Heilung von zwei Seiten
Schulmedizin und Komplementärmedizin ergänzen sich ideal. Wie dies funktioniert.
aktualisiert am 31. März 2016 - 13:47 Uhr
Es ist eine banale Weisheit, dass alle Teile und Elemente unseres Körpers zusammenspielen, in einem einzigartigen Balanceakt, den die Wissenschaft noch längst nicht erschöpfend erforscht hat. Die Schulmedizin arbeitet vor allem mit diagnostischen Mitteln und Therapien, denen Forschungsergebnisse zugrunde liegen. Aber es gibt auch noch andere «Medizinen» als die Schulmedizin: Methoden aus der Erfahrungsmedizin unserer Breitengrade, aber auch aus anderen Ländern, wie zum Beispiel die traditionelle chinesische und die indische Medizin. Diese nennt man Komplementärmedizin. Die Schulmedizin fokussiert vor allem darauf, bereits entstandene Schäden gezielt zu reparieren. Die Komplementärmedizin geht den Schaden oft nicht direkt, sondern indirekt an. Sie stärkt den ganzen Organismus, sodass der Körper sich selbst um die Krankheit kümmern kann.
Die Frage, welcher Weg der bessere ist, kann nur im Einzelfall und nach sorgfältiger Abwägung entschieden werden. Wie so oft im Leben könnte auch hier die klügste Entscheidung heissen: Das eine tun, das andere nicht lassen.
Die Photonen, Elementarteilchen des Lichts, besitzen sowohl Eigenschaften von Wellen als auch Eigenschaften von Teilchen. Licht ist also beides zugleich, je nachdem, wie wir es betrachten: Teilchen und Welle. Auch der Mensch besitzt beide Ebenen in seinem Körper: biochemische Wirkmechanismen und physikalische, elektromagnetische, quantenphysikalische Wirkmechanismen. Und beide sollten im Fall einer Erkrankung berücksichtigt werden. Der biochemische Wirkmechanismus wird hervorragend durch die Schulmedizin abgedeckt. Dem zweiten Wirkmechanismus wird vor allem die Komplementärmedizin gerecht. Sie rückt ganz anderen Krankheitsursachen auf den Pelz als die Schulmedizin.
Einer der grossen Krankmacher unserer Zeit ist Stress – und gerade hier ist die Schulmedizin auf die ergänzenden Methoden der Komplementärmedizin angewiesen. Stress führt zu Atembeschwerden und einem stress-hormonüberfluteten Hirn, dessen Denkfähigkeit und Konzentration beeinträchtigt werden. Der Blutdruck steigt, die Durchblutung verändert sich, der Herzschlag beschleunigt sich. Die Nebennierenrinde schüttet das Stresshormon Cortisol aus; es führt auf die Dauer dazu, dass Netzwerke im Hirn destabilisert werden. Das kann auch Vorteile haben, zum Beispiel wenn diese neuronalen Verschaltungen eher negativ sind. Das überaktivierte Stresssystem greift jedoch tief in unser Immunsystem ein und bringt dieses durcheinander. Die Schulmedizin vermag auf die dadurch entstehenden Erkrankungen einzuwirken, Symptome zu lindern. Aber oft versagt sie, wenn es darum geht, den Körper, der das Entspannen verlernt hat, wieder in seine ursprüngliche Aktivitäts-Ruhe-Balance zu bringen. Monate- und jahrelanger Stress führen nicht selten dazu, dass auch eingehaltene Ruhephasen nicht mehr die gewünschte Entspannung bringen. Hier braucht es tiefgreifendere Hilfe – und genau diese kann die Komplementärmedizin leisten. Dabei erfolgt die Hilfe nicht immer mit Substanzen, die eingenommen werden müssen, sondern oft mit Körper- und Atemübungen, durch eine ganz bestimmte Form, sich selbst zu begegnen: wohlwollend, achtsam, mit wechselndem Fokus nach innen und aussen. Damit rücken Komplementärtherapeuten den Ursachen von stressbedingten Erkrankungen auf den Leib, während die Schulmedizin ihnen nur mit Symptombekämpfung begegnen kann.
Die Selbstheilung ist ein Grundprinzip unseres Lebens, auf das wir uns verlassen. Interessant ist, dass unser Vertrauen in die Heilkraft unseres Körpers sich zumeist schneller erschöpft als die Selbstheilungskräfte sich. Ein Beispiel: Wie viele Menschen schleppen sich mit einem simplen fiebrigen Infekt zum Arzt. Da sitzen sie verschnupft niesend in der Praxis und verstreuen munter ihre Viren, statt sich ins Bett zu legen und schlicht abzuwarten. «Ich brauche Medikamente, damit die Erkältung schneller abflaut. Ausserdem brauch’ ich was, um die Symptome zu bekämpfen, damit ich weiter arbeiten kann.» Doch keine durch Viren bedingte Erkältung heilt mit Medikamenten schneller ab. Die Symptome lassen sich natürlich unterdrücken, aber eben nur das. Damit unterstützen wir nicht die Selbstheilungskräfte, sondern schwächen sie im Gegenteil. Dem Um- satz der Firma, für die wir arbeiten, und dem Bruttosozialprodukt helfen wir mit unserer heroischen Einstellung auch nicht weiter.
Wer Fieber hat, ist in der Regel ansteckend. Senkt man das Fieber mit einem Medikament, fühlt man sich zwar nicht mehr fiebrig, ansteckend ist man jedoch weiterhin. Wenn wir uns also mit Fieber- und Schmerzkillern bewaffnet ins Büro schleppen, treten wir dort möglicherweise eine Erkältungswelle los, die zu vermehrten Krankheitstagen und zu Arztbesuchen führt. Das schadet (gesundheits-)ökonomisch mehr, als es nützt. Damit sind wir im Prinzip schon beim Kern des Problems. Es gibt eine Methode, mit der wir unsere Selbstheilungskräfte garantiert torpedieren können: unachtsamer Umgang mit uns selbst. «Pass auf dich auf!», rufen wir einander aufmunternd zu. Leichter gesagt als getan, denn diese Kunst hat uns in der Regel keiner beigebracht. Und bei dieser Kunst geht es nicht nur um Selbstheilungskräfte, sondern auch um Vertrauen, um Selbstvertrauen, darum, stressfrei aus dem Vollen schöpfen zu dürfen. Es geht um die Erlaubnis, im lustvollen Tun Fehler machen zu dürfen und trotzdem ein gelingendes Leben zu führen.
Heilung ist nicht nur eine Sache des Körpers. Heilung beginnt im Kopf, in Ihrem Hirn, noch genauer: in Ihren Gedanken. Wobei ich Sie hier nicht zum positiven Denken anstiften will. Im Gegenteil – wer geheilt werden will, muss seine Wunden zu würdigen wissen. Aber wenn man sie zu lange leckt, wird damit ihre Heilung unter Umständen verhindert.
Unser Hirn ist – neben den fantastischen Selbstheilungskräften unseres Körpers – der Hauptproduzent von Gesundheit. Das Hirn ist nicht nur der Sitz unseres bewussten Verstandes, sondern auch von vielen unbewussten Fähigkeiten und Kompetenzen. Zudem hat unser Hirn Zugriff auf Gefühle und kann diese hilfreich steuern, denn «Herzensangelegenheiten» sind wichtig, wenn es um unsere Gesundheit geht.
Gerade diejenigen Hirnstrukturen, die unserem bewussten Denken nicht so einfach zugänglich sind, bieten eine Fülle von heilsamen Möglichkeiten, lösungsorientierten Strategien und regelrechten Programmen, die man zur «Herstellung» von Gesundheit aktivieren kann.
Übungen zur Aktivierung der Selbstheilung
Übung: Dankbarkeit entwickeln
Schreiben Sie während eines Monats jeden Abend mindestens eine Sache auf, für die Sie an diesem Tag dankbar waren, ganz egal wie klein sie sein mag. Ein Lächeln? Ein unerwartetes nettes Wort? Ein guter Witz? Ein wunderbarer Duft? Etwas, das Sie geniessen konnten? Wenn Ihnen auf Anhieb mehr als nur eine Begebenheit einfällt, gehören Sie schon zu den Fortgeschrittenen.
Heilsame Bilder
Unser Gehirn besitzt enorme Steuerungskräfte, wenn es darum geht, unseren Körper und Geist zu schützen. Bilder und Träume können ein wirksames Mittel sein, um die Selbstheilung anzuregen. Bilder können auch mit starken negativen Emotionen im Geist und Körper verankert sein, sodass sie immer wieder hochkommen und auf den Magen schlagen. Nichts muss so bleiben, wie es ist. Sogar Verschaltungen aus der Kindheit lassen sich verändern.
Übung: Begegnung mit dem inneren Kind
Denken Sie an eine Situation in Ihrer Kindheit oder Jugend, von der Sie glauben, dass sie auch heute noch einen nachteiligen Einfluss auf Ihre Befindlichkeit hat. Wenn Sie keine finden, nehmen Sie eine Situation von früher, die Sie so lieber nicht erlebt hätten. Nehmen Sie eine bequeme Haltung ein. Erinnern Sie diese Situation wie einen inneren Film. Wenn Sie nicht alles scharf wie in HD-Qualität sehen, macht das nichts. Auch Nebulöses kann verändert werden. Begleiten Sie das Kind, das Sie mal waren, liebevoll durch diesen Film. Ändern Sie alles ab, was für Sie nicht passte. Übernehmen Sie die Regie und schreiben Sie die Geschichte neu mit allen Elementen, die Sie damals gebraucht hätten.
Selbst mit dem Atem arbeiten
Die Arbeit am Atem ist eine alte Heilmethode, auch wenn sie ein randständiges Dasein fristet. Sich dem Atem zuzuwenden und bewusst zu atmen kann starke Prozesse in einem auslösen.
Übung: Den Blutdruck ausbalancieren
Stehen Sie hüftbreit. Lassen Sie sich vom Atem aufrichten. Die Schultern fliessen locker nach unten. Verlagern Sie Ihr Gewicht auf den rechten Fuss und atmen Sie ein. Nun stellen Sie sich vor, wie im Ausatmen Sand von Ihrem Lieblingsstrand der Haut entlang von der rechten Schulter zum rechten Fuss rieselt. Im Einatmen verlagern Sie das Gewicht auf den linken Fuss, und im Ausatmen lassen Sie den Sand von der linken Schulter zum linken Fuss rieseln. Wechseln Sie die Seite in paarmal.