Anlage: Obligationen rentieren oft mehr als Obligationenfonds
Banken und Fondsgesellschaften empfehlen als sichere Anlagen vielfach hauseigene Obligationenfonds. Wer jedoch sein Geld direkt in Obligationen anlegt, fährt meist besser. Grund: Die Kosten sind um einiges tiefer.
Veröffentlicht am 2. Juli 2001 - 00:00 Uhr
Urs Bosshard wollte vor zwei Jahren 50000 Franken in sicheren Obligationen anlegen. Seine Bank, die UBS, riet ihm zum hauseigenen Obligationenfonds UBS (CH) Bond Fund Schweizer Franken. Da brauche er sich um nichts zu kümmern; der Fonds würde langfristig eine sichere und marktkonforme Rendite erwirtschaften. Heute muss sich Urs Bosshard mit einer Rendite von durchschnittlich knapp 1,3 Prozent pro Jahr zufrieden geben. Das ist noch weniger, als man derzeit auf Sparkonti an Zinsen bekommt.
Bei Fonds sind die Kosten hoch…
Urs Bosshard fragt sich deshalb zu Recht: Warum ist die Rendite des Fonds so mager? Ein Grund sind die verschiedenen Kosten, die bei Fonds verlangt werden: Beim Kauf können zum Beispiel Ausgabekommissionen und Courtagen anfallen. Urs Bosshard zahlte immerhin ein Prozent des Anlagebetrags an Kaufgebühren. Dazu kommen noch die Kosten für die Verwaltung und das Management des Fonds. Diese jährlich anfallenden Kosten werden in der Fachsprache auch zusammengefasst «All-in-Fee» genannt. Im vorliegenden Fall betragen sie 0,9 Prozent. All diese Kosten schmälern die Fondsrendite.
Bei Urs Bosshard kam noch dazu, dass er einen unglücklichen Einstiegszeitpunkt erwischt hatte. Nach dem Fondskauf sind die Zinsen am Kapitalmarkt bis Mitte 2000 gestiegen. Und weil sie stiegen, sanken die Obligationenkurse. Denn wenn es plötzlich neue Anleihen zu 4,5 Prozent Zins gibt, wird für eine 4-Prozent-Obligation natürlich weniger gezahlt. Das drückte auch auf den Kurs des UBS-Fonds und somit auf die Rendite von Bosshard. Was hätte man in seiner Situation besser machen können?
Mit dem Kauf von klassischen Obligationen oder Kassenobligationen statt von Fondsanteilen hätte man die Ausgabekommission und die All-in-Fee sparen können. Weiterer Vorteil: Direktanlagen bringen regelmässige und gleich bleibende Zinseinnahmen, die im Voraus bekannt sind, und somit einen gut kalkulierbaren, langfristigen Ertrag.
Werden Obligationen bis zur Rückzahlung am Ende der Laufzeit gehalten, so fallen auch keine Verkaufsgebühren an. Was sich noch einmal positiv auf die Gesamtrendite auswirkt: Die Rendite hängt dann vor allem vom bezahlten Kaufkurs und der Höhe des Zinssatzes ab. Allerdings sollte man nie alles auf ein Pferd setzen, sondern mehrere Obligationen mit unterschiedlichen Laufzeiten kaufen, sofern das die Anlagesumme erlaubt. So stellt man sicher, dass nicht der ganze Anlagebetrag ausgerechnet in einer Niedrigzinsphase zurückbezahlt wird. Denn dann erhielte man bei der Neuanlage des Geldes auf einmal viel weniger Zinsen.
…dafür ist das Risiko klein
Wer in Direktanlagen statt in Fonds investiert, nimmt allerdings auch einen Nachteil in Kauf. Denn bei einer einzelnen Obligation besteht das Risiko, dass der Schuldner das geliehene Geld nicht mehr zurückzahlen kann. Fonds schneiden diesbezüglich besser ab, da deren Anlagevermögen in viele einzelne Obligationen aufgeteilt ist. Das Risiko eines Totalausfalls des eingesetzten Geldes ist so praktisch ausgeschlossen.
Wer dennoch auf Direktanlagen setzen will, kann sich bei der Auswahl von seiner Hausbank helfen lassen. Die meisten Banken geben gedruckte Empfehlungslisten für Obligationen heraus und erteilen dem Anleger auch Auskunft über das Risiko der einzelnen Obligationen. Sie stützen sich dabei auf das Urteil von so genannten Rating-Agenturen, die die Qualität und Sicherheit der Anleihen unter die Lupe nehmen. Die bekanntesten sind Moody’s Investors Service und Standard & Poor’s. Diese Agenturen prüfen die Kreditwürdigkeit der Obligationenschuldner in einem standardisierten Verfahren auf Herz und Nieren. Ähnlich wie in der Schule werden hierbei Noten vergeben: Am sichersten fährt man mit AAA-Obligationen, da hier das Risiko, sein Geld nicht zurückzuerhalten, am geringsten ist.
Ähnlich wie bei Aktien ist es auch bei Obligationen beinahe unmöglich, den idealen Einstiegszeitpunkt zu erwischen (Beobachter Nr. 14/2000). Generell lässt sich aber sagen, dass man besser bei einem Kaufkurs von unter 100 Prozent kauft.
Da die Rückzahlung einer Anleihe stets zu 100 Prozent erfolgt, streicht der Käufer am Ende der Laufzeit einen zusätzlichen Kursgewinn ein. Obligationenkurse von 95 oder 98 Prozent sind allerdings nur in Phasen steigender Zinsen zu haben.
Im jetzigen Wirtschaftsumfeld liegen die Anleihenkurse hingegen bei über 100 Prozent, was am Ende der Laufzeit die Rendite schmälert. Schuld daran sind die gegenwärtig tieferen und vielleicht auch noch weiter fallenden Zinsen. Derzeit zahlen erstklassige AAA-Schuldner bei mittel- bis langfristigen Laufzeiten lediglich Zinsen um 3,8 bis 4 Prozent. Neuanleger sollten ihr Geld deshalb noch nicht komplett in Obligationen anlegen.
Empfehlenswert ist momentan die 60-zu-40-Variante. Das heisst: 60 Prozent in erstklassige Obligationen oder Kassenobligationen investieren und den Rest kurzfristig «parkieren». Dann kann man in Ruhe schauen, was auf dem Markt passiert:
- Fallen die Zinsen noch weiter, bringt es so gut wie gar nichts mehr, Obligationen zu kaufen, da die Kurse einfach zu hoch sind und somit die Gesamtrendite zu niedrig ist. Aktienanlagen sind bei entsprechender Risikofähigkeit dann sogar auf langfristige Sicht sinnvoller.
- Stagnieren die Zinsen auf diesem Niveau, sollte man weiter zuwarten.
- Steigen die Zinsen wieder, kann man Obligationen nachkaufen, da die Obligationenkurse wieder günstiger sind und somit die Gesamtrenditen steigen.