Adriana Sabatino zog von Hamburg in die Schweiz – aus Liebe. Ihr zukünftiger Mann lebte in Chur. Als ihre deutschen Freundinnen vom Umzug ins Bündnerland erfuhren, gratulierten sie: «Du Glückliche, in die reiche Schweiz!» Adriana Sabatinos Hoffnungen erfüllten sich – bis sie Mutter wurde: «Als ich realisierte, dass der sogenannte Mutterschaftsurlaub in der Schweiz nur ein paar Wochen dauert, war ich schockiert.»

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Noch mehr erschrak sie, als sie erfuhr, dass viele Arbeitgeber frischgebackenen Vätern nur einen freien Tag gewähren.

Mit Milchpumpe und Augenringen

Wäre Gianfranco Sabatino zu seiner Frau nach Deutschland gezogen, hätten dem Paar 14 Monate Elterngeld zugestanden und ein über Jahre gesicherter Arbeitsplatz. In der Schweiz müssen Mütter damit rechnen, ihren Job zu verlieren, wenn sie nach 14 Wochen nicht zurück am Arbeitsplatz sind. So brachte Sabatino ihren Sohn nach unzähligen schlaflosen Nächten in die Krippe, fuhr mit schlechtem Gewissen, Milchpumpe und tiefschwarzen Augenringen ins Büro. Seither empfinden die Eltern ihren Alltag als Dauerstress, geprägt von ständigen Terminabsprachen und dem Gefühl, nirgends mehr zu genügen. Sabatinos sind nicht allein: In einer aktuellen Erhebung der Stadt Zürich gaben 40 Prozent der befragten Eltern mit Kindern unter 13 Jahren an, ständig müde zu sein.

In vielen Ländern Europas ist es inzwischen üblich, dass Mütter anspruchsvolle Berufe ausüben. Auch die Schweiz, lange Zeit ein Hort des klassischen Familienmodells – Hausfrau und Ernährer –, hat in den letzten Jahren deutlich aufgeholt: Seit 1992 ist der Anteil erwerbstätiger Mütter von 53 auf 77 Prozent gestiegen. Teilzeitbeschäftigte Männer sind weiterhin eine Minderheit, und an den Strukturen auf dem Arbeitsmarkt hat sich vergleichsweise wenig geändert – nach wie vor belegt die Schweiz traurige Schlussplätze.

Während die meisten Länder des Nordens mehrere Monate Elternzeit anbieten, führt in der Schweiz bereits der Ruf nach ein paar Tagen Vaterschaftsurlaub zu einem Aufschrei, und die Krippenkosten sind rekordverdächtig hoch. Laut einer Umfrage des weltweiten Netzwerks für Expats InterNations hat die Schweiz unter anderem deswegen als Arbeitsort deutlich an Attraktivität verloren.
 

Quelle: Luxwerk &nbsp

Wissenschaftlerin Sabatino ist dennoch gekommen. Auch bei ihr fressen die Krippenkosten einen beträchtlichen Teil des Einkommens weg. Heute ist Sohn Noah knapp zwei, der Alltag hat sich eingespielt. Die 36-Jährige arbeitet 50 Prozent an einer Hochschule und schreibt daneben ihre Dissertation, ihr Mann bleibt einen Tag zu Hause, arbeitet aber an den restlichen Tagen so viel, dass er trotzdem auf ein 100-Prozent-Pensum kommt. Auch er bildet sich weiter. Zeit für Erholung, Partnerschaft oder Hobby fehlt ihnen.

Manchmal sitze sie einfach nur noch fix und fertig auf dem Sofa, sagt Adriana Sabatino, so erschöpft sei sie. Obwohl ihr Mann mehr mache als andere Väter, sei es halt doch sie, die abends noch die Wäsche mache, die Küche und die familiären Termine im Auge behalte. Gern hätte das Paar ein zweites Kind, aber das, sagen beide, liege kräftemässig nicht drin.
 

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Die Mutter soll Teilzeit arbeiten

«Es ist in der Schweiz zwar heute üblich, dass eine Frau Teilzeit arbeitet, auch wenn sie Kinder hat. Das wird sogar erwartet», sagt die Historikerin Elisabeth Joris, die auf die Geschichte der Frauen in der Schweiz spezialisiert ist, im Beobachter-Interview. Auf Unterstützung könne sie dabei aber kaum zählen. Und Lydia Terrani, Präsidentin der Hausfrauen- und Hausmännergewerkschaft, mag gar nicht von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sprechen: «Im besten Fall», sagt sie, «gelingt eine Kombination.» Die meisten brächten Kinder und Job gern unter einen Hut. Aber beim Realitätscheck werde den Frauen dann bewusst, worauf sie sich einliessen: «Frauen, die im Haushalt, im Büro und in der Kindererziehung einen guten Job machen wollen, geraten unter enormen Druck – doppelt so viel Arbeit und kaum Anerkennung und Unterstützung.»

Die Hauptverantwortung für den Haushalt liegt, obwohl immer mehr Mütter erwerbstätig sind, in drei Vierteln der Schweizer Haushalte immer noch bei den Frauen. Solange dem so sei, verstehe sie Frauen, die dem Ruf der Wirtschaft widerstünden, sagt Lydia Terrani. «Die ersten Jahre bei den Kindern zu bleiben ist für mich kein Rückschritt, sondern ein Fortschritt Richtung Wahlfreiheit des Lebensentwurfs.»

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Adriana Sabatino pflichtet ihr bei: «Ja, ich kann heute als Frau ein Kind haben und trotzdem beruflich weiterkommen, aber die Belastung, die das bedeutet, trage ich allein.» Darum beneide sie ein Stück weit gut ausgebildete Frauen, die einfach kündigen können. «Solange sich das Drumherum nicht ändert, hat das etwas Rebellisches.»

Er sieht die Kids nur am Wochenende

Er Ernährer, sie Hausfrau – Bettina und Jean-Claude Schwarzen aus Winterthur haben es gar nicht erst anders versucht. Beide sind in Familien aufgewachsen, in denen die Mütter daheim waren. «Wir haben das als Kinder sehr geschätzt, und für uns war klar, dass wir das unseren Kindern auch bieten wollen.» Auf das Von-Termin-zu-Termin-Hetzen, auf die Absprachen, wer wann welches Kind wo holt, hatten die beiden keine Lust.

«Natürlich wäre es schön gewesen», sagt Bettina Schwarzen, die Biologie studiert hat, «wenn wir Arbeit und Familie hätten teilen können.» Aber bei ihrem Arbeitgeber war ein Teilzeitjob nicht möglich. Und Jean-Claude Schwarzen, Engagement-Manager in einer Technologiefirma, sagt: «Teilzeitmodelle in meinem beruflichen Umfeld bedeuten meist weniger Geld, aber nur ungleich weniger Arbeit.» So kam es, wie es meistens kommt: Sie stellte die Karriere zurück, und er sieht die Kinder vor allem an den Wochenenden.
 

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Wer verzichtet auf welche Freiheiten?

Fotograf Dean Jaggi, der zusammen mit seiner Partnerin die Bilder zu diesem Artikel geschossen hat, ist zweifacher Vater. Er sieht das Problem nicht nur bei den Strukturen. «Ich glaube den meisten Männern kein Wort, die behaupten, sie könnten ihr Arbeitspensum nicht reduzieren.»

Jaggi findet, man solle bereits vor der Familiengründung darüber sprechen, wer bereit ist, auf welche Freiheiten zu verzichten. Wenn das Kind einmal da sei, verliere meist die Frau. Seine Partnerin und er seien fast die Einzigen im Freundeskreis, die sich Job und Haushalt wirklich teilten, sagt er. Ein Vorbild sei er damit für seine Kumpel nicht. «Die meisten würden das nie wollen. Sie brüsten sich, wenn sie einen halben Tag pro Woche mit den Kindern verbringen – Papitag –, den Rest überlassen sie liebend gern den Frauen.»

Die traditionellen Rollenbilder wirken nicht nur bei den Frauen.

«Liebe Männer», schrieb die Zürcher SP-Kantonsrätin Mattea Meyer jüngst auf Facebook, «hört endlich auf, das Wort Papitag so zu zelebrieren, und lebt Gleichberechtigung 24 h/7.» Die heftige Debatte, die ihr Posting auslöste, überraschte die junge Politikerin. Später musste sie sich gegenüber verschiedenen Medien erklären: «Dass Väter Teilzeit arbeiten, finde ich richtig», sagte sie, aber es dürfe nicht ausgeblendet werden, was an den restlichen sechs Tagen passiere. Und: «Väter, die 80 Prozent arbeiten, gelten als fortschrittlich. Aber Mütter mit einem 80-Prozent-Pensum müssen sich kritische Fragen anhören.»

Der Preis für den Konservatismus ist hoch: Fachkräfte fehlen, und gerade gut ausgebildete Mütter ziehen sich immer öfter ganz aus dem Arbeitsleben zurück. Letztes Jahr blieben 53000 Akademikerinnen zu Hause, 3000 mehr als im Jahr zuvor – und das, obwohl die Gesamtzahl der Hausfrauen sinkt.

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«Sogenannt familienfreundlich»

Auch in der Berner Familie Stillhart-Cavelty gibts den Papitag. Sibylle Stillhart arbeitet als freischaffende Journalistin zu Hause, ihr Mann Gieri hat eine leitende Position in einem grossen Schweizer Medienhaus. Bis vor kurzem versuchte Sibylle Stillhart, ihren Kommunikationsjob und zwei kleine Kinder aneinander vorbeizubringen. Als ihre Ärztin sie dann eines Tages besorgt fragte, ob ihr Mann sie genügend unterstütze, schluckte Stillhart leer – und kündigte darauf ihre Stelle.

Niemals hätte Stillhart geglaubt, dass ihr das passieren könnte. Vor der Mutterschaft bezeichnete sie sich als Feministin. Vor Giulis Geburt war das Paar wie die meisten werdenden Eltern zuversichtlich, sie würden das mit der Vereinbarkeit hinkriegen. «Doch ich hatte schlicht nicht mit den schlaflosen Nächten gerechnet, der Erschöpfung und den unglaublichen Emotionen, die mich einholten, als ich mein erst ein paar Monate altes Baby in fremde Hände geben musste.»

Es täten ja auch alle so, als sei das heute kein Problem mehr. All die sogenannt familienfreundlichen Firmen, die tollen Krippen und die Freunde, die sagen: Es geht, wenn man will. Heute wisse sie, sagt Stillhart: «Man gibt einfach nicht zu, wie anstrengend das alles ist. Man will modern sein, und welche Frau sagt schon offen, dass ihr Mann vor dem Fernseher sitzt, während sie nach der Arbeit die Küche aufräumt?» Die Journalistin legte sogar schriftlich Zeugnis ab: «Müde Mütter – fitte Väter» heisst das Buch, das sie nach ihrer Kündigung als Erstes schrieb.

Gieri Cavelty hört sich die Klagen seiner Frau gelassen an. Er macht unter anderem den kurzen Vaterschaftsurlaub dafür verantwortlich, dass es in den meisten Fällen die Mütter sind, die sich um Kinder und Haushalt kümmern. «Man gerät schnell in ein Fahrwasser: Die ersten Wochen über ist die Frau daheim, kümmert sich um alles, man selber geht ins Büro, und schon hat sich das Muster eingeschliffen», sagt er. Die schwedische Soziologin Katarina Boye gibt ihm recht: Sie untersuchte die Aufgabenteilung in Familienhaushalten. Fazit: Männer, die länger als einen Monat Elternurlaub machten, beteiligten sich auch später stärker an der Hausarbeit.

Cavelty ortet aber auch bei den Männern den Einfluss traditioneller Rollenbilder: «Wenn du als Mann eine Familie gründest, fühlst du dich automatisch für deren finanzielle Sicherheit verantwortlich. Auch darum ist dir die Karriere in diesem Moment wichtig.»
 

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Er macht Karriere, sie steckt zurück

«Alte Rollenbilder halten sich hierzulande stark, auch bei den jüngeren Paaren», sagt auch Paarforscherin Corina Merz vom Psychologischen Institut der Universität Zürich. Junge Väter engagierten sich heute zwar stärker in der Kindererziehung, aber grundsätzlich gelte weiterhin: Der Mann macht Karriere, die Frau steckt zurück, wenn ein Kind kommt.

Diese vermeintliche Selbstverständlichkeit sei in der Schweiz fest verankert, fester als in anderen europäischen Ländern, sagt Merz. Eine europaweite Studie zu gesellschaftlichen Werten stützt diese Aussage: Auf die Frage «Leidet ein Kleinkind, wenn die Mutter berufstätig ist?» antworteten in der Schweiz 60 Prozent der Befragten mit Ja. In Dänemark waren es neun Prozent, in Schweden 20. Über die Hälfte der Befragten in der Schweiz sagen, dass es für eine Mutter zwar okay sei, einen Job zu haben, aber Frauen blieben in Tat und Wahrheit doch lieber daheim am Herd.
 

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480 Tage Urlaub für die Eltern

«Im Gegensatz zur Schweiz ist in Schweden die Gleichberechtigung seit den sechziger Jahren ein Grundpfeiler der Gesellschaft», sagt Ursula Armbruster, ehemalige Oberregierungsrätin im schwedischen Bildungsministerium. Es sei in Schweden für Frauen genauso undenkbar wie für Männer, sich finanziell in die Abhängigkeit des Partners zu begeben, wenn ein Kind kommt.

Im schwedischen Sprachgebrauch existieren weder «Rabenmütter» noch «Softie-Männer». Das habe auch historische Gründe, sagt Armbruster: «Schweden ist eine säkularisierte Gesellschaft, der Einfluss der Kirchen, die die Wichtigkeit der Mutter-Kind-Bindung betonen, ist heute schwach.»

Wohl darum wagten die Frauen, Forderungen zu stellen, als in den sechziger Jahren die Wirtschaft ihre Arbeitskraft brauchte. Sie gingen mit dem Slogan «Rufe erschallen, Tagheim für alle!» auf die Strasse.

Die Sozialdemokratie, die damals das Land regierte, setzte die Forderungen im Lauf der Jahre konsequent um: Heute können Eltern nach der Geburt bis zu 480 Tage lang staatlich finanziert daheimbleiben, die öffentliche Betreuung für Kinder ab einem Jahr ist in Schweden eine Selbstverständlichkeit, und die Arbeitstage können bis zum achten Lebensjahr des Kindes so verkürzt werden, dass genügend Zeit fürs Familienleben bleibt. 26 Prozent der Posten im obersten Kader werden heute mit Frauen besetzt, im mittleren Kader sind es die Hälfte, und trotzdem haben die schwedischen Frauen mehr Kinder als diejenigen in der Schweiz.

Die Rezepte wären also bekannt. Und Unternehmer wie der Aargauer Patron Claude Werder, der in seiner Metallzuliefererfirma freiwillig familienfreundliche Arbeitsbedingungen einführte, zeigen, dass es geht: Bei Werder gibt es Elternzeit für beide, flexiblere Arbeitszeiten und gleiche Löhne für Mann und Frau. Es fehlen noch qualitativ hochstehende und bezahlbare Krippen und Tagesschulen – und ja: Frauen und Männer, die sich trauen, Ernst zu machen mit der Gleichberechtigung.

Mama und Papa arbeiten gleichwertig

Ernst gemacht haben zum Beispiel Dominic Caspani und Barla Genelin. Die beiden Landschaftsarchitekten wohnen mit ihren zwei Kindern in einem Reihenhaus in Zürich. Sie möchten den Kindern bewusst keine fixen Rollenbilder vorleben. Ihr Sohn und ihre Tochter sollen im Alltag erleben, dass Mama und Papa gleichwertig arbeiten und gleich viel für sie da sind. Sie arbeitet 60 Prozent, er 50.

Dafür sind beide bereit, finanzielle Einschränkungen in Kauf zu nehmen; so gross wie befürchtet waren diese aber nicht. Die Kosten für Krippe und Hort fallen weg, und nun bleibt genug Zeit, das kaputte Velo und die zerrissene Jacke selbst zu flicken. «Als ich mehr gearbeitet habe, waren wir beide oft am Limit, uns fehlte einfach die Zeit gerade für die kleinen, aber nicht weniger wichtigen Sachen», sagt Dominic Caspani. Das Paar ist froh, heute seine Balance gefunden zu haben, obwohl man sich im persönlichen Umfeld immer wieder erklären muss.
 

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Krippenkinder? «Krass!»

Paare, die sich Familien- und Hausarbeit teilen, sind Exoten. Daran wird sich so schnell nichts ändern: Selbst 17-Jährige können sich nicht vorstellen, dass die Frau mehr zum Familienbudget beiträgt als der Mann, zeigt eine Umfrage der Eidgenössischen Kommission für Kinder- und Jugendfragen.

Junge kinderlose Frauen und Männer bezeichneten zudem vollzeitlich arbeitende Eltern mit Krippenkindern als «daneben», «ganz extrem» oder «krass», zeigt eine Studie der Zürcher Wirtschaftsgeografin Karin Schwiter von 2011. Die Befragten distanzierten sich zwar vom klassischen Ernährer-Hausfrau-Modell und befanden, heute sei alles verhandelbar. Verhandelbar aber hiess: Der Mann arbeitet 100 Prozent und kann allenfalls auf 90 oder 80 Prozent reduzieren, die Frau erzieht primär die Kinder und kann zu 10, 20 oder vielleicht 40 Prozent einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

«Wofür leben wir? Was wollen wir mit unserer begrenzten Zeit anfangen?»

Guter Rat ist also teuer. Wer, wenn nicht Remo Largo, Doyen der Kindererziehung und Schweizer Übervater, sollte helfen können? Largo ist höchst besorgt über die Verunsicherung, die heute in vielen Familien herrscht. Die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust überlagere alles, oft auch die Bedürfnisse der Eltern und der Kinder.

Er ruft dazu auf, sich die wirklich grossen Fragen zu stellen: «Wofür leben wir? Was wollen wir mit unserer begrenzten Zeit anfangen?» Wenn die Bedürfnisse der Wirtschaft die Situation der Familien diktierten und nicht umgekehrt, habe das fatale Folgen: «Immer mehr Frauen verzichten auf Kinder, mehr als die Hälfte der Familien zerbrechen, und Stresserkrankungen nehmen zu.» Aufhalten lasse sich die Entwicklung nur, wenn wir bereit seien, unser Wertesystem grundsätzlich zu überdenken und die Gesellschaft dementsprechend umzubauen. Leider traue er das nur den Frauen zu. «Gründet eine eigene Partei», rät Largo, «setzt euch dezidiert ein für die Bedürfnisse von Müttern, Kindern – und damit letzten Endes auch von Vätern.»

Also, liebe Frauen, machen wir. Fragt sich bloss, wann.

Buchtipps

  • Sibylle Stillhart: «Müde Mütter – fitte Väter. Warum Frauen immer mehr arbeiten und es trotzdem nirgendwohin bringen»; Limmat-Verlag, 2015, 100 Seiten, CHF 23.90

  • Michèle Roten: «Wie Mutter sein»; Echtzeit-Verlag, 2013, 176 Seiten, CHF 31.90

Infografiken: Anne Seeger (Quellen: BFS, European Values Study, OECD)