Die Tochter will Medizin studieren, und das bitte schön in Genf, dem teuersten Pflaster der Schweiz. Dabei gäbe es auch in Bern einen Studienplatz, der so nahe beim Elternhaus läge, dass die hoffnungsvolle Nachwuchsärztin nicht einmal ausziehen müsste. Diese aber hat klare Vorstellungen von ihrem Studentenleben: weg von zu Hause, frei sein. Die Eltern hingegen sind der Ansicht, dass das Kind zu hohe Ansprüche stelle und mit weniger auskommen müsse. In vielen Familien sind solche Diskussionen um die Finanzen programmiert – gerade jetzt, kurz vor Studienbeginn. «Einerseits sind Studenten erwachsen und möchten über ihr Leben selbst bestimmen», sagt Monika Göldi, Präsidentin der Budgetberatung Schweiz, anderseits seien sie abhängig von ihren Eltern, denn Mama und Papa sind meist die wichtigste Einnahmequelle.

Dass der Nachwuchs wirtschaftlich über die Runden kommt, geht die Eltern direkt an, denn sie sind verpflichtet, ihren Kindern die Erstausbildung zu finanzieren. Die Matura zählt nicht als abgeschlossene Ausbildung. Und es spielt auch keine Rolle, dass Sohn oder Tochter schon mündig sind, wenn sie das Studium aufnehmen. Wählt das Kind ein Universitätsstudium, ist es von den Eltern noch mindestens drei Jahre finanziell abhängig. Grundsätzlich gilt: Die Zahlungspflicht besteht so lange, bis die Ausbildung abgeschlossen ist. Eine Altersgrenze gibt es nicht – entgegen der landläufigen Meinung.

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Auch Eltern haben Rechte

Woran angehende Studenten jedoch denken sollten: Eltern sind zwar zum Unterhalt verpflichtet, können von erwachsenen Kindern aber verlangen, dass sie die Kosten niedrig halten und für einen Teil selbst aufkommen. Etwa wenn sie in eine Wohngemeinschaft oder in die eigene Studentenbude ziehen wollen, obwohl sie die Universität bequem von der elterlichen Wohnung aus erreichen könnten. In der Regel können Studenten durchaus ihren Beitrag leisten: 77 Prozent arbeiten nebenbei, soweit Studienfach und Lehrplan es zulassen. Yolanda Wittwer vom Webportal Studisurf glaubt allerdings, dass es mit dem neuen Bachelor-Master-System schwieriger geworden ist, während des Semesters Geld zu verdienen – an jedem Semesterende müssen Prüfungen abgelegt werden. Daher wird nun eher in den Ferien gejobbt.

Die Studierenden sollten also etwas dazuverdienen, müssen aber auch ihre Ausbildung ernsthaft und zielstrebig vorantreiben. Rasselt der Junior einmal durch die Prüfung oder entscheidet er sich nach Beginn des Studiums für ein anderes Fach, berechtigt das die Eltern nicht, die finanzielle Unterstützung einzustellen. Ebenso müssen Eltern tolerieren, wenn das Studium wegen Praktika, Sprachaufenthalten oder Militärdienst unterbrochen wird und entsprechend länger dauert. Hängt die Tochter hingegen nur lustlos an der Uni herum und vergeigt eine Prüfung nach der anderen oder geniesst der Sohn das unbekümmerte Leben eines Langzeitstudenten, können Eltern den Geldhahn zudrehen.

Studienrichtung ist Sache des Kindes

Hingegen dürfen die Eltern die Unterstützung nicht verweigern, wenn sich der Filius für Philosophie entscheidet, statt gemäss dem Wunsch des Vaters Jura zu studieren. Eltern müssen dem Kind eine Ausbildung ermöglichen, die dessen Fähigkeiten und Neigungen entspricht. Die Wahl des Fachs obliegt dem Sprössling. Verlangen können die Eltern aber, dass man sie über die Karrierepläne auf dem Laufenden hält. All das gilt freilich nur für die Erstausbildung. Hat die Tochter Medizin studiert und liebäugelt jetzt noch mit einem Psychologiestudium, ist die Unterstützung der Eltern freiwillig. Anders sieht es aus, wenn der Sohn mit dem Bachelor-Abschluss noch den Master anstrebt. Es gibt dazu zwar noch keinen Gerichtsentscheid, aber in einem Gutachten im Auftrag der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten heisst es: Eine universitäre Ausbildung ist grundsätzlich erst mit dem Master abgeschlossen.

Was aber, wenn sich Eltern und Kinder nicht einig sind über die Höhe der Zahlungen? Ein Budget hilft, den Bedarf aufzuschlüsseln, und lässt erkennen, welche Kosten für das Studium unabdingbar sind und was doch eher in die Rubrik Freizeit, Vergnügen oder gar Luxus gehört (siehe «Was ein Studium kostet und wo es Stipendien gibt»). Budgetberaterin Monika Göldi empfiehlt, dass man sich zusammensetzt, gemeinsam die Kosten auflistet und vielleicht sogar vertraglich vereinbart, welchen Anteil die Eltern und welchen die Kinder übernehmen. Eine Aufstellung der Studienkosten empfiehlt sich besonders für geschiedene Paare. Auch sie sind vom Gesetz her unterhaltspflichtig, obwohl in vielen Scheidungsurteilen steht, dass die Alimente für das Kind nur bis zur Volljährigkeit zu bezahlen sind.

Und was, wenn die Eltern nicht genug verdienen? Laut Bundesgericht sind sie nur dann unterhaltspflichtig, wenn ihr Einkommen mehr als 20 Prozent über dem Existenzminimum zuzüglich der laufenden Steuerlast liegt. Ist das nicht der Fall und bleibt dem Studenten keine Zeit, sich das Geld für den Lebensunterhalt nebenbei zu verdienen, kann er Stipendien oder Darlehen beantragen.

Studienkosten und Stipendien

Wie sich die Kosten zusammensetzen: Die wichtigsten Kosten sind Studiengebühren, Lehrmittel, Krankenkasse, AHV-Minimalbeitrag, Fahrspesen sowie persönliche Auslagen für Kleider, Handy oder Verpflegung. Wohnt der studierende Nachwuchs auswärts, kommen Miete inklusive Nebenkosten, Telefongebühren, eine Privathaftpflicht und Haushaltskosten dazu. Je nach Stadt, Studienfach, Wohnform und Lebensstil summieren sich die Kosten im Monat auf mindestens 1600 bis 2000 Franken – pro Jahr ist somit mit 19'000 bis 24'000 Franken zu rechnen. Merkblätter mit Richtwerten für Auslagen gibt es bei den Budgetberatungsstellen: www.budgetberatung.ch.

Budget erstellen: Ein Budget hilft, die Kosten realistisch einzuschätzen. Empfehlenswert ist zudem, nach dem Semester die einzelnen Posten wieder durchzugehen und das Budget gegebenenfalls fürs nächste Semester anzupassen. Ausbildungsbudgets werden meist auch verlangt, wenn man Stipendien beantragt.

Für Stipendien und Darlehen ist jener Kanton zuständig, in dem die Eltern ihren steuerrechtlichen Wohnsitz haben. Jeder Kanton berechnet Stipendien nach eigenen Kriterien. Einheitliche Richtlinien über Altersgrenzen, Bezugsdauer und Höchstbeträge sind geplant. Wichtig: Stipendien oder Darlehen decken nie die gesamten Kosten.