Wer muss die Reparatur bezahlen?
Bei Schäden in der Wohnung müssen Mieter nur für den «kleinen Unterhalt» selbst aufkommen. Doch was heisst das?
Der Geschirrspüler von Otto Marti* gibt nach sieben Jahren plötzlich den Geist auf. Immerhin: Der Vermieter zeigt sich unkompliziert und bietet einen Handwerker auf, der die Sache im Nu in Ordnung bringt.
Marti ist erleichtert – aber nicht für lange: Zwei Wochen später kommt eine Rechnung über 170 Franken. «Es kann doch nicht sein, dass ich das nach jahrelangem sorgfältigem Gebrauch zahlen muss», klagt Marti. Aber der Vermieter argumentiert, es handle sich bei diesem Betrag um «kleinen Unterhalt», den der Mieter übernehmen muss.
Wer hat recht?
Eine genaue Antwort ist im Gesetz nicht zu finden: Dort heisst es nur, dass der Mieter «Mängel, die durch kleine, für den gewöhnlichen Unterhalt erforderliche Reinigungen oder Ausbesserungen behoben werden können, nach Ortsgebrauch auf eigene Kosten beseitigen muss».
Zudem ist nicht definiert, wo der «kleine Unterhalt» des Mieters aufhört, respektive wo der «gewöhnliche Unterhalt» des Vermieters beginnt. Und das Bundesgericht hat die Frage noch nie klären müssen – was aber in der Natur der Sache liegt, handelt es sich doch im Einzelfall nur um geringe Streitwerte.
Wenn der Fachmann ranmuss
Verschiedene Gerichtsurteile erster Instanzen sowie ein Entscheid des Berner Obergerichts schaffen Klärung. Die Entscheide stützen sich auf die Meinung namhafter Mietrechtsjuristen und zeigen folgende drei Grundsätze auf:
- Die Unterhaltspflicht des Mieters umfasst nur Reinigungs- und Ausbesserungsarbeiten, die der durchschnittliche Mieter selbst mit einfachen Handgriffen ausführen kann und die ihn allenfalls nur mit geringen Kosten für Material belasten.
- Sobald eine Fachperson beigezogen werden muss, um den Mangel zu beheben, liegt ein «gewöhnlicher Unterhalt» vor – und der Vermieter hat dafür die vollen Kosten zu tragen. Es ist daher auch unzulässig, vom Mieter einen Selbstbehalt für Reparaturkosten zu verlangen, die an sich gar keinen «kleinen Unterhalt» mehr darstellen.
- Fühlt sich ein Mieter jedoch nicht in der Lage, Arbeiten selbst auszuführen, die nach der neueren Rechtsauslegung einen «kleinen Unterhalt» darstellen, und beauftragt er deswegen von sich aus einen Handwerker, muss er die Kosten selber tragen.
Verträge mit ungültigen Zusätzen
Aber was kann ein durchschnittlicher Mieter selber beheben ? Die Grenze ist sicher überschritten, wenn eine falsche Vorgehensweise ein grosses Gefährdungsrisiko für Mensch oder Wohnung darstellt. Daher werden Reparaturen an technischen Geräten wie Kochfeld oder Geschirrspüler nicht zum «kleinen Unterhalt» gezählt.
Das mit dem Gefährdungsrisiko gilt auch bei Reinigungsarbeiten : Vom Mieter darf nicht verlangt werden, dass er etwa Fensterläden in grösserer Höhe selber von aussen reinigt und sich so in Gefahr bringt.
Der Grundsatz lautet: Die Unterhaltspflicht liegt beim Vermieter. Die Ausnahmeregelung «kleiner Unterhalt» ist daher auf wenige Fälle beschränkt.
Dagegen führen Vermieter oft ins Feld, dass heute immer schneller und öfter eine Fachperson beigezogen werden müsse. So werde der «kleine Unterhalt» immer seltener – und sie seien zu immer mehr Zahlungen verpflichtet.
Dem widerspricht, dass Vermieter ja laut Gesetz gestiegene Unterhaltskosten auf den Mietzins überwälzen dürfen.
Eine Beobachter-Umfrage unter ausgewählten Schlichtungsbehörden der deutschen Schweiz hat ergeben, dass diese Praxis auch mehrheitlich angewendet wird.
Was aber, wenn der Mietvertrag oder allgemeine Vertragsbedingungen Mindestbeträge oder bestimmte Prozentsätze der Nettojahresmiete nennen, die der Mieter zu übernehmen hat? Oder gar Aufzählungen von Kleinreparaturen, die zum «kleinen Unterhalt» zählen sollen?
Solche Bestimmungen sind ungültig, selbst wenn der Mieter sie unterschrieben hat. Denn der «kleine Unterhalt» ist «einseitig zwingendes Mietrecht», er darf nicht zuungunsten des Mieters vertraglich abgeändert werden.
Für Otto Marti und seine offene Rechnung in Sachen Geschirrspüler bedeutet das: Sein Mietvertrag sieht zwar vor, dass er Reparaturkosten bis 200 Franken – unter dem Titel «kleiner Unterhalt» – selber bezahlen muss, doch er kann, gestützt auf die neuere Rechtsprechung, die Rechnung an den Vermieter zurückschicken.
*Name geändert
Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals im November 2016 veröffentlicht und am 18. November 2024 aktualisiert.
Beobachter-Mitglieder erfahren im Merkblatt «Kleine Reparaturen im Mietrecht», welche Arbeiten in der Wohnung Mieter selber ausführen und wie viel sie an den Kosten für den sogenannten «kleinen Unterhalt» beitragen müssen.
Vor der Wohnungsübernahme
Der sogenannte «kleine Unterhalt» ist eine Dauerpflicht des Mieters, die erst nach der Übernahme der Wohnung beginnt. Vor der Übergabe ist der Vermieter verpflichtet, sämtliche Mängel zu beheben.
Inspizieren Sie daher bei der Übernahme und während der ersten Tage die Wohnung auf mögliche Mängel und kleine Schäden. Sollten diese nicht bereits im Antrittsprotokoll festgehalten sein, weisen Sie den Vermieter mit eingeschriebenem Brief sofort darauf hin. Zu beachten ist, dass der Vermieter Reparaturen oder Instandstellungen verweigern darf, wenn es um blosse Schönheitsfehler geht, deren Behebung unverhältnismässig hohe Kosten verursachen würde.
Nach der Wohnungsübernahme
Beispiele von Arbeiten, die Mieter selber ausführen müssen – und allenfalls auch die Materialkosten zu tragen haben:
- Auswechseln: Duschschläuche , Zahngläser, Seifenschalen, Dampfabzugsfilter, WC-Schwimmventile, WC-Brillen, Wasserhahndichtungen, Sicherungen, Glühbirnen oder Neonröhren (die zur Wohnung gehören), Besteckkorb im Geschirrspüler, Backblech, Kühlschranktablare und -schubladen
- Siphons reinigen und entstopfen
- Cheminées entrussen (ohne Kamin)
- Scharniere und Türschlösser schmieren
- Heizkörper entlüften
- Wasserhähne entkalken
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