Sich einzugestehen, dass mit der Potenz etwas nicht stimmt, ist schwierig genug. Mit seiner Partnerin oder gar einem Arzt darüber zu sprechen, undenkbar. Als Robert Kaufmann (Name geändert) merkte, dass es im Bett nicht mehr klappte, sagte er sich: Das wird schon wieder. Als er aber immer öfter keine Erektion mehr bekommen und nicht mehr mit seiner Frau schlafen konnte, wurde er unsicher. «Ich hatte Angst davor, meine Frau zu enttäuschen», sagt der 57-Jährige.

Kaufmann tat das, was viele Männer tun: Er versuchte, sein Problem zu überspielen. Er wehrte Zärtlichkeiten ab und liess schliesslich nichts mehr zu, was irgendwie auf Sex hindeuten könnte. Das hatte Folgen: Die Ehe fing an zu kriseln. Schliesslich fasste er sich ein Herz und redete mit seiner Frau. «Ich war erleichtert, dass ich ihr Vertrauen wieder gewinnen konnte», sagt Kaufmann. Was blieb, war der Leidensdruck. Der 57-Jährige hat seit elf Jahren Erektionsstörungen, doch erst vor kurzem ging er deswegen zum Arzt. Heute weiss er, dass es ein Fehler gewesen ist, so lange zu warten. «Aber ich habe mich geschämt, mich jemandem zu offenbaren.»

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Erektion

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Penis als Frühwarnsystem

Schätzungsweise 400'000 Männer leiden in der Schweiz unter Erektionsstörungen, einer sogenannten erektilen Dysfunktion. Betroffen sind meist Männer in der zweiten Lebenshälfte. In rund 70 Prozent der Fälle stecken organische Ursachen dahinter. Deshalb sollten Männer ihre Scham überwinden und sich vom Arzt ihres Vertrauens untersuchen lassen. Denn eine erektile Dysfunktion kann auf eine ernsthafte Krankheit hindeuten. Der Penis ist auch ein Frühwarnsystem, etwa im Fall einer Arterienverkalkung oder Diabetes. Bei beiden Krankheiten sind die Gefässe schlecht durchblutet oder geschädigt. Dadurch gelangt zu wenig Blut in die Schwellkörper - die Erektion bleibt zu schwach oder gleich ganz aus. Bekannt ist zudem, dass Medikamente Erektionsstörungen auslösen können; Herz-Kreislauf-Mittel gehören dazu wie auch Psychopharmaka.


Erektionsstörungen können auch psychische Ursachen haben. Bei jungen Männern schwingt oft die Angst mit, beim Sex zu versagen. Sie setzen sich derart unter Druck, dass genau das eintritt, wovor sie sich fürchten: Sie bekommen keine Erektion mehr. Auch Sorgen können das Liebesleben beeinträchtigen. Robert Kaufmann war durch einen Todesfall in der Familie stark belastet, hinzu kam Stress im Job. Er und seine Frau haben sich lange auf «unerotische Massagen» und Zärtlichkeiten beschränkt. Jetzt weiss er, dass er sich mit seinen Erektionsstörungen nicht abfinden muss. Er nimmt Medikamente (siehe «Pillen, Pumpen oder Ringe?») und hat sich für eine Psychotherapie entschieden - und damit für die Chance, mit seiner Frau wieder ein befriedigendes Sexualleben zu haben.


  • Die Ärzte sprechen von erektiler Dysfunktion, wenn bei einem Mann seit sechs Monaten der Penis nicht mehr richtig steif wird und mindestens 70 Prozent der Versuche, Geschlechtsverkehr zu haben, erfolglos blieben.

  • Therapien gibt es eine ganze Reihe. Häufig werden zunächst Medikamente verschrieben, die den Blutstrom in die Schwellkörper verbessern. Bei der Schwellkörper-Auto-Injektions-Therapie (Skat) spritzen sich Männer einen Wirkstoff direkt in den Penis. Zur Erektion kommt es nach ungefähr zehn Minuten. Es gibt darüber hinaus mechanische Hilfsmittel: Bei Vakuumpumpen wird der Penis in einen Plastikzylinder gesteckt, in dem ein Unterdruck erzeugt wird. Dadurch fliesst Blut in die Schwellkörper. Auch Penisringe helfen, die Erektion länger zu halten, der Blutabfluss wird gedrosselt. Schwerwiegende Eingriffe sind Gefässoperationen oder Schwellkörperimplantate. Ärzte raten dazu nur, wenn alle anderen Therapien nichts gebracht haben und der Leidensdruck des Patienten sehr gross ist. Zu den unkonventionellen Methoden zählen Beckenbodengymnastik oder Elektrostimulation. Beides fördert die Durchblutung.

  • Wichtig: Jede Behandlung mit dem Partner besprechen und erwägen, ob vielleicht begleitend eine Sexualtherapie für beide sinnvoll ist. Die Therapien werden vereinzelt von den Krankenkassen bezahlt, wenn die Impotenz beim Mann beispielsweise Depressionen verursacht hat.

  • Vorsicht bei Potenzpillen aus dem Internet. Die Zusammensetzung der Medikamente entspricht oft nicht derjenigen des Originalpräparats. Andere Substanzen verursachen möglicherweise Nebenwirkungen, auf die nicht hingewiesen wird. Und manche Präparate sind schlicht und ergreifend wirkungslos.