Fragwürdiges Angebot
Eine Schweizer Firma bietet ein angeblich revolutionäres «Auftriebskraftwerk» an. Bereits haben 200 Leute fast eine halbe Million Euro investiert – doch die Sache ist höchst zweifelhaft.
Veröffentlicht am 18. Dezember 2014 - 18:05 Uhr
Die halbe Welt brütet über der Energieproduktion der Zukunft. Nun will die Firma Rosch Innovations Deutschland ein Kraftwerk entwickelt haben, das saubere Energie produziert. Bloss aus Wasser und Luft – revolutionär! Dank Auftriebskraft sollen mit Luft gefüllte Behälter einen Generator antreiben, der elektrische Energie zur Versorgung eines Einfamilienhauses erzeugt.
Doch die Rosch-Website wirkt laienhaft und intransparent. «Dieses Kraftwerk kann nicht funktionieren. Die Energiebilanz ist negativ», urteilt ein vom Beobachter befragter Physiker. Zum selben Ergebnis kommen andere Fachkundige in Internetforen.
Verwaltungsratspräsident der Rosch-Gruppe ist der pensionierte Schweizer Raiffeisen-Bankleiter Josef Gschwend. An dessen Privatadresse in Amriswil TG befindet sich der Sitz der Holdinggesellschaft Save the Planet AG, zu der mehrere Tochterfirmen gehören. Die operative Tätigkeit ist hauptsächlich in Deutschland angesiedelt. Gemäss Gschwend hat die Firma 15 Mitarbeiter. Die Verkaufsaktivitäten würden von der Schweiz aus organisiert.
Laut Rosch sind die angeblich bahnbrechenden Auftriebskraftwerke bereits in mehrere Länder verkauft worden. Wohin, ist allerdings ein Geheimnis. «Namen geben wir nicht bekannt», sagt der VR-Präsident. Eine Testanlage in Belgrad sei von Hunderten von Leuten besucht worden.
Die Firma vermittelt den Eindruck, sie stelle die Anlagen selber her. Die Einzelkomponenten werden aber eingekauft. Funktioniert das Auftriebskraftwerk tatsächlich? «Davon bin ich überzeugt», sagt Gschwend. Zu den kritischen Stimmen sagt er: «Wenn etwas Neues auf den Markt kommt, gibt es immer Zweifel.» Andere Rosch-Vertreter waren für den Beobachter nicht erreichbar. Eine E-Mail blieb unbeantwortet. Am deutschen Geschäftssitz war das Telefon nicht bedient.
Vermarktet wird das Kraftwerk vor allem in Österreich, vom Verein Gaia – der Gesellschaft für autarke Energie, technische Innovationen & Altruismus. Gaia hat nach eigenen Angaben 2500 Mitglieder in 18 Ländern, etwa 140 in der Schweiz. Wer sich für das 14'600 Euro teure Kraftwerk interessiert, muss bei Gaia gegen Anzahlung von 2400 Euro einen Workshop besuchen. Gaia/Rosch liefern danach nur Einzelteile, keine fertige Anlage. Interessenten müssen folgenden Passus unterschreiben: «Die Verantwortung für korrekten Aufbau und Funktion der Anlage liegt beim Betreiber.»
Mehr als 200 Personen hätten die Anzahlung bereits geleistet, sagt Gaia-Vorstandsmitglied Roberto Reuter. Wie die total 480'000 Euro Einnahmen zwischen Gaia und Rosch verteilt werden, sagt er nicht. Die ersten Bausätze hätten Mitte Dezember geliefert werden sollen. Doch die Auslieferung hat sich nun ins erste Quartal 2015 verschoben.
Auf Messen zeigt Gaia einen Prototyp. Der deutsche TÜV habe die «korrekte Arbeitsweise» eines «Funktionsmusters» bestätigt, gibt Reuter an. Einen Beleg dafür liefert er aber nicht. Ein «gläsernes Serienmuster» werde «im Januar» bei Köln zu besichtigen sein, und für 2015 seien Workshops auch in der Schweiz geplant.
Wolfgang Süss, Informatiker aus Österreich, spricht in Bezug auf das Kraftwerk von Betrug. Online bietet er jedem 12'000 Euro, der ein funktionierendes Auftriebskraftwerk nach dem Rosch-Prinzip baut. Bisher ging niemand auf die Wette ein.