Keine Gnade für Ingo Malm
Der Arzt ist mit einem Gnadengesuch bei der Aargauer Regierung abgeblitzt. Diese hatte ihm die Bewilligung für eine selbständige Berufsausübung entzogen. Trotzdem muss die Gemeinschaftspraxis des Arztes nicht schliessen.
aktualisiert am 29. August 2014 - 17:56 Uhr
Zahlreiche Mängel in der Praxisführung und –organisation warf die Aargauer Regierung Ingo Malm bereits 2012 vor und entzog ihm die Bewilligung für eine selbständige Berufsausübung. Beschwerden gegen diesen Entscheid wies das Bundesgericht im Juli in letzter Instanz ab. Jetzt ist Ingo Malm auch mit einem Gnadengesuch bei der Regierung abgeblitzt. «Es gibt weder für eine Wiedererwägung noch für das Gnadengesuch objektive Gründe für eine Neubeurteilung der Situation», sagt dazu Balz Bruder, Sprecher des Departements Gesundheit und Soziales.
Die Gesamtheit der Verfehlungen führe dazu, dass Ingo Malm die Vertrauenswürdigkeit abgesprochen werden müsse und sich der Entzug der Berufsausübungsbewilligung als verhältnismässig erweise, hält das Bundesgericht in seinem Entscheid fest. Malm hatte unter anderem Patienten ohne Bewilligung und in grossen Ausmass Ritalin zur Suchtbehandlung abgegeben. Zudem bezahlte er Sozialabgaben für Angestellte unvollständig und mehrere Krankenkassen klagten, weil Malm zu hohe Behandlungskosten verursacht habe.
Auch Malms Qualitäten als behandelnder Arzt sind in Frage gestellt. Der «Beobachter» machte 2012 den Fall eines jungen Familienvaters publik, der sich von Malm zweimal Gewebe herausschneiden liess, weil sich an seiner Schulter ein Knoten gebildet hatte. Der Arzt liess das entfernte Gewebe nicht untersuchen. Vier Monte später diagnostizierten andere Ärzte einen schwarzen Hautkrebs und Metastasen. Der Mann hatte nur noch wenige Monate zu leben.
In zwei Gutachten kommen Experten zum Schluss, dass Malm die Fehldiagnose zu verantworten habe, weil er auf Gewebeuntersuchungen verzichtetet. Damit habe er klar gegen die Regeln der ärztlichen Kunst verstossen. Schwer zu beantworten ist dagegen, wie sich eine frühzeitigere, zutreffende Diagnose auf die Lebenserwartung des jungen Mannes ausgewirkt hätte. Die Versicherung von Ingo Malm und die Witwe verständigten sich im Juni auf einen Vergleich: Die Versicherung bezahlt den Hinterbliebenen eine Entschädigung, dafür verzichteten die Parteien auf eine Auseinandersetzung vor Gericht.
Diese Woche hat Ingo Malm die Aktiengesellschaft Ärztezentrum Mutschellen gegründet, für die er auch den Verwaltungsrat präsidiert. Der Firmensitz ist in Berikon, wo Malm bereits heute die Gemeinschaftspraxis leitet.
Das Aargauer Departement Gesundheit und Soziales hält dazu fest, dass es künftig keine ärztliche Tätigkeit Malms akzeptieren werde. Auch das Abrechnen von Leistungen über andere von der Gesellschaft angestellten Ärzte komme nicht in Frage. Denkbar sei dagegen eine Aufgabe im Managementbereich der Gemeinschaftspraxis. Malm hat bis am 17. September Zeit, seine ärztliche Tätigkeit im Kanton Aargau einzustellen.
Welche Aufgaben er für sich selber in der neuen Firma vorgesehen hat, wollte er gegenüber dem «Beobachter» nicht erläutern. Dafür meldete sich ein Vertreter zufriedener Malm-Patienten auf der Redaktion, der die wertvolle medizinische Arbeit Malms für die Region betonte. Er sieht Malm als Opfer konkurrierender Ärzte, die nicht in der Lage seien, ähnlich umfassende Dienstleistungen anzubieten.
Beim Departement Soziales und Gesundheit sind in den vergangenen Tagen rund 350 Schreiben eingegangen, die sich hinter Malm stellen, wie Sprecher Balz Bruder bestätigt.