Redner ohne Furcht und Tadel
Hochzeit, Firmenfeier, Vereinsversammlung: Jeder hält früher oder später eine Rede. Experte Patrick Rohr verrät, wie man das Publikum bei Laune hält.
Veröffentlicht am 2. August 2016 - 10:01 Uhr
Man bringt Zuhörer ganz einfach dazu, nicht zuzuhören. Zum Beispiel, indem man 25 Powerpointfolien präsentiert. Oder indem man eine lange Rede vom Manuskript liest. «Es ist eine Missachtung des Publikums, wenn man so redet, dass sich niemand etwas merken kann», sagt Patrick Rohr. Er hat selbst jahrelang als Moderator beim Schweizer Fernsehen gearbeitet und leitet heute eine Kommunikationsberatungsfirma. Über 1000 Leute hat er in den letzten Jahren in Rhetorik geschult – und 150 Referate zum Thema gehalten.
«Wir Schweizer machen uns unglaublich viele Gedanken, was die anderen von uns denken könnten», sagt Patrick Rohr. «Viele überlegen sich, was sie während einer Rede mit den Händen machen sollen. Ich finde: Man muss gar nichts. Man soll einfach machen.» Eigentlich sei wenig nötig, um einer Rede James-Bond-Momente zu verleihen. Wie das geht, erklärt der 48-Jährige in seinem komplett überarbeiteten Ratgeberbuch «Reden wie ein Profi». Mit diesem will er Lesern Mut machen, frei zu reden – und ihnen Ängste nehmen.
Er weiss, wovon er spricht: «Ich selbst hatte erst neulich einen solchen Angstmoment. Ich erzählte als Moderator eine Anekdote, doch die Pointe ging nicht auf. Meine Hände zitterten, meine Stimme wurde unsicher, ich versprach mich. Zum Publikum sagte ich: ‹Diese Pointe ging gründlich in die Hose, die Geschichte hätte ich mir wohl sparen können. Trotzdem herzlichen Dank, dass ein paar von Ihnen gerade gelacht haben. Das nimmt mir ein wenig meine Nervosität.› Darauf lachten die Zuhörer erneut, und mein Problem war gelöst.»
Hier einige Tricks, wie man mit Charme, angemessener Form und idealem Inhalt eine Rede ansprechend über die Bühne bringt.
Kennen Sie den James-Bond-Spannungsbogen?
Wie eine Präsentation garantiert gelingt, erklärt Kommunikationsexperte Patrick Rohr.
Anlass: Seminar, Referat, Konferenz
Eine James-Bond-Spannung erzeugen: In jedem trockenen Thema steckt eine Geschichte, die Sie erzählen sollten. Abstrakte Faktenaufzählungen kann sich niemand merken. Der Verlauf eines Projekts etwa hat schon per se Höhen und Tiefen, die Sie aufgreifen können. Wechseln Sie vom Konkreten zum Allgemeinen und vom Allgemeinen zum Konkreten, um Spannung zu erzeugen.
Profi-Tipp: Setzen Sie kein Vorwissen der Zuhörer voraus, sondern holen Sie auch Laien ab. Reden Sie Mundart, um authentisch aufzutreten, sofern Sie sicher sind, dass alle im Saal Sie verstehen. Hilfsmittel wie Powerpoint sind erlaubt, aber nur, um die Rede mit Grafiken, Bildern und Schlagwörtern zu unterstützen. Machen Sie sich nicht zum Sklaven der Technik.
Wenn die Aufmerksamkeit nachlässt: Beziehen Sie Zuhörer mit ein oder kürzen Sie die Rede ab. Als Faustregel gilt: Nach 45 Minuten lässt die Konzentration nach. Sollte das Referat länger dauern, planen Sie Pausen ein.
Anlass: Hochzeit, Firmenjubiläum, Geburtstag, Verabschiedung
Jetzt wirds persönlich: Das Paar oder die Person, um die es geht, steht im Mittelpunkt der Rede. Überlegen Sie sich, welches Bild Sie von dieser Person weitergeben möchten. Untermauern Sie besondere Eigenschaften mit Anekdoten. Ist der Kollege beispielsweise besonders ordentlich? Dann erzählen Sie, wie er mit Ihnen das gesamte Archiv neu sortiert hat. Oder ist der Bräutigam besonders fürsorglich? Berichten Sie, wie er seiner Braut jeden Morgen einen Kaffee ans Bett bringt.
So bleibts spannend: Selbst eine Aneinanderreihung von Schenkelklopfern wird schnell eintönig. Erzählen Sie daher auch Geschichten, die nachdenklich machen. Reden Sie nicht länger als fünf bis zehn Minuten. Und: Je peinlicher, desto lustiger? Das finden die Geehrten nicht. Alles, was blamiert oder schadet, gehört nicht in die Rede. Dazu zählen intime Erlebnisse und Schwächen.
Anlass: Sportmannschaft im Abstiegskampf, Firma in den roten Zahlen
Wie Worte Wunder bewirken: Holen Sie als Trainer oder Chef das Team mit einem Weckruf ab: «Liebe Leute, im Moment läufts nicht rund. Wir können es besser!» Dann folgt eine kurze Analyse, was warum schiefläuft. Entscheidend ist, dass nach dieser Ausführung ein Wendepunkt kommt: «Wenn wir in den nächsten Wochen bereit sind, besonders viel zu leisten, können wir unser Ziel bis Ende Jahr trotzdem erreichen.» Zeigen Sie eine konkrete Lösung auf. Das Ende der Ansprache muss unbedingt positiv sein. Erlaubt ist auch, mit einer vielversprechenden Belohnung zu locken, wie etwa verlängerten Weihnachtsferien – wenn schon im Herbst viele Überstunden geleistet werden müssen.
Was frustriert: Um zu motivieren, ist die positive Wendung matchentscheidend. Vermeiden Sie Standpauken, in denen nur Wörter wie «nie, schlecht, scheitern» fallen. Und erwähnen Sie einzelne Abteilungen oder Spieler namentlich nur für gute Leistungen.
Anlass: Diplomverleihung, Vereinsversammlung, Firmenanlass
Jemanden anmoderieren: Machen Sie dem Publikum Lust auf das, was kommt. Werten Sie einen Redner auf: «Ich freue mich ganz speziell, heute eine Person begrüssen zu dürfen, die wie keine zweite weiss…» Wichtig ist, dass Sie sich vor Ihrem Auftritt genügend Wissen über die Programmpunkte und die Personen dahinter angeeignet haben. Seien Sie während des Anlasses ausserdem so aufmerksam, dass Sie zu spontanen Reaktionen und Fragen fähig sind.
Schick und lächelnd: Kommen Sie auch dann im Anzug, wenn der Rest in Jeans erscheint. Treten Sie selbstbewusst auf die Bühne, ohne sich selbst in den Mittelpunkt zu drängen.
Das hilft bei Lampenfieber: Atemübungen direkt vor dem Auftritt sind gut für einen klaren Kopf. Wenn trotzdem Patzer passieren, können Sie das dem Publikum gegenüber ruhig thematisieren. So bleiben Sie authentisch. Nehmen Sie sich selbst nicht zu ernst.
Mit diesen 10 Tipps klappt jede Rede
Wohl jeder von uns muss früher oder später vor Menschen sprechen, nicht immer ist das angenehm. Kommunikationsprofi Patrick Rohr erklärt, wie jeder Vortrag gelingen kann.
Zwei Beispiele für besonders gelungene Reden
- Von Kriminologe Manuel Eisner:
«Gewalt zwischen Faszination und Wirklichkeit» - Von einer jungen Frau:
«Lieber Grosspapi»