Liebe Leserinnen und Leser,

Wir hoffen, Sie hatten eine gute Woche. Und willkommen zu «Das war richtig wichtig».

Der Name ist Programm. Hier ordnen wir ab jetzt immer freitags die vergangene Woche für Sie ein. Unsere Brille dabei: Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Was sagt der Beobachter zu diesen Ereignissen? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Vier bis fünf wirklich wichtige Nachrichten, kompakt, verständlich und mit Haltung. 

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Kleine Vorwarnung – diese Woche haben wir nur wenig Erbauliches zu vermelden. Aber das wird sicher auch bald wieder anders.

Diesmal also:

Aber zuerst:

Das Zitat der Woche

Am Mittwoch hat die vereinigte Bundesversammlung Beat Jans (SP) zum Bundesrat gewählt. Er ersetzt Alain Berset, der zwölf Jahre lang das Departement des Innern leitete. Jans übernimmt das Justiz- und Polizeidepartement. Das Departement des Innern geht an Parteikollegin Elisabeth Baume-Schneider.

«Also, meine Damen und Herren, zu Lebzeiten abtreten zu können, ist eine ziemlich erfreuliche Sache.» – Alain Berset

Der abtretende Berset erinnerte in seiner Rede daran, dass die ersten drei Präsidenten der Eidgenossenschaft allesamt im Amt verstorben waren. Mit Berset geht ein vergleichsweise junger Politiker; er ist 51. Nun steigt mit der Wahl von Jans, 59, der Altersschnitt der Landesregierung auf fast 61 Jahre. Damit hat die Schweiz eine der ältesten demokratischen Regierungen der Welt. 

Wirklich wichtig war diese Woche:

Klimakonferenz: Eine magere Bilanz für die Schweiz

Darum gehts: In Dubai ist bis Mitte Woche über neue Klimaziele verhandelt worden. Die Schweiz hatte einen Ausstieg aus Öl und Gas bis 2050 gefordert. Die Teilnehmerstaaten konnten sich aber nicht auf einen konkreten Plan einigen. Zu diesem Dämpfer gesellt sich für die Schweiz eine diplomatische Peinlichkeit. Recherchen des Beobachters zeigen, dass der Bundesrat neben der offiziellen Delegation auch hochrangige Vertreterinnen des Schweizer Finanzplatzes nach Dubai schickte – sehr diskret.

Darum ist es wichtig: Schon im Vorfeld war die Kritik an dieser Konferenz gross gewesen, weil der Chef eines Ölkonzerns präsidierte – und es von Fossil-Lobbyisten dort nur so wimmelte. Das Ergebnis gibt den Kritikerinnen recht: Tatsächlich konnten sich die Teilnehmerstaaten noch nicht einmal auf einen «Ausstieg» aus fossiler Energie einigen, nur auf eine «Abkehr» davon. Was das genau heisst, weiss niemand.

Das sagt der Beobachter dazu: Natürlich kann die Schweiz nicht im Alleingang das Ergebnis eines Klimagipfels bestimmen. Ihr Reichtum, ihre wirtschaftliche Vernetzung und ihre diplomatische Tradition machen sie aber zu einer gewichtigen Stimme. Gerade darum ist die Intransparenz des Bundes in Sachen Bankerdelegation so schädlich. So was zementiert im Inland und Ausland das Bild der «Gschäftlimacher»-Nation, die im Zweifel alles dem Profit unterordnet.

Witwenrente: Schluss mit Diskriminierung, aber … 

Darum gehts: Der Bundesrat will, dass Mütter und Väter künftig gleich lang Unterstützung bekommen, wenn die Partnerin oder der Partner stirbt. Er hat einen Gesetzesentwurf dazu in die Vernehmlassung geschickt. Bis jetzt waren Männer benachteiligt.

Darum ist das wichtig: Ganz freiwillig passiert das nicht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Schweiz zuvor gerügt. Verwitwete Mütter bekommen aktuell ein Leben lang Unterstützung, Väter nur bis zum 25. Altersjahr des jüngsten Kindes. Jetzt soll diese Ungleichbehandlung behoben werden. Das Ganze hat aber einen Haken. Statt die Rente der Männer aufzuwerten, wird die Rente der Frauen nach unten zu den Männern angeglichen.

Das sagt der Beobachter dazu: Wir haben mit jenem Mann gesprochen, der die Schweiz damals vor den Europäischen Gerichtshof brachte. Am Vorschlag des Bundesrats dürfte er heute keine Freude haben.

Gesundheitsreform: Umstrittene Finanzierung so gut wie beschlossen

Darum gehts: Nach Jahren der Blockade und der Minireformen will das Parlament nun die Gesundheitsfinanzierung grundlegend überarbeiten. Doch kurz vor Abschluss machten Patienten- und Konsumentinnenschutz-Organisationen Druck, diese sogenannte Efas-Reform abzulehnen. Am Donnerstag hat der Nationalrat die letzten umstrittenen Punkte geklärt. Damit ist die Sache so gut wie beschlossen.

Darum ist das wichtig: Die Gesundheitskosten steigen stetig, die Prämien sind hoch. Ärzte, Pharma und Krankenkassen preisen Efas als Gegenmittel. Grob gesagt würden dann alle Leistungen gleich finanziert werden – egal, ob sie zu Hause durch die Spitex, im Spital oder in der Arztpraxis erbracht werden. Ob das wirklich Kosten sparen würde, ist umstritten.

Das sagt der Beobachter dazu: Wir haben uns die Reform neulich im Detail angeschaut. Ob damit wirklich Geld gespart würde, ist zumindest zweifelhaft. Efas ist mehr oder weniger eine Nebelkerze. Die wirklichen Kostentreiber bleiben unangetastet. 

⇒ Jetzt lesen: Dieses Mittel hilft nicht

Neuer ÖV-Fahrplan: Billette werden wieder teurer

Darum gehts: Mit dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember steigen die Billettpreise im Schnitt um 3,7 Prozent. Der Preisüberwacher fordert eine Reaktion – doch gemäss unseren Recherchen ist das im Moment im Parlament chancenlos.

Darum ist das wichtig: Es ist zwar die erste generelle Erhöhung der ÖV-Preise seit sieben Jahren. Aber in der langfristigen Entwicklung haben sich die Billettpreise in den letzten 30 Jahren fast verdoppelt – viel stärker als die Kosten fürs Autofahren. Obwohl die Schweiz schon jetzt mehr Steuergeld für Bahn und Bus ausgibt als jedes andere Land in Europa.

Das sagt der Beobachter dazu: Die Schweiz ist mal wieder ein Sonderfall. Rund um uns sinken die ÖV-Preise. Auch als Massnahme gegen den Klimawandel. In Luxemburg fährt man neuerdings sogar gratis. Dessen Verkehrsminister meinte, man habe halt Prioritäten gesetzt: «Wir hätten das Geld auch für zusätzliche Autobahnen ausgeben können.» Tja.

Bundesbudget: Mehr Geld für Gleichstellung und Minderheitenschutz

Darum gehts: Diese und letzte Woche haben Nationalrat und Ständerat beide am Budget für das nächste Jahr geschraubt –, religiöse Gemeinden und das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) bekommen mehr, als der Bundesrat wollte. 

Darum ist das wichtig: Generell wäre eigentlich Sparen angesagt, damit die Schulden nicht stärker steigen, als sie das per Gesetz dürfen. Trotzdem sollen jüdische und muslimische Gemeinden im kommenden Jahr 2,5 Millionen Franken mehr bekommen als vom Bundesrat vorgeschlagen. Und das EBG soll von 2025 bis 2027 pro Jahr 0,8 Millionen Franken zusätzlich ausgeben dürfen – für Präventionskampagnen gegen Gewalt.

Das sagt der Beobachter dazu: Wie viel Geld geben wir eigentlich für Kultur aus? Für den Verkehr? Wir haben das Budget für Sie grafisch aufgeschlüsselt und ordnen das Wichtigste ein.

Und im Wochenquiz

Wann hat der Bundesrat eigentlich Sitzung? Darf man sich mit einem Screenshot gegen eine Betreibung wehren? Und ist Endometriose eine Volkskrankheit? Testen Sie Ihr Wissen.

Geschrieben haben den Überblick diesmal Oliver Fuchs und Dominique Strebel.

Bis nächste Woche. Wir bleiben für Sie dran. 

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version war der Abschnitt zu Schweizer Delegation am Klimagipfel missverständlich formuliert. Die Vertreterinnen der Banken- und Versicherungsbranche zwar waren mit Unterstützung des Bundes in Dubai – an den eigentlichen Verhandlungen waren sie aber nicht beteiligt. Wir haben die Stelle präzisiert.