Wer wegen eines Herzleidens Angina Pectoris Wenn das Herz zur Zeitbombe wird ins Spital muss und privatversichert ist, hat ein höheres Risiko, Opfer einer Überbehandlung zu werden. So lautet das Fazit einer Studie des Basler Universitätsspitals. Überbehandlungen sind Therapien, die entweder nutzlos sind oder bei denen das Risiko den Nutzen übersteigt.

Weil jede Operation ein Eingriff in den Körper ist, handelt es sich bei einer Überbehandlung nicht um eine Lässlichkeit nach dem Motto «Wenn es nichts nützt, so schadet es auch nicht». Sie stellen ärztliche Kunstfehler dar, die Patienten werden einer unnötigen Gefährdung ausgesetzt. Und sie verursachen unnötige Gesundheitskosten. 

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«Dieser Unterschied lässt sich kaum auf eine medizinische Notwendigkeit zurückführen. Vielmehr steht der Verdacht im Raum, dass diese Patienten operiert wurden, weil das Spital damit gutes Geld verdient.»

Tristan Struja, Studienleiter

Die Forschenden untersuchten acht Eingriffe am Herzen, darunter das Einsetzen eines Herzschrittmachers, die Erweiterung eines Blutgefässes mit einem Stent und das Ersetzen einer Herzklappe. Dabei zeigte sich, dass bei den Patientinnen und Patienten mit einer Spitalzusatzversicherung die Wahrscheinlichkeit, operiert zu werden, elf Prozent höher war als bei den Patienten, die bloss grundversichert waren.

«Dieser Unterschied lässt sich kaum auf eine medizinische Notwendigkeit zurückführen. Vielmehr steht der Verdacht im Raum, dass diese Patienten operiert wurden, weil das Spital damit gutes Geld verdient», sagt Studienleiter Tristan Struja. 

Ärzte bezweifeln finanzielle Interessen

Exponenten des Gesundheitssystems bewerten diese Studienergebnisse sehr unterschiedlich. Der Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) und die Schweizerische Belegärzte-Vereinigung (SBV) verweisen darauf, dass sich die Ergebnisse nur begrenzt verallgemeinern liessen. Die FMH begrüsst zwar Forschung zu Überbehandlung, die Basler Studie könne aber den Nachweis nicht erbringen, dass die Unterschiede auf finanzielle Interessen der Operierenden zurückzuführen seien. 

«Die finanziellen Anreize müssen ganz anders gesetzt werden.»

Tristan Struja, Studienleiter

Anders sieht es die SPO Patientenorganisation. Dass zu viel operiert und behandelt werde, obwohl das nicht medizinisch indiziert sei, sei eine Realität. Auch Gespräche des Beobachters mit spitalnahen Quellen bestätigen den Verdacht von Studienleiter Tristan Struja. Spitalmanager, Klinikdirektoren und vor allem freiberufliche Belegärzte seien jederzeit darüber im Bilde, wie viel Geld bei welchen Eingriffen unter dem Strich für sie übrig bleibe. 

Eines der teuersten Gesundheitswesen

Dass dies keinen Einfluss auf die Behandlung habe, sei kaum vorstellbar. «Die finanziellen Anreize müssen ganz anders gesetzt werden», fordert Studienleiter Struja. Wie bei der Autoversicherung sollte es nach dem Kriterium der Qualität ein Bonus-Malus-System geben, wobei Ärztinnen und Ärzte mit weniger Komplikationen besser vergütet werden. 

Das Schweizer Gesundheitswesen ist eines der teuersten weltweit. Es hat im vergangenen Jahr etwa 10’000 Franken pro Einwohner gekostet, insgesamt über 85 Milliarden Franken. Damit haben sich die Gesundheitskosten seit 1970 – gemessen an der jährlichen Wirtschaftsleistung – mehr als verdoppelt: von fünf Prozent auf rund zwölf Prozent. Im internationalen Vergleich lag die Schweiz 2019 in dieser Betrachtung laut Daten des Ländervereins OECD hinter den USA und Deutschland auf Rang 3.

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