stehen. Anbauen darf ich es nicht mehr», sagt Blattner. Das Rezept für die Tröpfchen gilt noch, aber rauchen hilft schneller, wenn der Mann nachts wegen der starken Rückenschmerzen nach vier Stunden erwacht.