Er habe nicht gelogen, sondern nur nicht die ganze Wahrheit gesagt, erklärt Walter Stoop. Diese Masche wendet er seit letztem August an, und Angestellte, Darlehensgeber, Lieferanten und auch Journalisten fallen darauf herein.

So berichtete der Beobachter in der letzten Ausgabe (4/12) wohlwollend über den Gründer der Xelor Fondation in Walenstadt – einer Aus- und Weiterbilungsstätte für Paraplegiker, körperlich behinderte sowie Menschen mit Einschränkungen. Stoop, der aufgrund einer Nervenkrankheit mit 56 Jahren plötzlich auf den Rollstuhl angewiesen war, wollte sich nicht in sein Schicksal ergeben und beschloss eine Ausbildungsstätte mit zwölf Ausbildungsplätzen für Uhrmacher, Goldschmiede, kaufmännische Angestellte und Maschinengraveure zu schaffen. Im Interview mit dem Beobachter zeigte sich Stoop als selbstbewusster und kämpferischer Mann, der sich für sein eigenes, aber vor allem für das Wohl anderer Menschen mit Behinderung einsetzt.  
Alles in allem scheint Stoops Xelor Fondation im Grundsatz ein lobenswertes und fördernswertes Projekt. Aber eben nur im Grundsatz. Überraschend meldeten sich nach Erscheinen des Artikels ehemalige Mitarbeiter Stoops beim Beobachter und schilderten dessen Geschäfte in anderem Licht. Weitere Recherchen des Beobachters zeigten, dass die Xelor Fondation gar keine eingetragene Stiftung ist, sondern eine Firma, die eine Reihe frustrierter Ex-Mitarbeiter mit unbezahlten Löhnen zurücklässt.

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«Stoop ist eben ein guter Redner»

«Ich war wirklich blind», gesteht sich heute Christian Beer ein. Der ehemalige Uhrmachermeister bei Xelor war es, der den Beobachter im letzten September auf Walter Stoop aufmerksam machte. Gelockt habe ihn Stoop mit einem Bruttolohn von 7500 Franken und der Aussicht, Gutes für Menschen mit Behinderung zu tun. «Stoop ist eben ein guter Redner», erklärt Beer. Als im August erstmals sein Lohn ausblieb, glaubte Beer noch an Startschwierigkeiten. Ende September erhielt er zwar den Augustlohn, aber ein grosser Teil des Septembersalärs fehlte. Oktober und November fielen sogar komplett aus. Davon allerdings erfuhr der Beobachter nichts.

Auch dass Uhrmacher Stoop, seit einer Krankheit selber im Rollstuhl, vormundschaftlich betreut wird, erfuhr der Beobachter erst im Nachhinein. Offenbar hatte die Amtsvormundschaftsbehörde der Sozialen Dienste Sarganserland Vorbehalte gegenüber der Xelor Fondation. So fühlte sich Stoops Beistand Markus Ebli trotz Schweigepflicht verpflichtet, eine «finanziell gefährdete» Angestellte Stoops schriftlich vor seinem eigenen Klienten zu warnen: «Die Finanzierung der Xelor Fondation ist aufgrund der mir zur Verfügung stehenden Informationen in keiner Weise gesichert», heisst es in einem Brief vom Oktober. Mehr will Ebli wegen des Amtsgeheimnisses auch heute nicht dazu sagen.

«Das alles hat sich so ergeben»

Tatsache ist, dass Stoop gegenüber seinen Mitarbeitern alles tat, um vorhandene Schwierigkeiten zu kaschieren. Nachdem der erste Leiter der Goldschmiedewerkstatt wegen ausbleibenden Lohns schon nach anderthalb Monaten gegangen war, stand mit Michael Fuller sofort ein Ersatz da. Vom Vorgänger gewarnt, reagierte er unverzüglich, als sein Lohn Anfang Oktober ausblieb. Fuller erhielt zwei Maschinen als Pfand. Nachdem er den Septemberlohn bekommen hatte, gab er eine davon zurück. Erst als er erfuhr, dass andere Mitarbeiter ebenfalls keine Lohnzahlungen erhalten hatten, reichte es auch ihm. Er verliess die Firma Ende Oktober.

Weil Stoop aber auch den Oktoberlohn nicht zahlen konnte, kam es erneut zu Streit. Fuller behielt die zweite Pfandmaschine und forderte seinen Lohn. Stoop rief die Polizei und bezichtigte den ehemaligen Werkstattleiter des Diebstahlversuchs. Fuller konnte der Polizei die schriftliche Pfandvereinbarung zwar vorlegen, Stoop sieht sich indes bis heute als Opfer einer Erpressung: «Herr Fuller drohte, nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen, wenn ich die Vereinbarung nicht unterschreibe.»

Auch bei anderen Mitarbeitern drehte Stoop kurzerhand den Spiess um. So verliess Fullers Nachfolgerin die Firma bereits im Dezember wieder, weil Stoop ihr Diebstahl vorwarf. Denselben Vorwurf machte er der Auszubildenden Rahel Roth, die wegen der belastenden Situation schon nach drei Monaten kündigte. Stoop sagt, sie habe einen Ring und Silber entwendet – «ich habe keine Beweise, aber ich bin sicher, dass sie es war». Ein Vorwurf, den Roth zurückweist. Roth soll zudem über 5000 Franken Ausbildungsgeld nachzahlen. Für sie ein Schock: «Beim Einstellungsgespräch versicherte mir Stoop im Beisein meines Ausbildners und meines Ansprechpartners bei der Pro Infirmis, es lasse sich eine Stiftung finden, die für die Ausbildung aufkommt. Nie war die Rede davon, dass ich sie selber bezahlen muss.»

Enttäuscht von Stoop ist auch Anton Bischof. Er zahlte das Ausbildungsgeld für seine Tochter Leandra in Höhe von 36'000 Franken für zwei Jahre gleich bei Lehrantritt im September. Zusätzlich gewährte er der Xelor ein Darlehen von 15'000 Franken. Weil Leandra gut drei Monate später aufgrund der unsicheren finanziellen Zukunft der Firma kündigte, stünde ihr noch eine Rückzahlung von rund 31'000 Franken Ausbildungsgeld zu. Bis heute hat sie kein Geld gesehen. Stoop beteuert, er werde das sofort nachholen, sobald es die finanzielle Situation zulasse. Dem Beobachter ist eine weitere Mitarbeiterin bekannt, die auf 14'000 Franken Lohnnachzahlung wartet.

Konfrontiert mit den neu bekannt gewordenen Vorwürfen, sagt Stoop: «Das alles hat sich so ergeben. Gewisse Leute sind deshalb enttäuscht von mir. Aber man konnte ja immer mit mir reden.» Er sei überzeugt, dass die Gründung seiner Stiftung bis Ostern endlich gelingen werde.