In der Beobachter-Serie «Die Abrechnung» zeigen Leute ihren Kontoauszug – und erzählen, wie sie mit ihrem Budget leben. Wie viel Geld steht ihnen zur Verfügung? Wofür geben sie es aus?

Zum Beispiel die Musiklehrerin Yvonne Roth, die in Wirklichkeit anders heisst.

Meine Person

Ich bin 54, geschieden und habe vier erwachsene Kinder. Mit 19 wurde ich Mutter. Meine Ausbildung zur Pflegefachfrau musste ich damals aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Danach war ich Mutter und Hausfrau, bis 44. Wir hatten eine klassische Rollenaufteilung: Ich blieb zu Hause und kümmerte mich um die Kinder und den Haushalt. Er arbeitete extern und brachte das Geld nach Hause. Durch dieses Familienkonzept blieb meine berufliche Entwicklung auf der Strecke.

Partnerinhalte
 
 
 
 

Nach der Scheidung kam ich finanziell ganz schön auf die Welt. Ich hatte noch nie eine Steuererklärung ausgefüllt! Und jetzt musste ich plötzlich mein eigenes Auskommen sichern.

Mit 37, noch vor der Scheidung, habe ich angefangen, populäre Musik – also Jazz und Pop – an der Musikakademie in St. Gallen zu studieren. Nach der Scheidung kämpfte ich mich mit einem Teilzeitpensum als Flötenlehrerin durch und erhielt Alimente für den jüngsten Sohn. Ich lebte von der Hand in den Mund.

Heute wohne ich mit meinem neuen Partner im Kanton St. Gallen. Ich unterrichte Musik und leite eine Band sowie einen Chor an zwei Sekundarschulen – 40 Prozent an der einen Schule und 28,8 Prozent an der anderen. Mit Vorbereitungen, internen Weiterbildungen und Teamsitzungen ist es aber faktisch ein Vollzeitjob. Vor einem Jahr hatte ich eine Hirnblutung. Ich hatte grosses Glück, dass ich überlebt habe. Im Moment bin ich noch zu 100 Prozent krankgeschrieben.

Einnahmen

Ich verdiene mit meinem Pensum von knapp 70 Prozent 3900 Franken netto, 13-mal im Jahr. So landen im Schnitt 4225 Franken pro Monat auf meinem Konto. Für eine Lehrperson in meinem Alter ist der Lohn sehr tief, weil ich nicht viele Dienstjahre habe und keine pädagogische Ausbildung.

Wegen der Krankschreibung erhalte ich zurzeit aber keinen Lohn, sondern Krankentaggeld, das sind 3120 Franken.

Ausgaben

Wohnen: Seit zwei Jahren miete ich mit meinem Partner zusammen ein Haus mit 4,5 Zimmern in der Nähe von St. Gallen – nur einen Katzensprung entfernt vom Bodensee. Mein Anteil an der Miete inklusive Nebenkosten beträgt 800 Franken, zusammen zahlen wir 2050 Franken. Ich übernehme viel Hausarbeit und zahle deshalb weniger Miete. Mein Partner übernimmt zudem die jährliche Serafe-Gebühr und die Nachforderung der Heiz- und Nebenkostenabrechnung.

Telefon, Internet und Abos: 30 Franken fürs Handy. TV und Internet zahlt mein Partner. Neue Gesangs- und Musikstücke schaue ich meistens auf Youtube. Ich habe keinen kostenpflichtigen Zugang – die ständige Werbung nehme ich in Kauf.

Gesundheit: Für die Krankenkasse zahle ich 645 Franken monatlich. Wegen des Hirnschlags muss ich regelmässig in ärztliche Kontrolle. Zudem nehme ich diverse Medikamente. Das kostet alles. Deshalb habe ich meine Franchise auf 300 Franken heruntergesetzt. Für Selbstbehalte und Franchisen, die ich selbst übernehmen muss, rechne ich für dieses Jahr nochmals 1000 Franken hinzu. Einmal pro Jahr gehe ich zur Dentalhygiene. Das kostet mich 150 Franken. Insgesamt gebe ich für die Gesundheit also 740 Franken pro Monat aus.

Versicherungen: Mein Partner übernimmt die Prämien für die Haftpflicht- und Hausratversicherung. Deshalb ist dieser Ausgabeposten bei mir bei null.

Auto: Ich unterrichte an zwei Schulen, die rund 20 Kilometer auseinanderliegen. An manchen Tagen unterrichte ich vormittags an der einen Schule und am Nachmittag an der anderen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln würde ich den Standortwechsel innerhalb dieser kurzen Zeit nicht schaffen, deshalb brauche ich ein Auto. Ich lease einen Toyota Yaris Cross, das ist ein Klein-SUV. Die monatlichen Leasingraten betragen 309 Franken. Dazu kommt die Autoversicherung von 143 Franken, Benzinkosten von ungefähr 50 Franken. Die Motorfahrzeugsteuer macht zusätzlich 248 Franken pro Jahr. Das Auto kostet mich also rund 520 Franken im Monat. Ein ÖV-Abo habe ich nicht.

Haushalt: Mein Partner und ich haben zusammen ein Haushaltskonto. Beide füttern es jeden Monat mit 500 Franken. Daraus zahlen wir alles, was zum täglichen Leben gehört, und den Strom vom regionalen Elektrizitätswerk.

Wir machen einen Wocheneinkauf. Für Lebensmittel, Hygieneartikel und Waschmittel geben wir dann ungefähr 150 Franken aus. Dazu kommt ein kleiner Einkauf (60 bis 80 Franken) unter der Woche. Als Mami von vier Kindern habe ich gelernt, auf Aktionen und Rabatte zu schauen. Karotten etwa kaufe ich aber nur in Bio-Qualität. Sie schmecken einfach viel besser. Wir essen zirka dreimal pro Woche Fleisch. Ab und zu kaufe ich mir ein Mövenpick-Glace.

Ich habe gerade, schulterlange Haare. Dreimal pro Jahr lasse ich die Spitzen schneiden und Mèches machen. Das kostet jeweils 120 Franken, ich zahle das von meinem privaten Geld.

Verpflegung ausser Haus: Wenn ich arbeite, gehe ich über den Mittag nach Hause oder nehme mir etwas in die Schule mit. Privat essen wir zurzeit sehr selten auswärts. Zu viele Leute und Geräusche vertrage ich nicht. Stattdessen bestellen wir uns etwa zweimal im Monat Pizza nach Hause. Die Rechnung übernimmt mein Partner. Sobald es mir wieder besser geht, werden wir sicher wieder ein- bis zweimal im Monat in ein Restaurant gehen. Wir haben nämlich einen guten Griechen um die Ecke und auch einen Gasthof, der gutbürgerliche Gerichte auf der Karte hat.

Kleidung und Schuhe: Privat trifft man mich in Jeans, Pullover und Turnschuhen. In der Schule kleide ich mich formeller, trage Bluse und Blazer. Bei Gesangsauftritten werfe ich mich gern in Schale. Die eleganten Kleidungsstücke habe ich seit Jahren. Wenn ich mehr Geld hätte, würde ich mir auch mal etwas Neues leisten. Ich schlendere nämlich schon gern von Laden zu Laden. Mein letztes Kleidungsstück war eine Jeans der Marke Only für 50 Franken. Übers Jahr gerechnet gebe ich ungefähr 1200 Franken für Kleidung und Schuhe aus.

Freizeit: Seit vier Jahren habe ich eine kleine Hündin namens Bolonka. Einmal täglich mache ich einen längeren Spaziergang mit ihr. In einer Schule darf ich sie in den Unterricht mitnehmen. Ansonsten lasse ich sie zu Hause – zum Glück haben wir einen grossen Garten. Das Futter kostet mich monatlich 50 Franken. Dazu kommt die Hundesteuer (120 Franken pro Jahr) und die Prämie für die Hundeversicherung (640 Franken). Die brauche ich, weil der Tierarzt sehr teuer werden kann.

Für meine anderen Hobbys habe ich nur in den Schulferien Zeit. In den letzten Ferien habe ich mir einen Pullover gestrickt. Ich bin sehr kreativ. Neben Singen spiele ich Querflöte und Klavier. Dazu kommt die Leidenschaft zum Schreiben und Malen. Ich habe die Vision, meine Lebensgeschichte auf Papier zu bringen. Alles in allem gebe ich für Wolle, Farbe und Noten 300 Franken pro Jahr aus.

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Ferien: Ich habe zwölf Wochen Ferien. Wir fahren aber lediglich einmal im Jahr für eine Woche oder zehn Tage weg. Dazu kommt meistens noch ein Wochenendtrip, der ungefähr 1000 Franken kostet. Ich übernehme jeweils die Hälfte. Letztes Jahr hatten wir eine Reise nach Holland geplant. Das Ferienhaus für zehn Tage kam auf 3000 Franken zu stehen. Leider mussten wir die Ferien wegen meines Hirnschlags absagen. Die Kosten wurden uns vollumfänglich zurückerstattet. Der Budgetposten Ferien und Reisen ist insgesamt schwierig zu beziffern. Ich schätze, dass ich jährlich 1500 Franken dafür ausgebe.

Altersvorsorge: Ein paar Jahre nach der Scheidung habe ich angefangen, kleine Beträge in die dritte Säule einzuzahlen. So gut es eben ging. Dieses Jahr werde ich es wohl nicht schaffen. Stand heute habe ich 30’000 Franken angespart. Zudem habe ich seit fünf Jahren eine gemischte Lebensversicherung und zahle monatlich 100 Franken ein. Wofür genau, weiss ich ehrlich gesagt nicht. Ein Versicherungsberater hat mich überzeugt, dass das in meiner Situation nötig sei.

Das Pensionskassenguthaben wurde bei der Scheidung hälftig geteilt. So steht es im Gesetz. Heute habe ich 260’000 Franken in der Pensionskasse.

Steuern: Letztes Jahr habe ich 5280 Franken Steuern bezahlt. Dieses Jahr wird es etwa gleich viel sein.

Geschenke: Meine Kinder und Grosskinder erhalten jeweils am Geburtstag und an Weihnachten ein Geschenk von mir – für 50 bis 100 Franken. Ich schenke gern Gutscheine für ein Restaurant oder zum Wellnessen. Für die Grosskinder kaufe ich meistens etwas zum Spielen, zum Beispiel ein Holzspielzeug oder ein Lego-Set. Dafür kalkuliere ich jeden Monat 100 Franken ein.

Spenden: Wenn ich die Heilsarmee auf der Strasse singen höre, gebe ich meistens 50 Franken. Ich spende auch ans Blaue Kreuz und die Organisation Ärzte ohne Grenzen. Mit ungefähr 50 Franken im Monat gebe ich so etwas weiter.

Sparen und Vermögen: Wie es aussieht, sollte ich jeden Monat 550 Franken auf die Seite legen können. Weil ich aber seit einigen Monaten nicht den vollen Lohn erhalte, ist das zurzeit nicht die Realität. Wegen der Einkommenseinbusse musste ich meinen Notgroschen anzapfen. Stand heute habe ich keinen Rappen auf der Seite.

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Hier können Sie die  Excel-Tabelle  zum Selberberechnen herunterladen.

Wie spüre ich die Inflation?

Ich spüre sie vor allem beim wöchentlichen Einkauf. Für einen vollen Einkaufswagen zahlte ich selten mehr als 100 Franken. Heute kostet mich der gleiche Einkauf meistens 150. Damit es nicht noch teurer wird, mache ich Abstriche und kaufe nur noch sehr selten ein gutes Stück Fleisch wie zum Beispiel ein Bio-Rindsfilet. Letzthin ging unser Rasentrimmer kaputt. Solche grösseren Anschaffungen übernimmt dann jeweils mein Partner. Er hat dafür 300 Franken bezahlt.

Mein grösster Luxus

Meine Instrumente. Vor drei Jahren habe ich mir ein E-Piano für 2500 Franken gekauft. Ich konnte mir das leisten, weil ich mein altes Klavier für 500 Franken eingetauscht habe. Den Restbetrag finanzierte ich aus meinem Ersparten. Zudem besitze ich eine akustische Yamaha-Gitarre (1500 Franken) und eine Querflöte mit Silberkopf. Die kaufte ich vor 20 Jahren für 3000 Franken.

So fühle ich mich

Ich habe manchmal schon Angst, dass ich finanziell nicht durchkomme. Wenn ich nicht einen Partner hätte, der viele Ausgaben übernimmt, könnte ich meine Lebenskosten nicht stemmen. Das finde ich bedenklich. Ich bereue, dass ich meine Ausbildung damals abgebrochen habe. Ich habe in meinem Leben viel geleistet und arbeite heute recht viel – dennoch bin ich immer knapp dran.

Aufgezeichnet von Katrin Reichmuth

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