8 Ideen für Qualität im Journalismus
Guter Journalismus ist in Gefahr. So wollen ihn Verleger, Journalisten und Politiker retten.
Veröffentlicht am 12. September 2017 - 18:13 Uhr,
aktualisiert am 12. September 2017 - 17:50 Uhr
Vertreter der Medienbranche, der Politik und der Wissenschaft könnten über eine staatlich unterstützte Stiftung gezielt Qualitätsmedien und -journalismus fördern. Dazu würden sie Infrastrukturen bereitstellen, aber auch journalistische Leistungen fördern.
Zum Beispiel mit einer Entschädigung für die kontinuierliche Berichterstattung aus einem Parlament oder durch eine Mitfinanzierung von Korrespondentenstellen. Alle Begünstigten müssten sich dafür konsequent ethischen Branchenstandards unterwerfen. Die Stiftung soll weitgehend über öffentliche Gelder finanziert werden.
Wer aber entscheidet, was Qualität ist? Die Eidgenössische Medienkommission, die die Idee lanciert hat, sieht die Branchenvertreter dafür zuständig.
Der Gründer und Ex-Chef der Onlinezeitung «Watson», Hansi Voigt, arbeitet an einer Plattform namens «Wepublish», über die unterschiedlichste Anbieter ihre journalistischen Inhalte verbreiten sollen. Verlage sollen dadurch verstärkt in den Journalismus investieren können statt in die Entwicklung eigener digitaler Plattformen.
Auch Regionen und Gemeinden mit einer schlechten journalistischen Abdeckung hätten die Möglichkeit, Inhalte über diese Plattform zu verbreiten.
«Wepublish» soll über private und vielleicht auch öffentliche Gelder finanziert werden und nicht gewinnorientiert arbeiten. Diese Idee entspricht weitgehend einem Vorschlag des Präsidenten der Eidgenössischen Medienkommission, Otfried Jarren.
In der Schweiz gibt es nur noch eine grössere Nachrichtenagentur: die Schweizerische Depeschenagentur. Sie bietet ein mehrsprachiges Basisangebot an Nachrichten aus der Schweiz. Man erkennt ihre Artikel am Kürzel SDA.
Die Agentur gehört grösstenteils Schweizer Medienfirmen, die auch Kunden sind. Behörden und andere Organisationen haben den Dienst ebenfalls abonniert. Mit dem Auflagenrückgang der Medien schwinden die Einnahmen der Agentur.
Sichern könnte man das Angebot mit einer indirekten staatlichen Unterstützung, etwa über einen Anteil an einer Mediengebühr, die die jetzigen Empfangsgebühren für Radio und TV sowieso ersetzen soll. Verleger und die Eidgenössische Medienkommission befürworten dies.
Rechtsbürgerliche Kreise verlangen mit der No-Billag-Initiative die Abschaffung der Gebührenpflicht und das Ende der SRG in ihrer heutigen Form. Dadurch würden aber auch private Radio- und TV-Stationen Millionen Franken verlieren, da sie heute einen Teil der Billag-Gebühren erhalten.
Die meisten privaten Verleger sind gegen die Initiative, denn ihre Annahme hätte einen breiten Abbau journalistischer Leistungen zur Folge.
Der Verlegerverband will aber sehr wohl die inhaltliche und geschäftliche Expansion der SRG zurückbinden. Er wirft ihr vor, private Medien zu verdrängen. Insbesondere stören sich die Verleger an der Konkurrenz der SRG im Onlinebereich, wo sie sich steigende Werbeerträge erhoffen.
Grossverlage investieren zunehmend in Internet-Geschäfte, die nichts mit Journalismus zu tun haben.
Eine Gruppe um die Journalisten Constantin Seibt und Christoph Moser hat mit der «Republik» ein digitales Magazin gegründet, das auf Werbung verzichten will. Finanziert wird es über Abonnenten, die zugleich Genossenschafter und somit Mitbesitzer und Verleger der «Republik» sind. Dazu kommen 3,5 Millionen Franken Starthilfe von Mäzenen. Obwohl erst ab 2018 publiziert wird, haben schon über 14'000 künftige Leser ein Abo abgeschlossen, was ebenfalls rund 3,5 Millionen Franken einbrachte. Damit ist die «Republik» für die ersten Jahre gesichert.
Verlage haben den Markt mit Gratismedien überschwemmt. Sie dachten, junge Leser würden sich später für ein kostenpflichtiges Qualitätsprodukt entscheiden. Davon ist bislang nicht viel zu spüren.
Vielleicht, weil auch viele Artikel aus Bezahlzeitungen digital frei zugänglich sind. Die Erträge aus Onlinewerbung, die man sich so erhoffte, sind ebenfalls klein.
Eine Lösung könnten harte Bezahlschranken sein. Leser müssten wieder Abos abschliessen. Doch die Verlage befürchten, zu viele Onlineleser – und damit Attraktivität für Werber – zu verlieren.
Eine weitere Idee ist das Micropayment, also die Möglichkeit, einzelne Artikel zu kaufen. Das scheint sich nur in Fachmedien durchzusetzen.
Über 50 Prozent der Gelder, die in der Schweiz für Onlinewerbung ausgegeben werden, fliessen zu Google oder Facebook.
Admeira, ein Verbund des Ringier-Verlags mit der Swisscom und der SRG, will eigene, anonymisierte Nutzerdaten für personalisierte Werbung einsetzen. Andere Verleger haben gegen Admeira geklagt. Entscheiden muss nun das Bundesgericht.
Die meisten Verlage versuchen, Werbegelder auch über Zugeständnisse an die Werbekunden zurückzuholen. Gegen Bezahlung können sie Artikel in Online- und Printmedien platzieren, die dort unter Bezeichnungen wie «Publireportage», «Paid Post», «Sponsored Content» oder «Advertorial» erscheinen.
Stellen-, Wohnungs- und Autoinserate haben bis zur Jahrtausendwende die Kassen der Medienhäuser gefüllt. Dann wanderte das Geschäft ins Internet ab. Lange versäumten es die Verlage, die Rubrikeninserate dort selber aufzufangen. Heute kontrollieren sie solche Plattformen, vor allem durch teure Zukäufe. Auch Handels- und Verkaufsseiten gehören mittlerweile ins Portfolio der Grossverlage.
Der Erlös aus den neuen Geschäften könnte den Journalismus nach wie vor finanzieren. Die Frage ist, ob die Verlage solche Quersubventionen stützen werden. Sie müssen sich entscheiden, ob sie noch Verleger oder aber Gemischtwarenhändler sein wollen.