Krankenkassen zahlen nicht mehr
In der Schweiz übernehmen immer weniger Krankenkassen Cannabis-Medikamente. Deutschland geht einen anderen Weg.
Veröffentlicht am 31. Januar 2017 - 10:18 Uhr
Um ein Cannabis-Medikament verschreiben zu können, muss ein Arzt zuerst belegen, dass andere Mittel nicht geholfen haben.
660 Franken pro Monat bezahlt Rosmarie F. für die Cannabis-Tinkturen, die gegen Beschwerden ihrer Muskelerkrankung helfen. «Obwohl ich eine Bewilligung habe, weigert sich die Krankenkasse zu zahlen.»
Cannabis hilft vielen gegen starke Schmerzen oder Spastik, doch eine legale Behandlung ist nur mit einer Spezialbewilligung des Bundesamts für Gesundheit möglich. Der Arzt muss sie beantragen und belegen, dass andere Mittel nicht geholfen haben. Dann kann er dem Patienten ein Cannabis-Medikament verschreiben, nicht aber das Kraut selber.
Doch immer weniger Krankenkassen zahlen für Cannabis-Medizin, auch nicht über eine Zusatzversicherung. «Früher wurden rund zwei Drittel der Anträge bewilligt, heute unter 50 Prozent», sagt Markus Weber, Leiter des Muskelzentrums am St. Galler Kantonsspital. Ob ein Gesuch bewilligt werde, hänge stark von den Vertrauensärzten der Krankenkassen ab.
Diese Entwicklung stellt auch Manfred Fankhauser fest. Der Apotheker in Langnau BE stellt medizinische Cannabis-Tinkturen her. «Weil Cannabis-Produkte auf der Liste kassenpflichtiger Medikamente fehlen, sind Patienten auf den Goodwill ihrer Kasse angewiesen. Und der hat abgenommen.»
Es mangelt an klinischen Studien zu Cannabis-Medikamenten. Pharmafirmen, die sie finanzieren könnten, zeigen wenig Interesse. Oft haben sie andere Medikamente im Angebot, die einfacher patentierbar sind.
Deutschland geht einen anderen Weg. Im Januar entschied der Bundestag, es brauche keine weiteren Forschungsergebnisse, um Cannabis kassenpflichtig an viele Schwerkranke zu verschreiben. Ab März können es Ärzte verschreiben, wenn andere Therapien nicht helfen. Das Kraut soll durch eine staatliche Agentur kontrolliert und in medizinischer Qualität angebaut werden. Bis es so weit ist, erhalten Patienten importiertes Cannabis.
Das deutsche Vorgehen dürfte den Druck auf Schweizer Behörden erhöhen. Denn eigentlich hat das Bundesamt für Gesundheit in einer Metastudie vor zwei Jahren schon festgestellt, dass Cannabis gut gegen chronische oder durch Krebs verursachte Schmerzen und gegen Krämpfe bei multipler Sklerose wirkt.
Nur dank einer gemeinnützigen Organisation kann Rosmarie F. ihr Medikament bezahlen. «Dafür bin ich sehr dankbar. Aber das kann ja nicht die Lösung für Tausende von Patienten sein.»
5 Kommentare
Aufhebung des Cannabis-Verbotes: Wollen wir einen Leistungskiller mehr?
Die gleichen links-grünen Kreise, denen die Prävention im Tabakbereich nicht weit genug gehen kann, ignorieren die gesundheitlichen Gefahren des Cannabis-Konsums weitgehend. Die rasch entstehende psychische Abhängigkeit und der Verlust von «Antrieb, Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Lernfähigkeit» (BAG) sowie der gut erforschte Einfluss auf Psychosen aller Art spielten in der Subkommission kaum eine Rolle. Wollen wir Substanzen zulassen, welche psychische Probleme verstärken oder wollen wir psychische Probleme lösen?
Der Hinweis auf den Alkoholkonsum mit vergleichbaren Auswirkungen ist reiner Whataboutismus und sicher kein Argument für die Zulassung eines neuen Leistungskillers.