Gewerkschaft widerspricht dem Hotelierpräsidenten
Die Jugend sei falsch erzogen, findet der Bündner Hotelierpräsident Ernst Wyrsch. Die Unia sieht das Problem ganz woanders.
Veröffentlicht am 29. Dezember 2023 - 08:18 Uhr
In der Tourismusbranche sieht es nicht rosig aus. Personalmangel, krankheitsbedingte Ausfälle – und kaum ist jemand eingestellt, kündigt die Person schon wieder. Kein Wunder, die harten Arbeitsbedingungen in der Branche sind seit Jahren immer wieder Thema in den Medien.
«Empfindlich und kränklich»
Der Bündner Hotelierpräsident Ernst Wyrsch sieht die Ursache des Problems aber woanders. «Die heutige Jugend ist verweichlicht. Man gibt zu schnell auf, ist rasch genervt, empfindlich und kränklich», sagt er im Interview mit der «Südostschweiz». Es fehle den Jungen an Widerstandskraft und Resilienz.
Die vielen Krankmeldungen nimmt er als Beleg für seine These: «Wer sich heute einen Schnupfen mit leichten Symptomen einfängt und sich nicht topfit fühlt, bleibt sofort drei Tage daheim, anstatt sich durchzukämpfen. Auch das ist ein Ausdruck der Verweichlichung.»
«Eine fast schon originelle Interpretation des Problems – wenn auch unzutreffend und hilflos.»
Mauro Moretto, Gastro-Verantwortlicher bei der Unia
Für Wyrsch ist klar, woher diese kommt: «Sie sind geprägt durch eine falsche Erziehung ohne Leistungscharakter.» Die Babyboomer und die nachfolgende Generation hätten ihren Kindern beigebracht, dass sie etwas Besonderes seien. Das würden die Jungen nun tatsächlich glauben. Damit sei eine Erwartungshaltung geschürt worden, die nicht erfüllt werden könne.
«Eine fast schon originelle Interpretation des Problems», findet Mauro Moretto, Branchenverantwortlicher für das Gastgewerbe bei der Unia, «wenn auch unzutreffend und hilflos.»
Schlechte Arbeitsbedingungen
Die Ursache für den Personalmangel sieht er in der Branche selbst. «Die Arbeitsbedingungen im Gastgewerbe und in der Hotellerie sind einfach nicht besonders attraktiv», sagt Moretto. Abend- und Wochenendarbeit, tiefe Löhne, geringe Wertschätzung der Angestellten – da sei es kein Wunder, dass viele nicht mehr mitmachen.
Dabei gäbe es Lösungsansätze. Bei den Arbeitszeiten seien diese tatsächlich eingeschränkt. Belastend sei aber vor allem die oft schlechte und sich dauernd ändernde Planung. «Es gibt aber Betriebe, die keine Probleme haben, Personal zu finden.» Die zeichneten sich durch faire Bezahlung, gute Planung und Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten aus. Und: «Genau solche Aussagen wie jene von Wyrsch zeugen nicht von wahnsinniger Wertschätzung gegenüber Angestellten.»
Sind Berufseinsteigerinnen wirklich weniger belastbar als früher? Moretto verneint: «Sie sind mit einer viel komplexeren Welt konfrontiert als noch vor 30 Jahren.» Ein pauschaler Vergleich greife zu kurz. «Es ist eine ganz andere Ausgangslage.» Es sei gut, dass sich die Leute in der Branche nicht mehr alles gefallen lassen.
10 Kommentare
Ich finde es gut, dass die Jugend sich wehrt und sich nicht alles gefallen lässt. Wenn ich arbeite möchte ich vorallem gut entlohnt werden, so dass ich alles bezahlen kann und mir 1mal pro Jahr Ferien gönnen kann. Und in der Gastrobranche ist es bei vielen üblich dass man nur in teilzeit angestellt wird und meistens auf Abruf. Auch aus diesem Grund herrscht Mangel. Das sollte geändert werden.
Die Früchte der Babyboomer musste reifen, jetzt sind sie gereift und das Resultat ist eine Katastrophe! "Du bist ok du bist toll, grossartig". Haben uns nicht die grossen Psycho-Autoren gelehrt, welchen Schaden ein Kind bei einem Nein nimmt, die meisten von diesen Experten hatten nicht mal eigene Kinder und von Erziehung keine Ahnung, aber sie haben eine ganze Elterngeneration mit Lügen gefüttert und das Resultat: eine Generation lebensuntüchtiger, verwöhnter, unverwantwortlicher Sozialhilfe Empfänger. Nun wenn die Babyboomers ins Altenheim gehen, wird wohl deren Rente sich dem Ende neigen, weil deren biologisches Erzeugnis selbst Rente bezieht.
Man jann nicht die ganze Jugend in den gleichen Topf werfen.
Das eine Branche solch einen Menschen mit wenig Wertschätzung für ArbeitnehmerInnen zu Ihrem Präsidenten wählt zeigt doch dass die Mehrheit dieser Mitglieder ebenfalls krankt und noch in den 80-iger oder 90-iger Jahren steckt. Nicht verwunderlich, dass die heutigen ArbeitnehmerInnen sich dieses Verhalten nicht mehr gefallen lassen. Ist auch gut so. Die welche mit Menschen so umgehen wie man mit Menschen umgeht, haben kein Problem gutes Personal zu rekrutieren und bei den anderen muss eben ein Wandel stattfinden. d. h. Man ändert sich (geht mit der Zeit) oder man wird verändert indem man verschwindet.
Ich stimme Herr Moretto von der UNIA 100% zu: Die Welt ist eine andere als sie zur Zeit der heutigen „alten“ Chefs war (zu welcher ich mich übrigens auch zähle). Die Ansprüche dieser Welt an die jungen Menschen und an deren Eltern sind weit höher als diese zu Babyboomerzeiten waren. Diese Chefs müssen verstehen lernen, dass sie Welt nicht auf dem Stand von anno dazumal konservieren können. Anpassen müssen sich beim
besten Willen die Betriebe: Sie sind es, die den Fachkräftemangel haben. Und dieser wird maximal zunehmen, wenn die Masse der Babyboomer demnächst abtreten wird. Mein Tipp daher: Anstatt über die Jungen zu motzen sie besser um Tipps und Ratschläge bitten, vielleicht täten diese ja sogar uns noch gut. Auf jeden Fall muss die Wirtschaft