Mit beschränkter Haftung
Zwei Jahre Garantie beim Kauf – das steht seit Anfang 2013 fest. Doch was passiert, wenn etwas defekt ist? Gibt es ein Ersatzgerät? Warum muss man eine Reparatur akzeptieren? Eine entscheidende Rolle spielen die allgemeinen Geschäftsbedingungen.
aktualisiert am 21. Januar 2019 - 15:48 Uhr
Geräteverkäufer im Vergleich (Umfrage von 2013)
Sie wurde als grosser Fortschritt angepriesen: die zweijährige Garantiefrist für gekaufte Sachen, die seit dem 1. Januar 2013 gilt. Doch im Konsumentenalltag schmilzt der grosse Fortschritt wie Schnee an der Sonne. Denn viel entscheidender als die Frist ist das, was eine Garantie – das Gesetz spricht von Gewährleistung – inhaltlich bietet.Und gerade da haben die gesetzlichen Neuerungen keinen Fortschritt gebracht: Verkäufer können in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Garantierechte nach wie vor beliebig einschränken.
Ein Beispiel: Hanspeter Boller aus Worblaufen hat online einen drahtlosen Kopfhörer gekauft, der bereits nach zwei Stunden Gebrauch nicht mehr funktioniert. In der Meinung, das Problem könne mit einem Austausch rasch erledigt werden, bringt er den defekten Kopfhörer grad selber ins Geschäft zurück. Und blitzt ab: Man werde den Kopfhörer einschicken und Boller dann informieren. «Seit 2013 gilt doch das neue Gesetz», meldet sich Boller am Beratungstelefon des Beobachters. «Wieso muss ich eine Reparatur akzeptieren?» Weil es in den AGB des Verkäufers leider so festgelegt ist.
Stellen Sie fest, dass ein gekaufter Gegenstand mangelhaft ist, müssen Sie als Konsument prüfen, welche Rechte Sie haben. Mehr dazu sowie zu Garantiefristen lesen Sie als Beobachter-Mitglied im Merkblatt «Garantie (Gewährleistung)». Mit dem Musterbrief «Mängelrüge» können Sie überdies ganz bequem Ihre Forderung um Ersatz an den Verkäufer stellen.
Die 2013 in Kraft getretenen Neuerungen im Obligationenrecht halten bloss fest, dass die Garantiefrist zwingend zwei Jahre beträgt (vorher ein Jahr) und dass sie im Kaufvertrag nicht verkürzt werden darf. Die Bestimmungen zu den Garantierechten jedoch sind weiterhin dispositiv. Das heisst: Sie gelten nur, wenn man beim Kauf nichts Spezielles abgemacht hat. Gerade beim Gerätekauf jedoch akzeptieren Konsumenten in der Regel allgemeine Geschäftsbedingungen. Weil diese Vorrang vor den gesetzlichen Bestimmungen haben, sind Konsumenten in ihren Garantieansprüchen entsprechend eingeschränkt.
Der Unterschied zwischen Gesetz und AGB ist markant. Wenn eine Ware mangelhaft ist, kann die Käuferin nach Obligationenrecht
- vom Kauf zurücktreten und das Geld zurückfordern (Wandelung);
- den Austausch des Geräts, also ein mängelfreies Ersatzgerät verlangen;
- bei einem geringfügigen Mangel eine Preisminderung verlangen.
Ansprechpartner für die Garantieansprüche ist der Verkäufer.
Demgegenüber steht in vielen AGB, dass der Käufer bei einem Mangel nur «ein Recht auf Reparatur» hat und die gesetzlichen Ansprüche ausgeschlossen sind. Was sich dann wie im Beispiel von Hanspeter Boller entsprechend einschränkend auswirkt. Oft nehmen sich Verkäufer in ihren AGB auch ganz heraus und verweisen für alle Ansprüche an den Hersteller.
Die Garantiebestimmungen sind vielfältig, die Situation ist für Konsumenten unübersichtlich. 2013 hat der Beobachter bei 25 Geräteanbietern (Grossverteiler, Discounter, Onlineshops, Fachgeschäfte) eine Umfrage durchgeführt. Zwei Anbieter, Dell und Zihlmann, haben nicht geantwortet. Die Umfrage zeigte: Die meisten Anbieter schliessen in den AGB die gesetzlichen Rechte auf Rücktritt vom Kauf (Wandelung) und auf Ersatz aus oder erlauben sie nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die Reparatur ist der Normalfall.
Besonders verärgert sind Konsumenten dann, wenn sie mehrfach auf den Reparaturweg geschickt werden, weil das Gerät immer wieder defekt ist. Da weder das Gesetz noch AGB dazu etwas festhalten, fragte der Beobachter die Anbieter: «Wie viele Reparaturen muss man akzeptieren, bevor das defekte Gerät ausgetauscht oder das Geld zurückgegeben wird?» Bei den meisten Anbietern muss man zwei bis drei Versuche akzeptieren, ein Teil der Verkäufer will sich nicht festlegen oder lässt den Hersteller entscheiden. Die Umfrage zeigt zudem, wie lange Reparaturen bei den einzelnen Anbietern etwa dauern und ob sie ein Leihgerät zur Verfügung stellen.
Auffallend sind die Unterschiede bei den Garantiefristen nach einem Austausch oder einer Garantiereparatur: Nach einem Austausch beharrt rund die Hälfte der Anbieter auf der alten Garantiefrist. Nach einer Garantiereparatur beschränkt die Mehrheit der Anbieter die Frist. Beides widerspricht dem Gesetz, wonach eine neue zweijährige Frist beginnt. Ob AGB hier einschränkend wirken können, ist unklar: Es gibt dazu keine Gerichtsurteile.
Viele Geräteverkäufer und auch ihr Wirtschaftsdachverband Swico stellen sich auf den Standpunkt, Gewährleistung und Garantie seien «zwei Paar Schuhe»: Bei der Gewährleistung sei der Verkäufer gesetzlich verpflichtet, einwandfreie Produkte zu liefern. Bei der Garantie dagegen sichere er vertraglich zu, dass seine Produkte funktionsfähig seien, sofern man sie sachgemäss einsetze. Doch diese Unterscheidung ist gerade im Gerätehandel wenig sinnvoll. Denn hier gibt es praktisch keine Kaufverträge ohne allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Was heisst, dass die Haftung der Verkäufer für Mängel praktisch immer aus deren AGB abgeleitet werden muss.
- Prüfen Sie insbesondere bei kostspieligen Anschaffungen, welche Garantierechte der Verkäufer gewährt. Wenn er Sie an die Hersteller verweist, fragen Sie nach, welcher Hersteller dafür bekannt ist, dass er Mängelrügen speditiv und kundenfreundlich abwickelt.
- Anbieter dürfen die Garantiefrist im Konsumentenvertrag nicht verkürzen, sie können die Garantie aber ganz ausschliessen. Lehnen Sie einen solchen Ausschluss ab oder wechseln Sie für die Anschaffung zur kundenfreundlichen Konkurrenz.
- Allgemeine Geschäfts- oder Garantiebedingungen (AGB) sind nur Vertragsbestandteil, wenn ihnen der Kunde zugestimmt hat. Er muss Gelegenheit bekommen, sie vor dem Kauf zur Kenntnis zu nehmen. Wenn AGB erst auf der Quittung oder auf einem nachträglich abgegebenen Garantieschein notiert sind, sind sie für den Kunden unverbindlich.
- Wichtig ist die Quittung für den Kunden aber, um den Kauf als solchen beweisen zu können, wenn er einen Garantieanspruch stellt.
- Das Gesetz verpflichtet den Käufer, einen Mangel sofort zu melden. Wer mit der Mängelrüge zuwartet, verliert unter Umständen seine Mängelrechte. Hinweis: Eine Mängelrüge unterbricht die Garantiefrist nicht.
- Der Käufer trägt die Beweislast, dass der Defekt am Gerät ein Garantiemangel ist.
- Wenn AGB keine entsprechende Einschränkung enthalten, muss man keine Gutschrift akzeptieren, sondern kann das Geld bar zurückverlangen.
- Private, die unter sich kaufen und verkaufen, können die Garantiefrist beliebig regeln.
2 Kommentare
Wie sieht es aus, wenn ich eine Waschmaschine mit Heimlieferung gekauft habe und diese innerhalb der Garantiefrist kaput geht und der Verkäufer die kaputte Maschine nicht reparieren will, sondern mit einer neuen austauschen. Kann ich auf einen Umtausch zu Hause beharren, da ich ursprünglich auch den Lieferservice mitgekauft hatte oder muss ich den Transport selber organsieren / bezahlen ab der Filiale?
Auf die Antwort bin ich gespannt, denn ich habe einen sehr ähnlichen Fall mit meinem E-Bike, dass ich nun selber für die Reparatur zum Verkäufer transportieren soll, womit ich nicht einverstanden bin. Mein Auto ist aber (immer noch) zu klein für den Transport, deshalb wurde es bereits beim Kauf durch den Verkäufer geliefert. Der Kauf wurde über Ricardo abgewickelt, keine AGBs unterschrieben.