Gewerkschaft vergisst den 1. Mai
In der Zürcher Elektrobranche soll der 1. Mai nicht mehr bezahlter Feiertag sein. Denn die Unia hat ihn bei Verhandlungen verschlafen.
Veröffentlicht am 28. April 2009 - 08:23 Uhr
Mehrere Arbeitgeber aus der Elektrobranche haben ihren Angestellten mitgeteilt, dass der 1. Mai für sie kein bezahlter Feiertag mehr sei. Dies berichten besorgte Angestellte dem Beobachter. Müssen sie also am 1. Mai arbeiten?
«Auf keinen Fall», sagt Gilbert Brülisauer, Sekretär des Kantonalverbandes Zürcher Elektro-Installationsfirmen (KZEI). Man habe sich über die Rechtslage informiert und erfahren, dass das gar nicht erlaubt sei. Das bestätigt Georg Aerni vom kantonalen Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA), Bereich Arbeitsbedingungen: Der 1. Mai sei in Zürich ein gesetzlich vorgeschriebener Ruhetag. «Nur in Ausnahmefällen wird eine Arbeitszeitbewilligung erteilt, die einen Betrieb berechtigt, seine Angestellten an diesem Tag aufzubieten», hält Aerni fest.
Die Elektrobranche bleibt dagegen bei ihrer Position: Entschädige der Arbeitgeber den arbeitsfreien 1. Mai nicht freiwillig, müssten die Angestellten die fehlenden Stunden kompensieren oder den Tag unbezahlt frei nehmen. Die Arbeitgeber berufen sich auf die kantonalen Ergänzungsbestimmungen zum Gesamtarbeitsvertrag (GAV), in denen der 1. Mai nicht mehr als bezahlter Feiertag erwähnt ist, seit sie neu formuliert wurden. Zuvor waren in den Ergänzungsbestimmungen nämlich zehn statt der im GAV festgelegten neun Feiertage aufgeführt: Damit hatten sie den Arbeitnehmern mehr Rechte eingeräumt als der GAV, was korrigiert werden musste.
Bei der Gewerkschaft Unia ist man gar nicht erfreut, dass nun ausgerechnet der Tag der Arbeit in der Liste der bezahlten Feiertage fehlt. Zumal die Unia einen Teil der Schuld auf die eigene Kappe nehmen muss: Sie nahm an den Verhandlungen über die neuen Ergänzungsbestimmungen teil. «Dabei haben wir schlicht und einfach vergessen, den 1. Mai zu erwähnen», sagt René Lehmann, Sektorleiter Gewerbe bei der Unia. Die Unia wolle jedoch mit dem Verband der Arbeitgeber reden. Lehmann zeigt sich optimistisch: «Es handelt sich ja nur um eine Kleinigkeit, die behoben werden muss.»