Die Lobby der Tunnelbauer liebt die Schweiz. Und die Schweiz liebt sie. Mit Erstaunen beobachten Eisenbahnspezialisten in aller Welt den politischen Werdegang einer skurrilen Walliser Idee. Der Name der neuen Subventionsfalle: multifunktionaler Grimseltunnel.

Swissgrid will die hässlichen Hochspannungsleitungen, die den Grimselpass verunstalten, in einem Tunnel verstecken. Der Bundesrat hat dem Projekt bereits im Februar 2023 zugestimmt.

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Die Promotoren der Grimselbahn AG wollen den Stromtunnel nutzen, um einen kleinen Zug durch einen parallelen Tunnel zu führen. Ist dies rentabel? Ja, versprechen die Initianten.

Sie wollen jeden Tag mindestens 1014 Passagiere zwischen dem Goms im Wallis und dem oberen Aaretal im Kanton Bern befördern. Genauer gesagt zwischen Oberwald und Guttannen.

Mehr Kosten, weniger Passagiere

Das Bundesamt für Verkehr glaubte 2018 nicht daran. Damals, als die Kosten «nur» auf 250 Millionen Franken geschätzt wurden, entschied es, dass dieser Eisenbahntunnel nicht rentabel sei. Das Projekt wurde deshalb nicht für den Ausbauschritt 2035 vorgeschlagen.

In der Zwischenzeit haben sich die geschätzten Kosten verdoppelt. Sie belaufen sich auf 510 Millionen Franken für den Eisenbahntunnel.

Aber: Die Passagierzahlen haben sich nicht verdoppelt. Ganz im Gegenteil: Fachleute schätzen, dass die Zahl von 1014 Passagieren pro Tag für einen neuen Tunnel zwischen zwei sehr dünn besiedelten Gebieten äusserst optimistisch ist.

«Das Parlament genehmigte in der Frühjahrssession 2024 einen Kredit von 30 Millionen Franken, um die Idee weiter zu prüfen.»

Michel Huissoud

Der Reporter Marco Diener, der viel Zeit im Goms verbringt, hat auf «Infosperber» aufgezeigt, dass die versprochenen Zeitgewinne viel zu optimistisch sind. Der neue Tunnel bringe keine Zeitersparnis.

Damit hat sich die Einschätzung der Wirtschaftlichkeit gegenüber der Analyse von 2018 nochmals massiv verschlechtert.

Wegen des politischen Drucks aus dem Oberwallis hat das nationale Parlament das Projekt dennoch nicht aufgegeben: In der Frühjahrssession 2024 stimmte die Mehrheit für einen Kredit von 30 Millionen Franken, um die Idee weiter zu prüfen.

Wohin geht das Geld?

Wer glaubt, dass diese 30 Millionen für eine unabhängige Studie bestimmt sind, um beispielsweise die Rentabilität der künftigen Linie zu überprüfen, der irrt sich. Das Geld wird an den zukünftigen Betreiber der Linie gehen.

Er kann damit seine Argumente schärfen und versuchen, das Parlament nächstes Jahr noch einmal zu überzeugen.

Wenn ich Verwaltungsrat der Grimselbahn AG und Walliser Ständerat wäre, würde ich den mutigen und verantwortungsvollen Entscheid treffen, auf dieses Projekt zu verzichten.

Die 30 Millionen Franken sollten nicht in den Sand gesetzt werden. Das Wallis und die Schweiz brauchen Geld, um die Infrastruktur aufgrund der massiven Unwetter in den letzten Wochen zu reparieren, nicht um einen neuen Tunnel einzuweihen. Der Ruf des Wallis steht auf dem Spiel.

Zur Person
Michel Huissoud