Was hilft wirklich gegen Kater?
Auf einen alkoholreichen Abend folgt meist ein dicker Brummschädel am Morgen. Was kann man dagegen tun? Eine Chefärztin gibt Auskunft.
Veröffentlicht am 1. Januar 2024 - 06:00 Uhr
Nach einer feuchtfröhlichen Partynacht folgt der Morgen des Grauens. Wer mit staubtrockenem Mund und pochendem Schädel erwacht, wird vermutlich vom vielgefürchteten Kater heimgesucht – und lechzt nach Abhilfe. So vielfältig wie die konsumierten alkoholischen Getränke sind auch die Tipps, die gegen den Kater helfen sollen. Während die einen «Konterbier» grölen, schwören die anderen auf Rollmops und Essiggurken zum Frühstück. Doch was hilft unserem Körper wirklich, um sich zu erholen? Eine Expertin räumt mit Anti-Kater-Mythen auf.
Wer ist dieser Kater, und was macht er genau?
Kopfschmerz, Übelkeit, Müdigkeit, Schwindel und ein generelles Gefühl von Matschigkeit – das sind die klassischen Symptome, die die meisten kennen. Aber was passiert im Körper genau? «Im Prinzip leiden wir dreifach: Wir sind vergiftet, dehydriert und nicht erholt», sagt Regina Esser, Chefärztin beim Zentrum für Suchtmedizin Arud in Zürich. «Denn wenn der Alkohol in der Leber verstoffwechselt wird, entstehen giftige Abbauprodukte. Zudem verlieren wir überproportional viel Wasser – auch wenn wir am Abend schon Wasser trinken. Und weil unser Schlaf gestört ist, können wir uns in der Nacht nicht richtig erholen, auch wenn wir es vielleicht meinen.»
Wie beugt man dem Kater vor?
Wer nicht vom Kater heimgesucht werden will, trinkt am besten gar keinen Alkohol . Es muss ja nicht gleich Kamillentee sein: Alkoholfreies Bier oder Mocktails schmecken fast wie ihre ethanolhaltigen Vorbilder. Ansonsten lohnt es sich, auf Qualität statt Quantität zu setzen. Billig produzierte Alkohole enthalten mehr Fuselöle, die den Kater verschlimmern. Und auch das berühmte Zwischenwasser nach jeder Einheit Alkohol tut seinen Dienst, indem es der Dehydrierung zumindest etwas entgegenwirkt. Ideal ist auch ein fett- und proteinreiches Essen: Es bleibt lange im Magen und führt dazu, dass wir nicht so schnell eine hohe Blutalkoholkonzentration erreichen.
Die Hausmittel gegen den Kater – und ob sie wirklich helfen
Ingwer
Die gelbe Knolle soll Kopfschmerzen und Übelkeit vertreiben, den Magen beruhigen, die Verdauung fördern und Entzündungen hemmen. «Nicht alle gesundheitlichen Vorteile, die man Ingwer zuschreibt, sind erforscht», sagt Expertin Regina Esser, Chefärztin beim Zentrum für Suchtmedizin Arud in Zürich. «Es gibt allerdings Studien, die belegen, dass die Wurzel gegen Übelkeit hilft.» Wer damit zu kämpfen hat, kann also ein kleines Stück Ingwer essen oder sich daraus einen frischen Tee brauen.
Bloody Mary
Kann ein Cocktail aus Wodka, Tomatensaft, Würzsaucen und Zitronensaft tatsächlich Linderung bringen? Bloody-Mary-Verfechter argumentieren, dass uns Zitrone und Tomate wieder Vitamine zuführen , Salz unsere mineralischen Defizite ausgleicht und die Gewürze die Verdauung anregen. Und indem man wieder Alkohol zu sich nimmt, soll der schmerzhafte Abbauprozess im Körper unterbrochen werden.
Soll man sein alkoholbedingtes Leiden also mit Alkohol bekämpfen? «Nein», meint Esser. Bei Menschen, die regelmässig zu viel trinken, könne Alkohol die Katersymptome zwar vorübergehend lindern. Die Symptome kommen dann aber einfach später. Zudem kann die Säure der Tomate und der Zitrone den Magen belasten. Von Bloody Mary rät die Medizinerin deshalb ab – genauso wie von Konterbier und allen anderen alkoholischen Getränken.
Frühstücken
Lässt sich der Kater mit Rührei, Speck und Rollmops vertreiben? Oder eher mit einem leichten und bekömmlichen Vollkornbrötchen? Beim perfekten Katerfrühstück scheiden sich die Geister. «Bei Übelkeit ist fettiges, eiweissreiches Essen nicht das Richtige», sagt Regina Esser.
Sicher nicht verkehrt ist es, eine Bouillon zu trinken. «Sie bringt den Elektrolythaushalt wieder ins Gleichgewicht und fügt dem Körper wieder Wasser zu.» Ansonsten plädiert die Ärztin dafür, auf das individuelle Lust- und Hungergefühl zu vertrauen. Wenn etwas guttut, kann man getrost zuschlagen. Wer keinen Bissen runterbringt, wartet besser etwas ab.
Schwitzen
Ob durch ein heisses Bad, scharfes Essen oder den Gang zur Sauna – solange der Schweiss tropft, soll der Kater schwinden . Kann man den Alkohol einfach ausschwitzen, Frau Esser? «Nein. Wir haben durch den Alkohol bereits viel Flüssigkeit verloren. Darum rate ich von schweisstreibenden Tätigkeiten eher ab.» Ein heisses Bad kann zudem zu Kreislaufproblemen führen.
Schmerzmittel und Säureblocker
Wenn der Kopf pulsiert und der Magen rumort, greifen viele sofort zu Schmerzmitteln und Säureblockern. Eine gute Idee? «Nur wenn unbedingt nötig», findet Esser. Nur wer akut unter Kopfschmerzen oder Magenbrennen leidet, sollte diese Symptome medikamentös bekämpfen.
Allgemein die Finger lassen sollte man von Paracetamol. Denn der Wirkstoff wird in der Leber verstoffwechselt – und die ist ja bereits mit dem Alkohol beschäftigt. Wer etwas gegen das Kopfweh nehmen möchte, greift also besser zu Aspirin, Voltaren oder Ibuprofen. Die meisten Schmerzmittel führen aber zu mehr Magensäure, was wiederum Sodbrennen auslösen kann.
Apfelessig und Zitronenwasser
Verdünnter Apfelessig soll Entzündungen dämpfen, den Magen unterstützen und Blähungen reduzieren . Ein Glas warmes Zitronenwasser soll dem Körper helfen, sich zu entgiften. Zwei Anti-Kater-Wundermittel? Flüssigkeit ist grundsätzlich immer gut, und auch an Vitamin C ist an sich nichts auszusetzen. «Apfelessig werden tatsächlich viele positive Eigenschaften nachgesagt, doch erforscht sind die gesundheitlichen Wirkungen noch nicht», sagt Esser. «Mit Essig oder Zitrone wäre ich bei einem Kater aufgrund der Säure aber eher vorsichtig.»
Koffein
Hilft das eine Genussmittel gegen die Nachwehen des anderen? «Kaffee verengt die Blutgefässe und kann so Kopfschmerzen entgegenwirken», sagt Esser. Eine Tasse Kaffee kann also tatsächlich helfen . Übertreiben sollte man es aber nicht, sonst schlägt der Effekt ins Gegenteil um.
Frische Luft und kalte Dusche
«Raus aus den Federn und ab an die frische Luft!», wird einem manch ein übermotivierter Sportsfreund raten. Lohnt sich die Anstrengung, oder bleibt man getrost im warmen Bett? Oder hilft vielleicht eine kalte Dusche? «Bewegung und Kälte verengen die Blutgefässe und regen damit den Kreislauf an. Die Entgiftung wird dadurch aber leider nicht vorangetrieben», meint Esser. Grundsätzlich sei aber alles richtig, was wohltut. Das heisst: Sportsfreunde sollen raus, Couch-Potatoes müssen nicht.
Pfefferminze
Die in Pfefferminze enthaltenen ätherischen Öle sollen den Kater vertreiben. Hilft es also, einen Pfefferminztee zu trinken oder ein paar Tropfen ätherisches Pfefferminzöl auf Stirn und Schläfen zu träufeln? «Bei Kopfweh kann die Minze tatsächlich Erleichterung bringen.» Als Tee beruhigt die Pfefferminze den Magen und hilft gleichzeitig gegen die Dehydration.
Obwohl das ein oder andere Hausmittel uns vielleicht etwas weniger leiden lässt, bekämpfen wir damit immer nur Symptome. «Ein Kater ist und bleibt ein Zeichen einer akuten Vergiftung», so Esser. «Kein Mittel zaubert die einfach so weg.»
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1 Kommentar
Ich habe ein Mittel welches zu 100% hilft und erst noch viel günstiger ist: Wenig bis gar kein Alkohol trinken!