Eine Arbeitskollegin ersetzt plötzlich die Familienfotos auf ihrem Schreibtisch durch das Bild eines Wasserfalls. Ein Bekannter hat all seine Möbel umgestellt und behauptet, seine Lebensenergie fliesse jetzt besser. Erste Anzeichen einer Midlifecrisis? Nein, die beiden sind Anhänger der chinesischen Feng-Shui-Lehre – wie immer mehr Menschen in unseren Breitengraden. Feng Shui (auf Deutsch: Wind und Wasser) ist eine Energielehre aus China, deren Ziel es ist, positive Energien zu unterstützen und negative abzuwehren.

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In vielen Teilen Asiens beeinflusst Feng Shui die Architektur und Inneneinrichtung nahezu aller Bürogebäude, Wohnhäuser und Hotels. Dem asiatischem Vorbild nachempfunden, aber westlichen Bedürfnissen angepasst, ist die etwa 5000 Jahre alte Lehre seit ein paar Jahren auch in Europa trendy. Selbst namhafte Unternehmen schwören auf Feng Shui. So engagierte zum Beispiel die Fluggesellschaft British Airways einen Feng-Shui-Berater für den Bau ihres Firmensitzes Waterside in der Nähe des Londoner Flughafens Heathrow.

«Feng Shui ist die Kunst und Wissenschaft, in Harmonie mit seiner Umgebung ein gesundes und erfolgreiches Leben zu führen», erklärt Elisabeth Albrecht, Leiterin des Schweizerischen Instituts für Europäisches Feng Shui und Energielehre in Embrach. Um dies zu erreichen, müsse die Lebensenergie Chi zum Fliessen gebracht werden. Zu Hause etwa könnten dunkle Ecken, Deckenbalken, scharfe Kanten oder falsch positionierte Möbel dem Energiefluss im Weg stehen und bei den Bewohnerinnen und Bewohnern zu Unwohlsein führen.

Gemäss der asiatischen Lehre fördert frei zirkulierende Energie Gesundheit und Wohlbefinden: Dank ausgesuchten Farben und Formen, umplatzierten Möbeln und richtig eingesetztem Licht könne die Energie bestmöglich fliessen.

Optimale Lichtverhältnisse schaffen

Klingt einfach. Doch Anfänger, die sich ohne Anleitung in Feng Shui versuchen, werden bald merken, dass sich statt Erleuchtung Überforderung einstellt. Wer kennt sich schon mit «Baguas», «schneidenden Chis» oder «Sha-Chis» aus?

Deshalb sollte Feng Shui in kleinen Schritten angegangen werden. «Schon wer gründlich ausmistet, kann die Energie wieder zum Fliessen bringen», sagt Expertin Elisabeth Albrecht. Ungelesene Zeitschriften, die sich auf dem Boden stapeln, Papierberge auf dem Schreibtisch oder alte Souvenirs, die im Regal verstauben – das alles ist laut Feng Shui Ballast, der uns die «Luft zum Atmen» nimmt, den Raum versperrt und den Energiefluss behindert.

«Viele Leute, die ich berate, klagen über ungeliebte Gegenstände, die sie schon lange los werden wollten. Haben sie sich dann endlich von dem wuchtigen Bett oder dem alten Schrank getrennt, fühlen sie sich meist schon wohler», berichtet Albrecht. Wer am Alten festhalte, fühle sich auch dementsprechend – müde und kraftlos.

Interessierten, die sich näher mit dieser asiatischen Philosophie befassen wollen, empfiehlt Elisabeth Albrecht professionelle Beratung. Dabei würden nicht nur das optimale Licht oder die Möblierung berücksichtigt, der Experte achte auch auf Erdstrahlen und Wasseradern, die er mit Ruten und Pendel aufspüre. Alles nur Hokuspokus? Wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit von Feng Shui gibt es in der Tat nicht. «Für manche mag das Ganze abgehoben klingen, und sicherlich ist Feng Shui kein Allerweltsheilmittel», räumt Elisabeth Albrecht ein. «Doch wenn ich ein Bett verrücke und ein Klient danach keine Rückenschmerzen mehr hat – wozu brauche ich dann noch die Erklärung der Wissenschaft?»

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