Tierquäler kommen oft ohne Busse weg
Im Jahr 2009 kam es in der Schweiz zu 955 Tierschutz-Straffällen. Doch die kantonalen Unterschiede sind beträchtlich: Obwohl eine konsequente Ahndung gesetzlich vorgeschrieben wäre, fassen einige Kantone die Täter mit Samthandschuhen an.
Veröffentlicht am 9. Dezember 2010 - 17:12 Uhr
Letztes Jahr kam es in der Schweiz zu so vielen Tierschutz-Straffällen wie noch nie: 955 Fälle von Tierquälerei wurden von den Kantonen geahndet. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einer Zunahme um 230 Fälle beziehungsweise um knapp 32 Prozent. Dies hat die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) am 9. Dezember an einer Medienkonferenz bekanntgegeben. Sie führt eine Datenbank aller Straffälle und analysiert die Strafpraxis alljährlich.
Am meisten Fälle verzeichneten die Kantone St. Gallen (244 Fälle), Bern (196), Zürich (172) und Aargau (83). Schlusslichter sind die Kantone Uri und Glarus, in denen 2009 überhaupt keine Tierquälereien geahndet wurden. Sehr tief sind die Fallzahlen auch in Appenzell-Ausserrhoden, im Wallis sowie in Nid- und Obwalden. Zu einer starken Reduktion der gemeldeten Fälle kam es im Kanton Luzern (von 38 auf 7 Fälle).
Die unterschiedlichen Fallzahlen in den einzelnen Kantonen lassen laut Michelle Richner von der TIR den Schluss zu, dass eine korrekte Durchsetzung des Strafrechts nicht in allen Kantonen gewährleistet ist. «In einigen Kantonen werden Verstösse gegen das Tierschutzgesetz nicht konsequent geahndet», so Richner. «Einige Kantone pflegen die Praxis, Tierschutzstraffälle in einem Verwaltungsverfahren abzuschliessen, ohne sie einem Strafverfahren zuzuführen.» Das bedeutet, dass die Täter weder eine Busse bezahlen müssen noch sonst bestraft werden. Kantonstierärzte, die Verstösse nicht anzeigen, machen sich laut Richner allerdings selber strafbar.
Ein weiteres Problem ortet die TIR bei den unterschiedlichen Instrumentarien der Kantone. Für die Stiftung ist daher klar, dass bei der Durchsetzung des Tierschutzstrafrechts «nach wie vor dringender Handlungsbedarf besteht».
Besonderes Augenmerk setzte die TIR dieses Jahr auf Terrariumstiere wie Reptilien, Amphibien oder andere exotische Tiere. Dabei fiel auf, dass 2009 in diesem Bereich schweizweit nur gerade 17 Strafverfahren gemeldet wurden. Und dies, obwohl in der Schweiz gemäss Schätzungen rund 100'000 Terrarientiere gehalten werden. «Das zeigt, dass Tierquälerei in heimischen Terrarien in aller Regel unentdeckt bleibt», sagt Vanessa Gerritsen von der TIR. Die Stiftung für das Tier im Recht fordert nun in einem 12-Punkte-Katalog konkrete Massnahmen zur Verbesserung und Harmonisierung des Tierschutzvollzugs.
Weitere Infos
Die gesamte, rund 7500 Tierschutzstraffälle umfassende Datenbank und die Analyse der Strafpraxis 2009 sind auf www.tierimrecht.org abrufbar.
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