Bei unangenehmen Fragen kommen Behörden auf erstaunliche Ideen. Der Beobachter wollte mehr wissen über ein Millionenloch im Fürsorgefonds der Solothurner Firma Delta SBAG, die Anfang der neunziger Jahre Pleite gegangen war. Die Antwort von Maria Carla Rüefli, Leiterin der kantonalen Stiftungsaufsicht: «Aufgrund unserer schlanken Strukturen müssen wir eine aussenstehende Fachkraft zuziehen. Wir sehen uns deshalb gezwungen, von Ihnen einen ersten Kostenvorschuss von 7500 Franken zu verlangen.»

Im Übrigen verweist Rüefli auf die Schweigepflicht. Alle Organe und Beteiligten müssten also ihr Einverständnis zur Auskunft erteilen. Selbst die Gewerkschaft Smuv will «wegen Auskünften an Dritte nicht in rechtliche Schwierigkeiten geraten» und sagt nach wochenlangem Hin und Her schliesslich gar nichts.

Die Geschädigten haben resigniert


Dabei gäbe es einiges zu erklären, nachdem Ende 2003 der Fürsorgefonds und die Personalvorsorgestiftung der Delta SBAG nach zehnjährigem Verfahren liquidiert worden sind. Erstaunlicherweise geschah dies ohne Aufruhr unter den rund 250 Begünstigten der Versicherung. «Die meisten haben wohl gar nicht mehr daran geglaubt, noch Geld zu bekommen», sagt Heinrich Jäggi, der 32 Jahre im Betrieb war. Jäggi hatte sich in der Sache mehrmals an die Stiftung und die kantonale Aufsicht gewandt – ohne Erfolg. «Wir wurden vertröstet und unzureichend informiert.»

Die Vorgeschichte: Die Delta AG, Herstellerin von Präzisionsdrehteilen, wurde 1989 an die Eichenberger Holding verkauft. Die Fäden zog dabei Ulrich Wampfler, Direktor bei der Schweizerischen Treuhandgesellschaft STG und Verwaltungsrat oder Miteigentümer von Dutzenden anderer Firmen. Und noch 1989 legte Wampfler die marode Delta mit einer zweiten Mechanikfirma zur Delta SBAG Präzisionstechnik AG zusammen; die Immobilien wurden ausgegliedert. Die Leitung der Delta SBAG sowie den Vorsitz im Stiftungsrat des Fürsorgefonds und der Personalvorsorgestiftung übernahm der Wampfler-Spezi Jacques Gremaud.

Delta-Boss tauchte für Wochen ab


Begehrlichkeiten weckte vor allem der «patronale Fürsorgefonds», den die früheren Delta-Besitzer mit mehreren Millionen Franken für ihre Mitarbeitenden gefüllt hatten. Diesem Fonds gehörten mehr als 50 Wohnungen. Wie gross das Vermögen 1989 genau war, will heute niemand verraten. Auch die Stiftungsaufsicht schweigt, obwohl sie die Jahresrechnung abgesegnet hatte. «Es waren wohl einige Millionen», sagt Zdenek Selong, Ex-Finanzchef der Firma und Mitglied im Stiftungsrat.

Zumindest war so viel Substanz vorhanden, dass der Fürsorgefonds 1990 noch Millionenkredite gewähren konnte. Dem Beobachter liegt ein Schreiben der Kontrollstelle Visura Treuhand an Wampfler vor, wonach ein Darlehen über eine Million Franken an die Ireso-Holding, zu der die Delta SBAG gehörte, nicht sichergestellt sei. Um diesen ungesetzlichen Zustand zu korrigieren, schlug die Visura vor, eine «ordentliche Bonitätserklärung» der Kreditnehmerin einzuholen. Eine weitere Million ging an eine Immobilienfirma der Eichenberger-Holding. Die Stiftungsaufsicht hatte offenbar nichts gegen die Darlehen einzuwenden und reklamierte nach Angaben eines Insiders lediglich eine zu tiefe Verzinsung. Ob noch weitere Kredite gewährt wurden, ist nicht zu erfahren.

1990 war auch das Jahr, in dem Ex-Mitarbeiter Jäggi hellhörig wurde: «Damals hat man Liegenschaften verkauft, die dem Fürsorgefonds gehörten.» Er wandte sich an die Stiftungsaufsicht und erhielt dieselbe vage Antwort wie nun der Beobachter: «Der Verkauf erfolgte zu marktüblichen Konditionen.» Selbst wenn die mehr als 50 Wohnungen mit Hypotheken hoch belastet gewesen sein sollten, müssen unter dem Strich einige Millionen geblieben sein.

Zwei Jahre später geriet die Delta tiefer in die Krise. Die Ereignisse überschlugen sich: Delta-Boss Gremaud tauchte für Wochen ab und liess mitteilen, dass er seine Funktionen niederlege. Die Banken drehten den Geldhahn zu, die 140 Mitarbeitenden verlangten den Lohn. Schliesslich kündigte die gesamte Belegschaft. Im März 1993 war die Firma am Ende.
Erst jetzt reagierte die kantonale Aufsicht und suspendierte die verbliebenen Stiftungsräte von Fürsorgefonds und Personalvorsorgestiftung. Denn ohne Stiftungsratspräsident Gremaud und die Arbeitnehmervertreter waren die Gremien nicht mehr handlungsfähig. Als kommissarische Verwalterin und später als Liquidatorin wurde eine Solothurner Treuhandfirma eingesetzt. Sie sagt ebenfalls nichts – auch nicht zur Höhe ihres Honorars, das aus dem Stiftungsvermögen gezahlt wurde.

Keine detaillierte Gesamtabrechnung


Offensichtlich waren weder die Stiftungsaufsicht noch der kommissarische Verwalter fähig, die Verantwortlichkeiten zu klären. Damit wurde ein Rechtsanwalt betraut, der einen Vergleich aushandelte. Dessen Inhalt bleibt geheim. Es «wurden von den Verantwortlichen Geldsummen geleistet», lässt sich die Aufsichtsbehörde nur entlocken. Nach übereinstimmenden Angaben ging es um einige hunderttausend Franken. Wer wofür wie viel bezahlte: keine Auskunft. Wampfler und Gremaud halten sich ebenfalls bedeckt: «Es wurde Stillschweigen vereinbart.» Den Vorwurf, sich persönlich bereichert zu haben, bestreiten beide: «Das ist nachweislich falsch.»

Ende 2003 wurden an die Begünstigten von Fürsorgefonds und Personalvorsorgestiftung hochgerechnet noch rund 1,7 Millionen Franken verteilt. Die genaue Zahl bleibt ebenfalls unter Verschluss. Klar ist hingegen, dass die paar tausend Franken, die Heinrich Jäggi dabei erhielt, bei ihm einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen haben: «Eine detaillierte Gesamtabrechnung haben wir nie erhalten.»

Vielleicht wäre dann sein Unmut noch grösser – die Begünstigten dürften mehrere Millionen verloren haben.

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