Depression ist nicht gleich Depression. Sie entwickelt sich bei jedem Menschen unterschiedlich, deshalb braucht es massgeschneiderte Therapien. Bei der Auswahl der richtigen Methode kann der Hausarzt helfen. Wichtig ist, den geistigen, seelischen und körperlichen Zustand des Patienten zu kennen. Entsprechend setzen die Behandlungen an.

Dabei braucht es nicht immer Antidepressiva. Man weiss heute, dass bei leichten bis mittelschweren Depressionen Psychotherapien die bessere Wahl sind. Darüber hinaus gibt es weitere nichtmedikamentöse Behandlungen, die gute Ergebnisse bringen. Nachfolgend eine Auswahl an Möglichkeiten.

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Bewegung und Sport

«Sport wirkt ähnlich wie ein Antidepressivum» – diesen Satz hört man gelegentlich. Es fehlen jedoch die Belege dafür. Dass Sport präventiv gegen Depressionen wirkt, zeigen aber Studien. Und ebenso, dass körperliche Aktivität die akuten Beschwerden lindern kann. Denn Bewegung lenkt von Grübeleien ab, und wer sich längere Zeit sportlich betätigt, aktiviert Glückshormone. Depressiven Menschen fällt es allerdings oft schwer, sich aufzuraffen. Am ehesten gelingt es mit Bewegungstherapeuten – etwa bei einem stationären Aufenthalt.

Lichttherapie

Besser erforscht ist die Behandlung mit Licht. Wer an einer Winterdepression leidet, kennt das Verfahren vielleicht. Man setzt sich täglich für je 30 bis 40 Minuten ganz nahe vor eine sehr helle Lichtquelle. Die Spezialleuchten bringen es auf bis zu 10'000 Lux. Zum Vergleich: In einem Büro hat es höchstens 1000 Lux. Die Lichtrezeptoren in der Netzhaut und des Sehnervs sorgen so dafür, dass der Körper vermehrt Serotonin produziert. Das «Wohlfühlhormon» stimmt positiv und macht ausgeglichener.

Und das nicht nur bei der Winterdepression. «Licht ist auch bei nichtsaisonalen Beschwerden ein sehr potentes Antidepressivum», sagt der Basler Chronobiologe Christian Cajochen. Gezeigt hat dies unter anderem eine niederländische Studie mit Personen über 60 Jahren. Die dreiwöchige Lichttherapie hatte eine vergleichbare Wirkung wie die Behandlung mit Medikamenten.

Depression

Sehr helles Licht kurbelt die Ausschüttung des Hormons Serotonin an.

Quelle: Getty Images
Botox-Behandlung

Botox glättet Falten. Das Nervengift Botulinumtoxin soll aber auch gegen leichtere und mittelgradige Depressionen helfen. «Drei kleinere Studien haben bislang antidepressive Effekte bestätigt», sagt Gregor Hasler von der Berner Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Unter seiner Regie ist dort eine Studie angelaufen, die Aufschluss geben soll über die Wirkmechanismen dieser Behandlung. Depressive Patienten lassen sich dafür mit fünf Nadelstichen Botox in die Muskelpartie zwischen den Augenbrauen spritzen – was ausser der sogenannten Zornesfalte auch die trübe Stimmung verschwinden lassen soll.

Die Facial-Feedback-Theorie liefert einen Erklärungsansatz. Demnach beeinflussen die Bewegungen der Gesichtsmuskeln die Gefühle. Weil sich die Stirn nicht mehr in Sorgenfalten legen kann, soll das Angstzentrum im Gehirn, die Amygdala, weniger anfällig für negative Gefühle sein. Eine andere Erklärung ist die Social-Feedback-Theorie. Sie besagt, dass mit glatter Stirn soziale Interaktionen besser verlaufen. Noch liegen aber keine definitiven Resultate vor.

Schlafentzug

Fast alle depressiven Menschen leiden unter Schlafstörungen. Dass Schlafentzug gegen Depressionen helfen soll, scheint paradox. Patienten bleiben die ganze Nacht oder die zweite Nachthälfte und den folgenden Tag wach. Wichtig dabei ist, wirklich kein Auge zuzutun. Wer durchhält, dessen Stimmung kann sich innert Stunden bessern. Der Grund dafür ist noch nicht in allen Details geklärt. Vermutet wird unter anderem, dass durch das Wachbleiben vermehrt Botenstoffe wie Serotonin ausgeschüttet werden. Manchmal gelingt es sogar, die positive Wirkung zu festigen. Aber: «Der Schlafentzug muss dafür stetig wiederholt werden», sagt Psychiater Daniel Hell. Die Methode helfe jedoch als Zusatztherapie, etwa als Überbrückung, bis Antidepressiva wirken.

Johanniskraut

Antidepressiva sind meist synthetische Medikamente, mit zum Teil massiven Nebenwirkungen. Bei leichten bis mittelschweren Depressionen kann Johanniskraut eine Alternative sein. Extrakte des Heilkrauts helfen ebenso gut wie synthetische Mittel, sogar über einen längeren Zeitraum. Die pflanzliche Arznei ist zudem günstiger und in der Regel gut verträglich. Bekannt ist jedoch eine erhöhte Fotosensitivität: Vor allem hellhäutige Menschen vertragen mit Johanniskraut unter Umständen das Sonnenlicht schlechter. Ihre Haut rötet sich schnell, reagiert mit Blasen oder Ekzemen. Zudem kann es zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen. Deshalb sollte man die Einnahme unbedingt mit einem Arzt absprechen.

Achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie

Die Methode ist auch als Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT) bekannt. Empfohlen wird sie vorbeugend Patienten, bei denen die Depression nach einer gesunden Phase wiederzukehren droht. Meditationsmethoden sollen helfen, in sich hineinzuhorchen: Welche negativen Gedanken und Gefühle keimen auf? Wie gewinne ich eine gewisse Distanz dazu? Wie schaffe ich es, mich nicht vom Abwärtsstrudel erfassen und davon lähmen zu lassen? Mehrere Studien haben gezeigt: Ein solches Training konnte die Rückfallquote halbieren.

Klassische Psychotherapien

Es gibt weitere Therapieformen, erklären Helga Kessler und Daniel Hell im Beobachter-Ratgeber «Wege aus der Depression». Psychotherapien werden heute bei leichten bis mittelschweren Beschwerden empfohlen, meist sind hier keine Antidepressiva nötig. Vor allem drei Formen kommen in Frage: die psychoanalytisch orientierte Therapie, die kognitive Verhaltenstherapie und die interpersonelle Therapie. Welche für wen geeignet ist, kommt auf den Einzelfall an. Den einen hilft es, ihr Verhalten zu ändern, etwa sich nicht mehr zu verkriechen und wieder soziale Kontakte aufzubauen. Den anderen, zwischenmenschliche Konflikte mit dem Partner oder in der Familie unter die Lupe zu nehmen. 

Das Angebot an Therapeuten ist unüberschaubar, weshalb es nicht einfach ist, gute und passende zu finden. Information und Beratung bietet die Stiftung Pro Mente Sana: www.promentesana.ch. Auch Selbsthilfegruppen sind gute Anlaufstellen: www.aktionsbuendnis.ch oder www.depressionen.ch.

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Chantal Hebeisen, Redaktorin
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