So können Sie bei den SBB reklamieren
Die SBB verteilen Bussen – auch wenn das Billett nur wenige Sekunden zu spät gekauft wurde. Wir zeigen, wie Sie sich wehren können.
Wer kennt es nicht: Beim Warten auf den Bus wollen Sie Easyride einschalten, die App hängt. Sie sehen den Bus herannahen, tippen auf die App ein. Bus da. Sie steigen ein, gestresst versuchen Sie nochmals, den Regler in der App nach rechts zu schieben. Aha, es hat geklappt, die Fahrt geht los.
Gemütlich setzen Sie sich hin – Billettkontrolle. Sie halten der Kondukteurin den QR-Code hin, und siehe da: «Sie haben das Billett vier Sekunden zu spät gelöst, das gibt eine Busse.» Einige Tage später trudelt der Brief ein – und 90 Franken leichter sind Sie.
Diese Praxis der SBB prangerten schon etliche Schweizer Medien an, etwa «20 Minuten», SRF oder der «Tages-Anzeiger». Nun kommt die Kehrtwende – aber nicht von den SBB.
Entspricht den neuen Lebensrealitäten nicht
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) ist der Ansicht, dass die aktuelle Handhabung von Bussen diskutiert werden muss. Der Mediensprecher des BAV, Michael Müller, sagt: «Gewisse Transportunternehmen haben sich den neuen Lebensrealitäten nicht angepasst». Es sei nicht mehr zeitgemäss, jeder Person, die das Ticket Sekunden nach der Abfahrt gelöst hat, eine Busse auszustellen. Denn: Wenn sich die Person unmittelbar nach dem Einstieg darum bemüht hat, ein Ticket zu lösen, sei sie noch keine Schwarzfahrerin.
Reto Hügli, Mediensprecher der Branchenorganisation Alliance Swiss Pass, sagt dazu: «Sobald wir über die konkreten Anforderungen Bescheid wissen, werden wir den Austausch mit dem BAV suchen und uns überlegen, wie wir die Praxis weiterentwickeln wollen.»
Bis dahin rät Rechtsexpertin Julia Gubler vom Beobachter-Beratungszentrum: «Gegen solche Bussen können Sie sich bei den SBB beschweren.» Das Formular dazu finden Sie hier. «Sollten diese nicht kulant sein, können Sie sich an die Ombudsstelle öffentlicher Verkehr wenden.» Benutzen Sie dazu unseren Musterbrief.
7 Kommentare
Folgende Punkte/Situationen finde ich in diesem Zusammengang interessant:
- Es ist aktuell weiterhin so, dass Personen mit einer Stempelkarte (an Haltestellen ohne Ticketautomaten) ihre Karte im Bus entwerten müssen. Zum Zeitpunkt des Einsteigens verfügen diese Personen also stets über keinen gültigen Fahrschein. Zudem ist es in vollen Bussen manchmal nur schwer und nur zeitverzögert möglich, sich zum Entwerter durchzukämpfen.
- Ich kann als Inhaber:in eines GA 2. Klasse in Fernverkehrszügen stets in der 1. Klasse sitzen und bei einer allfälligen Kontrolle noch einen Zuschlag lösen. Im Glücksfall kann ich so „gratis“ in der 1. Klasse fahren; sofern keine Kontrolle durchgeführt wird. Und: Auch in diesen Fällen habe ich zum Zeitpunkt der Kontrolle keinen gültigen Fahrschein (da ich mit einem Ticket 2. Klasse im falschen Wagen sitze).
Seltsam, dass die beschriebenen Situationen kein Problem darstellen; zu spät gelöste Tickets jedoch streng geahndet werden.
Wenn Tickets erst beim Bemerken des Kontrollpersonals gelöst werden, ist der Betrug ja in der Regel offensichtlich.
Diese Woche passiert mir etwas das ich vorher so noch nicht erlebt hatte. Am Dienstag Morgen musste ich zur Dialyse in den Circle in Flughafen Zürich was ich seit 1 1/2 jahren dreimal die Woche mache muss. Beim Billett lösen streikte Bankkarte und konnte weder bei der Tramhaltestelle noch eingangs Bahnhof ein Billett damit lösen. Hatte auch kein Bargeld auf mir. Folglich fuhr ich auf der Hinfahrt Mit einem mulmigen Gefühl Schwarz. Als ich dann nach 5 Stunden nach hause fahren wollte funktioniert die auch nicht obwohl Geld drauf war. Also musste ich am Bankomat Geld abheben um ein Halbtaxbillett zu lösen. Was ich auch dann gemacht habe. Ich steige also entspannt in den nächsten Zug ein und prompt kommt die Kontrolle. Der Junge kontrolleur schaut sich das billett und den Swispass genau an und sagt ich sei Zwei Minuten zu früh im Zug eingestiegen das koste 90.-Sfr. ich habe ihn völlig verdutzt angeschaut und gedacht gehts noch. Ich fahre sonst nie schwarz mach jeweils eine Tageskarte und dann dass... Ich habe mich noch Vorort beschwert und erklärt was mir passiert ist. Das ich das erstens nicht wusste und zweitens geschockt bin ab solch einer willkürlichen Handhabe. Er kam mir letzlich entgegen und reduzierte die busse auf 10.-. was ich zähneknirschend bezahlte. Nun weiss ich Bescheid! 🤨
Wieso ist das für Schweizer so schwierig zu begreifen?! Wenn der Zug abfährt hat man ein gültiges Billett und zwar nicht eine, zwei Sekunden oder auch nicht ein oder zwei Minuten später! Wenn man ja schliesslich wegen jeder Verspätung ein Theater machen kann. Aber eben organisieren und vorausschauend Denken ist schwierig, das sieht man schon bei unserer Politik.
Mein Sohn (16,5) hat den Zug von Bellinzona nach Zürich genommen. Abfahrt 18.17. Er musste sich das Ticket kaufen. Per Mail bekam ich um 18.19 die Meldung von der SBB: Ticket gekauft. Um 18.30 wurde meinem Sohn ein Busszettel über CHF 90.- ausgestellt mit der Begründung, zu spät gekauft.
Ich habe bei der SBB angerufen, das Ticket wurde 1'58" nach Abfahrt gelöst, und da mein Sohn schon zum dritten Mal in die Kontrolle kommt (zweimal hat er sein Jahresabo zu Hause vergessen, wohlgemerkt: er fuhr nicht schwarz, ich bezahle über CHF 1000.- für sein Jahresabo), kam er jetzt schon in die höhere Strafe von CHF 90.-. Ich hab am Telefon gesagt, da sind wir ja schon bald wie in China mit Strafpunkten / Überwachung usw.! Ich find's echt erschreckend.
Die SBB kommt ihm jetzt entgegen und würde "nur" 30.- für Bearbeitungsgebühr in Rechnung stellen. Ich werde sicher Beschwerde einreichen und komme sehr gern auf die Hilfen vom Beobachter zurück.
Ich muss mich korrigieren: Die Busse beläuft sich auf sage und schreib CHF 160.- (sogenannte Strafpunkte!), wobei nach meinem Anruf bei der SBB der Betrag um 130.- "kulanterweise" gekürzt wurde. Ich werde allerdings die verbliebenen CHF 30.- (ich nehme an für Bearbeitungsgebühren) trotzdem beanstanden, denn das Halbtax-Jahresabo, das ich online zwei Stunden vor der Reise meines Sohnes gekauft hatte, wurde NICHT zeitgleich aktualisiert, so dass er den vollen Betrag für die Reise bezahlen musste (was nach meiner Reklamation aber zu unseren Gunsten korrigiert wurde) und dieser wurde aber sekundengenau registriert, d.h. 1'58'' nach Abfahrt, aber wohlgemerkt zum Zeitpunkt der Kontrolle hatte er einen gültigen Fahrausweis.