Das Start-up Growcer sorgte schweizweit für grosses Medienecho. In Kooperation mit der Migros baute es auf dem Basler Wolf-Areal die erste Vertical-Farming-Fabrik der Schweiz. Die Bilder der Salate und Kräuter faszinierten, denn sie wuchsen – pink beleuchtet – an Türmen hoch, die mit Kokoswolle und Torf gefüllt waren. Die Halle wird als «Smart City Lab» betrieben, einer Initiative der SBB und des Kantons Basel-Stadt. 

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Das Versprechen von Growcer: ein ressourcenschonender Anbau von Lebensmitteln für eine wachsende Bevölkerung. Für Gemüse aus der Fabrik brauche es 90 Prozent weniger Wasser im Vergleich zum Feldanbau, so das Start-up. Es werde weniger CO2 ausgestossen, und die Produktion komme praktisch ohne Pestizide aus. Durch das Stapeln der Beete könne zudem Platz gespart werden. In Basel entstanden so auf einer Fläche von 400 Quadratmetern insgesamt 1500 Quadratmeter Anbaufläche. 

Mehr Vitamine und Nährstoffe

Die auf den Anbau mit vertikaler Landwirtschaft gesetzten Hoffnungen waren gross: Supermärkte sollten ganzjährig mit regionaler und frischer Ware beliefert werden, so die Migros. Innert Stunden sei die Ware vom Produzenten im Supermarkt. Der Vitamin- und Nährstoffgehalt sei bei den Produkten grundsätzlich sogar höher als bei denen aus konventionellem Anbau. Dies, weil die Anbaubedingungen optimal seien und das Gemüse schneller und frischer im Laden ankomme. 

Die Genossenschaft bewarb das Projekt grosszügig und lancierte im Juni letzten Jahres erste Produkte. Der MParc Dreispitz in Basel verkaufte Pak Choi, Federkohl, Mangold, Wasabi-Rucola und Schnittsalat aus der Vertical Farm. Besonders der Wasabi-Rucola kam laut Migros gut bei den Kundinnen und Kunden an. Es hiess, Growcer wolle künftig auch für andere Migros-Genossenschaften produzieren. Ein weiterer Standort in Gossau SG sei geplant. 

Projekt beendet, Mitarbeitende entlassen

Nun ist das Projekt überraschend beendet worden. Ende März ist laut Migros Basel eine «rund eineinhalb Jahre lange Pilotphase» zu Ende gegangen. Nach Ablauf dieser Phase habe Growcer die Produktion nicht aufrechterhalten können, so eine Sprecherin. Die Migros Basel habe die Produkte «leider nicht weiter anbieten können», das Projekt habe beendet werden müssen. Der Migros zufolge hat Growcer sogar den Betrieb eingestellt.

Dem widerspricht Marcel Holden, Unternehmensentwickler bei Growcer, der an Stelle von Growcer-Gründer und -CEO Marcel Florian auf die Anfrage antwortete. Growcer sei weiterhin aktiv und arbeite an diversen Projekten. Man schätze die Migros als Partner und sei sehr froh, dass das Pilotprojekt «erfolgreich verlaufen und abgeschlossen worden» sei. 

Eine Nachfrage nach allfälligen Entlassungen beantwortet Holden nicht. Einem ehemaligen Growcer-Angestellten zufolge sollen mittlerweile zahlreiche Mitarbeitende der Firma entlassen worden sein – auch er. Wie viele Personen betroffen sind, ist unklar. Im August letzten Jahres hatten noch 15 Personen bei Growcer gearbeitet, wie die Migros damals in einer grossen Reportage über das Start-up schrieb.

Bekannte Investoren

Growcer-Gründer Florian hatte zuvor medial viel Beachtung erhalten. «Vom Schulversager zum Überflieger», titelte der «Tages-Anzeiger». Er habe zwar das Abitur in Deutschland nicht bestanden, aber mit seinen Firmen Erfolg an Erfolg gereiht. 

Nach einem Auftritt mit Growcer bei «Die Höhle der Löwen» beteiligte sich die Swiss Startup Group, ein Venture-Capital-Unternehmen aus Zürich. Zudem war Unternehmer Roland Brack, Gründer des Online-Händlers Brack.ch, eingestiegen, wie auch Philippe Gaydoul, ehemaliger Inhaber von Denner. 

Die Investoren wollten sich auf Nachfrage nicht zu den aktuellen Entwicklungen äussern und verwiesen auf Firmengründer und CEO Marcel Florian.

«Wertvolle Erkenntnisse»

Die Migros teilt derweil mit, sie verfolge das Thema Vertical Farming weiterhin «mit Interesse». Man habe wertvolle Erkenntnisse aus dem Projekt gezogen. Es habe sich gezeigt, dass Vertical Farming in manchen Bereichen eine Chance für den Umstieg vom Import auf regionale Produktion biete und dadurch der CO2-Ausstoss reduziert sowie Ressourcen geschont werden könnten. Konkrete neue Projekte nennt sie nicht. 

Die neuartige Produktionsart wird aber nicht nur gelobt. Eine grosse Gefahr seien etwa Pflanzenerkrankungen in der sterilen Umgebung, sagte Ranka Junge, Leiterin des Bereichs Ökotechnologie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) dem SRF. Auch der Energieverbrauch sorgte für Kritik. Die hoch technisierten Indoor-Felder werden mit Hunderten LED-Lämpchen ausgeleuchtet.

Yasai: Fenaco-gestütztes Start-up in Zürich

Growcer ist nicht das einzige Schweizer Start-up im Vertical-Farming-Bereich. In Zürich will das ETH-Spin-off Yasai Kräuter und Blattsalate herstellen. Das Start-up baut zusammen mit Fenaco eine Pilotanlage. Die Agrargenossenschaft stellte eine halbe Million Franken als Darlehen zur Verfügung und finanziert die wissenschaftliche Begleitung durch die Forschungsanstalt Agroscope.

Ausserhalb der Schweiz hat sich Vertical Farming bereits etabliert. In den USA dürfte in den nächsten Wochen das Start-up Aerofarms an die Börse gehen. Besonders in Grossstädten mit wenig Platz für landwirtschaftliche Flächen stösst die «urbane Landwirtschaft» auf Interesse. Sie spart Platz und bringt die Lebensmittelproduktion näher an den Konsumenten.

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