Peter Vettigers gelbe Taxiflotte ist im Zürcher Oberland nicht zu übersehen. Der Firmenname Yellow Cab verbreitet sogar das Flair von New York. Mit Billigtarifen umwirbt er das breite Publikum, einer gehobenen Kundschaft offeriert er exklusivere Fortbewegungsmittel: von der Limousine bis zum Helikopter. Vettiger ist ein erfolgreicher Unternehmer.

Geht es aber um das Bezahlen von Steuern, AHV-Beiträgen und Krankenkassenprämien, ist der Taxikönig arm wie eine Kirchenmaus. Seit Jahren wird das Ehepaar Vettiger deswegen in schöner Regelmässigkeit betrieben. Doch vor allem die Steuerbehörden müssen sich meist mit Verlustscheinen begnügen. Das steuerbare Einkommen ist mit 19'000 Franken im Jahr 2002 lächerlich gering und ein Vermögen nicht vorhanden.

Die Armut erstaunt. Immerhin sind laut Vettiger 37 Fahrer für Yellow Cab unterwegs. Einzelne erwirtschaften, so zeigt eine interne Rekordliste, bis zu 12'000 Franken Umsatz pro Monat. Zwar sind die Fahrer formal selbstständig, aber die Firma kassiert mit: Wer Taxis mietet, liefert bis zu 40 Prozent des Umsatzes ab. Fahrer mit eigenem Taxi zahlen mindestens 35 Franken täglich. Das Geld fliesst laut Exfahrern bar: «Ich wollte auf ein Bankkonto einzahlen», erinnert sich Franz Scherrer, «aber Heidi Vettiger liess das nicht zu.» Peter Vettiger bestreitet das. Bargeldzahlungen seien allerdings üblich, wie in anderen Taxibetrieben auch. «Alle Einnahmen werden korrekt verbucht», sagt er. Die beiden Firmen Yellow Cab by TZO und GLM Limousine Management «werfen keinen Gewinn ab, weil wir Überschüsse sofort wieder in die Firmen investieren».

Hilfreiche unklare Besitzverhältnisse


Die Firmen expandieren, der Unternehmer bleibt arm. Ein derartiges Bild müsste bei Behörden Misstrauen wecken. Tut es aber nicht. «Selbstständige können nur schlecht kontrolliert werden», sagt der stellvertretende Betreibungsbeamte Michael Stöckli in Gossau ZH. «Liefert ein Gläubiger konkrete Hinweise auf verstecktes Vermögen, gehen wir der Sache nach.»

Die Antwort ist typisch. Man nehme den Hinweis zur Kenntnis und werde ihn prüfen: So antworten Behörden, wenn der Beobachter sie auf mögliche Gesetzwidrigkeiten der Vettiger-Firmen anspricht. Dabei ist Vettiger kein unbeschriebenes Blatt; der Beobachter hatte bereits vor sieben Jahren über seine Geschäftspraktiken berichtet (Nr. 10/1997). Illegal ist zum Beispiel, dass weder die Taxifirma Yellow Cab noch die beteiligten Personen im Handelsregister eingetragen sind. Oder dass Gemeinden ihnen Taxi-Standplätze zuteilen. Denn die Zürcher Submissionsverordnung schliesst Firmen aus, die Steuern und Sozialabgaben nicht bezahlen.

Nützlich im Verkehr mit Behörden sind die unklaren Besitzverhältnisse der Firmen. So bewarb sich im Jahr 2000 Vettigers Bruder Heinrich für einen Standplatz der Gemeinde Pfäffikon ZH – und erhielt ihn dank seinem eigenen blanken Auszug aus dem Betreibungsregister. «Ich bin gemeinsam mit Peter und Heidi Vettiger Eigentümer von Yellow Cab und GLM», sagt Heinrich Vettiger. Aber weder sein Bruder noch er wollen beantworten, welche Rechtsform diese Firmen aufweisen: «Mich hat das bisher nicht interessiert. Ich denke, der Beobachter hat genügend Juristen, um dies selbst zu beurteilen.» Eine erstaunliche Aussage für jemanden, der sich als selbstständiger Unternehmensberater bezeichnet.

Gut zur wolkigen Struktur der Firma passt, dass sie zwar über fast 40 Fahrer, aber keinen einzigen Angestellten verfügt. Alle gelten als selbstständig und haben Konzessionsverträge abgeschlossen – sehr zum Nutzen von Yellow Cab, denn so gelten die Arbeitszeitvorschriften für angestellte Taxifahrer nicht.

«Man ist zwölf Stunden im Einsatz, und dies an fünf bis sechs Tagen der Woche», erinnert sich ein Exfahrer, der nicht namentlich genannt werden will. Als Arbeitsloser hatte er bei Yellow Cab angeheuert. Obwohl theoretisch selbstständiger Taxiunternehmer, musste er gegen seinen Willen vor allem Abend- und Nachtschichten fahren – und anschliessend jeweils fast eine Stunde lang das Taxi putzen. «Ein Privatleben ist nicht mehr möglich, ich schlief jeweils den ganzen Tag.» Der Lohn für die Plackerei: netto etwa 3000 Franken monatlich.

«Ich wurde aufs Ärgste ausgebeutet»


«Wer flexibel ist und sich anstrengt, verdient sogar besser als in der Stadt Zürich», sagt dagegen Peter Vettiger. Und betont: «Die Suva Wetzikon hat alle Fahrer als selbstständig anerkannt.» Tatsächlich liefert die Suva Wetzikon Persilscheine und erklärt die Yellow-Cab-Fahrer zu freien Unternehmern. So auch Franz Scherrer. Dies obwohl er laut Vertrag bezüglich der Einsätze und Preise null Spielraum hatte. Dem angeblich freien Unternehmer war sogar das Tragen kurzer Hosen verboten.

Die schriftliche Stellungnahme von Suva-Sprecher Manfred Brünnler zu diesen fragwürdigen Entscheiden ist lang und gewunden: Zwar seien die Verträge in einigen Punkten problematisch, und eine Überprüfung sei hängig. Anderseits sei für viele Arbeitslose das selbstständige Taxifahren oft die «letzte berufliche Chance». Diese wolle man nicht «durch eine sehr restriktive Auslegung von vornherein ausschliessen». Im Klartext: Die Suva hat ein Auge zugedrückt – aus sozialen Gründen.

Exfahrer Franz Scherrer schüttelt ob dieser Argumente den Kopf: «Ich wurde anderthalb Jahre lang mit dem Segen der Suva aufs Ärgste ausgebeutet.» Eine Rechtsanwältin hatte seinen Vertrag geprüft und war zum «deutlichen» Schluss gekommen, Scherrer sei Arbeitnehmer und Vettiger habe die AHV-Arbeitgeberbeiträge zu bezahlen.

Noch vor sechs Jahren hatte die Suva Wetzikon rechtlich korrekt geurteilt. Dem damaligen Yellow-Cab-Fahrer John Uster bescheinigte sie, dass er Arbeitnehmer sei. Als Uster Vettiger aufforderte, die Sozialabgaben zu bezahlen, kündigte ihm Vettiger kurzerhand den Vertrag. Uster musste gerichtlich vorgehen. Den ausstehenden Lohn erhielt er erst auf eine Betrei-bung hin. Die AHV-Arbeitgeberbeiträge sind laut Auskunft der Sozialversicherungsanstalt Zürich bis heute nicht bezahlt. Vettiger behauptet, Uster habe seine Einnahmen bei den Sozialversicherungen nicht angemeldet; dies aber wäre Aufgabe des Arbeitgebers.

Standplatz ohne Bewilligung erhalten


Zufall oder nicht: Die inzwischen gegenüber Vettiger so entgegenkommende Suva-Zweigstelle liegt in Wetzikon, wo die Behörden ihm wohlgesinnt sind. Zwar sagt Gemeindepräsident Max Homberger: «Ich bin mit Peter Vettiger befreundet, habe jedoch als Gemeindepräsident auch ihn nie begünstigt.» Auffallend ist aber, dass Yellow Cab auch hier im Jahr 2000 einen Taxistandplatz am Bahnhof erhielt – ohne Ausschreibung. Die Gemeinde bemühte sich nicht einmal, die nötige Bewilligung der Kantonspolizei für den Platz einzuholen.

Auch heute sieht Homberger keinen Handlungsbedarf: «Es geht um einen einfachen Mietvertrag, nicht um eine Submission. Sollte Peter Vettiger an seinem Wohnort die Steuern nicht bezahlen, so ist dies unschön, aber kein Grund für eine Vertragsauflösung.» Peter Vettiger seinerseits hatte sich zwei Jahre zuvor etwas Spezielles für seinen Schulfreund einfallen lassen – er machte Wahlwerbung auf einem Taxi: «Simply the best: Max for President».

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