Das gelbe Quittungsbüchlein ist überflüssig geworden, seit es im Dorf keine Post mehr gibt. Und moderne Zahlungsmöglichkeiten wie Dauerauftrag, Lastschriftverfahren oder Online-Banking sind für die betagte Frau ein Buch mit sieben Siegeln. «Wie soll ich denn jetzt meine Rechnungen bezahlen?», will sie vom Beratungszentrum des Beobachters wissen. Für die Rentnerin ist schon das Ausfüllen der Steuererklärung zu kompliziert, und der Formularkram mit Versicherungen und Behörden ist ihr längst über den Kopf gewachsen.

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Marcel Schenk, Leiter der Pro Senectute Bern, ist täglich mit solchen Problemen konfrontiert: «Die Formen und Abläufe im Finanz- und Versicherungsbereich sind unübersichtlich geworden und unterliegen einem raschen Wandel.» Das mache vielen alten Leuten das Leben schwer.

Jede siebte Person in der Schweiz ist im Rentenalter. Viele kommen ganz oder weitgehend ohne Hilfe zurecht, andere sind auf Pflege angewiesen, und wieder andere brauchen Unterstützung bei finanziellen und administrativen Angelegenheiten.

Der Beobachter riet der Betagten, die Hilfe des Treuhanddienstes der Pro Senectute in Anspruch zu nehmen. Diese Dienstleistung wird bereits in elf Kantonen angeboten (siehe unten: «Entlastung von Administrativem»). Das Konzept ist einfach, aber bestechend: Senioren und Seniorinnen helfen freiwillig anderen beim Zahlungsverkehr und regeln die Versicherungsfragen, unterstützen die Überforderten beim Verfassen von Briefen an Ämter – oder erledigen die Korrespondenz gleich selber. Die freiwilligen Treuhänder stehen unter Aufsicht der Pro Senectute, die mit den Hilfsbedürftigen einen Vertrag abschliesst und dann Helferinnen und Helfer vermittelt.

«Für diese Aufgabe braucht es keine aussergewöhnlichen Fähigkeiten», sagt der pensionierte Bankdirektor Fritz Bähler, einer der vielen Freiwilligen, «doch meine buchhalterischen Kenntnisse kann ich natürlich gut brauchen.» Der Formularkrieg bei Versicherungsfragen, Abrechnungen und Steuererklärungen bereitet ihm keine Mühe. «Aber Einfühlungsvermögen, Geduld und Zeit sind genauso wichtig», sagt Bähler. In speziellen Kursen wurde er auf seine Aufgabe vorbereitet, und alle drei Monate trifft er sich unter fachkundiger Anleitung von Profis zum Erfahrungsaustausch mit anderen Freiwilligen.

Praktisches Denken gefragt

«Die Aufgaben eines freiwilligen Treuhänders überschneiden sich oft mit denen eines Beistands», sagt Marcel Schenk. Dennoch gibt es Unterschiede: Beistandschaften sind vormundschaftliche Massnahmen und müssen teils gegen den Willen der Betroffenen angeordnet werden – sie können auch nicht auf Wunsch einfach aufgehoben werden. Während die Urteilsfähigkeit bei einer Beistandschaft oft nicht mehr gegeben ist, ist sie beim Vertragsabschluss mit der Pro Senectute eine Voraussetzung.

Statt juristisches Spezialwissen ist bei den freiwilligen Treuhändern vor allem praktisches Denken gefragt. Bei einer seiner Mandantinnen stellte Bähler zum Beispiel fest, dass sie seit Jahren ein Telefon mietete. «Weil sie nur von AHV und Ergänzungsleistungen lebt, sind die Mietkosten über die Jahre hinweg gesehen eine ganze Stange Geld.» Um diese Kosten einzusparen, überzeugte er seine Mandantin, das Telefon für wenig Geld zu kaufen.

Viele Betagte zögern, professionelle Hilfe anzunehmen, und Angehörige haben oft ein schlechtes Gewissen, weil sie glauben, administrative Angelegenheiten müssten innerhalb der Familie geregelt werden. Diese Haltung ist falsch: Je länger ältere Menschen ein unabhängiges Leben führen, desto glücklicher und gesünder sind sie.

Entlastung von Administrativem

Wer Hilfe bei administrativen Angelegenheiten braucht, hat diverse Möglichkeiten:

Hilfe durch Angehörige und Bekannte

  • Überlegen Sie sich, ob Sie sich tatsächlich von Familienangehörigen oder Freunden helfen lassen wollen. Entscheiden Sie zudem, ob Sie nur bei einzelnen Angelegenheiten oder generell bei allen administrativen Aufgaben Hilfe in Anspruch nehmen möchten.

  • Sofern Sie jemandem Vollmachten ausstellen wollen: Sollen es Generalvollmachten oder nur Vollmachten für einzelne Geschäfte sein?

  • Regeln Sie allfällige finanzielle Entschädigungen für Ihre Hilfsperson vertraglich. Ansonsten gilt der Zeitaufwand als Gratisarbeit und kann nach Ihrem Tod nicht bei den Erben in Rechnung gestellt werden.


Vormundschaftliche Hilfe

  • Eine Beistandschaft ist angezeigt, wenn die Urteilsfähigkeit in Frage gestellt ist oder wenn Unterstützung von Angehörigen, staatlichen oder privaten Institutionen nicht gegeben ist respektive nicht genutzt werden kann.

  • Es ist denkbar, dass Verwandte mit einem vormundschaftlichen Amt betraut werden. Oft sind jedoch neutrale Personen besser geeignet – besonders wenn Interessenkonflikte drohen.

 

Treuhanddienst der Pro Senectute

Folgende Kantone bieten einen Treuhanddienst an: AG, AR, BE, BL, BS, GL, LU, SG, SH, SO, TG, ZH. Der Treuhanddienst ist nicht in allen Kantonen gleich organisiert. Auch die Kosten sind von Kanton zu Kanton verschieden. Die Angebote sind aber auch bei knappen Finanzen erschwinglich – oder sogar gratis.

Weitere Informationen erhalten Sie unter www.pro-senectute.ch oder telefonisch durch die Pro Senectute Schweiz: 044 283 89 89