Im Gummiboot durch paradiesische Gefilde
Viel Sonne, viel Wasser, viel Grün – das sind die Hauptzutaten einer sommerlichen Gummiboottour. In verschiedenen Regionen der Schweiz gibt es herrliche Strecken zu entdecken. Wir stellen Ihnen drei Routen vor.
aktualisiert am 11. Juli 2018 - 14:33 Uhr
Ein bisschen Rhein muss sein
Mitte des 17. Jahrhunderts bot eine belgische Gesellschaft an, den Rheinfall zu sprengen. Er galt als lästiges Schifffahrtshindernis. Zum Glück kam es nicht so weit. Die stiebenden Wassermassen sind ein einzigartiges Naturschauspiel .
Vor dieser Kulisse booten wir ein, 100 Meter unterhalb des Schlössli Wörth. Das Wasser des Rheins ist hier oft noch leicht wellig. Typisch sind auch Schaumflocken. Sie stammen von natürlichen Tensiden im Flussgras, die vom Wasserfall aufgeschäumt werden und hübsche Marmormuster auf der Wasseroberfläche bilden. Die Ufer sind üppig grün bewachsen. Mit dem Schloss Laufen hoch über dem Rheinfall im Rücken werden wir südwärts getragen.
Nach einer weiten Linksbiegung erscheint linkerhand ein Militärbunker. Die Mutigen springen davon herunter und platschen ins Wasser. Dann folgt auf derselben Flussseite die beliebte Badi Dachsen. Für eine Glace können wir kurz an Land hüpfen. Und flott geht’s weiter!
Allmählich wird das Flussbett breiter, und die Strömung verlangsamt sich wegen dem Rückstau des Kraftwerks Rheinau. Der Rhein eignet sich hier wunderbar zum Baden . Aber Achtung: An sonnigen Sommerwochenenden sind oft viele kleine Rheinschiffe unterwegs. Am besten in Ufernähe bleiben.
Die Auswasserungsstelle am Stauwehr Rheinau liegt rechterhand: eine breite Treppenanlage. Wir booten aus und tragen das Boot entweder über 60 Meter an Land um das Hindernis herum oder benutzen den Rollwagen der Bootstransportanlage.
Letzeres macht viel Spass. An Tagen mit viel Bootsbetrieb wird es von den Rheinkapitänen allerdings nicht gern gesehen, weil für sie lange Wartezeiten entstehen.
Im Unterwasser heisst es rasch wegpaddeln. Die Strömung könnte einen zum Wehr zurückziehen. Zum Rasten bietet sich der folgende linksufrige Grashang an, wo Apfelbäume Schatten spenden. Malerisch steht die Bergkirche über dem Rebberg von Rheinau. Und schon kommt auch das Barockkloster Rheinau in den Blick. Auf einer Insel erbaut, war es immer gut gegen Angriffe geschützt.
Für einen kurzen Weg zur Bushaltestelle steuern wir in den linken Flussarm und booten unmittelbar nach der Klosterbrücke an einer kleinen Wiese aus. Um das Klostergebäude aber in seiner ganzen Pracht zu sehen oder noch vom Land aus zu baden, paddeln wir rechts am Kloster vorbei und landen links bei einer einzeln stehenden Zypresse, dem Picknickplatz Rheingasse, an. Vor der Heimreise lohnt es sich, noch einen Blick in die Klosterkirche zu werfen.
Einstieg:
Neuhausen: Einwasserungsstelle rechtsufrig, ca. 100 m nach dem Schlössli Wörth
Ausstieg:
Rheinau: kleine Wiese linksufrig nach der Klosterbrücke
Dauer:
3 – 4 h
Länge:
7 km
Beachten:
Rheinschiffe
An Tagen mit viel Ausflugsbetrieb das Ufer entlang fahren. Frühzeitig vor Stauwehr Rheinau rechts halten, dort an der Treppenanlage rechts aussteigen und das Boot darum herumtragen; bei wenig Verkehr von Rheinschiffen ist die Benützung der Bootstransportanlage möglich (per Telefonanlage unter Wehrbrücke anmelden).
Bootsverleih:
www.sportegge.ch, Tel: 079 315 55 85.
Der sanfte Reiz des fernen Ostens
«Ist eure Dschunke schon flott?», ruft uns der ältere Reiter zu, der die Montlinger Brücke über den Binnenkanal überquert. Im Rheintal ist jeder mit jedem per Du. Und dass wir nicht aus der Gegend sind, kann er nicht ahnen. Jenseits des Rheintals ist sein Binnenkanal nämlich noch ein Geheimtipp. «Heb einen schönen Tag!», rufen wir also zurück.
Über die Grasböschung nach dem Kleinkraftwerk Montlingen setzen wir ein. Einzeln stehende Bäume säumen wie eine Allee unsere glitzernde Wasserstrasse. Das ist hübsch – gepflanzt wurden sie es allerdings aus praktischen Gründen. Sie schützen die umliegenden Felder vor der Winderosion. An den Dämmen zirpen Grillen, und auf den kleinen Wellen schaukelt sanft unser Boot. Immer wieder erhaschen wir Blicke auf Appenzeller Höhen und das österreichische Bregenzerwaldgebirge.
Wir durchqueren nun das Naturschutzgebiet Schollenriet, wo bis Ende der 1990er-Jahre noch die Förderbänder einer Torffabrik ratterten. Vom einstigen Moorland, das sich über weite Teile des Rheintals erstreckte, ist allerdings kaum noch etwas zu merken. Die Meliatoren haben ganze Arbeit geleistet.
Um unsere Wurst zu grillieren, halten wir Ausschau nach einer Treppe am linken Ufer. Sie führt zum Tratthof Balgach hinter den Bäumen mit einer öffentlichen Feuerstelle und einem WC. Es ist die einzige Rastmöglichkeit der Strecke.
Auf einem folgenden kurzen Stück wurde der Kanal revitalisiert und umfliesst zwei kleine Inseln. Wenig später münden von links und rechts zwei kleine Kanäle ein. Sie führen uns den Zweck des Binnenkanals vor Augen: die Seitenbäche des Rheintals aufzunehmen und parallel zum Alpenrhein in den Bodensee abzuleiten. In der Ferne zeigt sich nun der Säntis mit seinem Sendeturm. Mit seinen 2502 Metern ist er die höchste Erhebung des Alpsteins und der bekannteste Berg der Ostschweiz.
Der so angeschriebene braune «Sonnensteg» gehört zur Gemeinde Widnau. Ab hier bis zum Ausstieg wird der Kanal uns durch Siedlungs- und Industriegebiet führen.
Leuchtende orangefarbene Steine im Wasser vor der gedeckten Nöllenbrücke machen ein paar Ausweichmanöver notwendig. Es handelt sich um sogenannte Störsteine, die dazu dienen, verschiedene Fliessgeschwindigkeiten für die Fische zu erzeugen.
Bald nach dem Ortsausang erscheinen kanalabwärts die Rebberge von Au. Bei der Treppe vor der Stahlbogenbrücke vor einer Kurve – nur wenige Schritte vom Bahnhof Au – können wir unsere kleine Expedition beenden, oder aber noch eine knappe halbe Stunde weiterpaddeln zum Baden im Natursee beim Bruggerhorn.
Einstieg:
Montlingen: rechtsufrig nach der Brücke beim Kleinkraftwerk
Ausstieg:
Au: rechtsufrig vor der Stahlbogenbrücke beim Bahnhof
Dauer:
3 – 4 h
Länge:
12,2 km
Beachten:
Kanal seicht mit kaltem Wasser, zum Baden nicht geeignet
Bootsverleih:
www.steigmatt.ch, Tel. 076 517 66 32; Armee-Gummiboote
Flussabenteuer mit Saane
Das Berner Nest Gümmenen ist vor allem durch einen Krieg bekannt. Die Berner und die Freiburger stritten sich 1331 bis 1333 dort unter anderem um den Saaneübergang .
Seit annähernd 300 Jahren steht an jener Stelle nun eine behäbige gedeckte Holzbrücke, und hier beginnen wir unsere Tour. Sanft nimmt uns die Strömung mit und trägt uns direkt auf einen hohe Felswand zu. Darunter dreht die Saane scharf nach rechts ab. Kleine Wellen ruckeln am Boot – und es gilt Treibholzhaufen auszuweichen. Auf den folgenden Kilometern säumen bei tieferen Wasserständen Kiesbänke die Ufer, die nur locker bewachsen sind.
Ab dem aufgehängten Saanesteg lässt die Strömung nach. Verantwortlich ist die schneller fliessende Aare, die die Saane von deren Mündung her zurückstaut. Frassspuren an Silberweiden verraten, dass hier der Biber aktiv sein muss. Mächtig ragt die Sandsteinwand Runtigenflue vor uns empor und beschwört Bilder kalifornischer Nationalparks herauf. Mit etwas Glück sieht man Gämsen darin klettern. Am Saanespitz erreichen wir die Aare. Sie führt uns nach links in den Niederriedstausee. Dieser liegt eingebettet zwischen sanften Hügeln und ist von Tümpeln und Feuchtwiesen umgeben.
Wo am rechten Ufer Boote vertäut liegen – am Fahr Oltigen – ist das Anlanden und Baden als einzigem Ort im Naturschutzgebiet erlaubt. Von dort kann man auch in ein paar Fussminuten den Aussichtspunkt in der Runtigenflue erklimmen und einen herrlichen Weitblick über die Saane geniessen.
Vorbei an breiten Schilfgürteln paddeln wir dem Jura-Höhenzug Chasseral entgegen. Nach einer halben Stunde erreichen wir am rechten Ufer die signalisierte Auswasserungsstelle des Stauwehrs Niederried-Radelfingen. Dort heben wird das Boot aus dem Wasser und folgen dem Wegweiser «Schiffstransport und Information».
Auf sanften Windungen treiben wir weiter Richtung Aarberg. Auch hier begegnen wir immer wieder hohen Felswänden. Die Strömung nimmt stetig ab wegen dem Rückstau des Kraftwerks Aarberg, man kann ganz entspannt baden. In den Uferböschungen lassen sich Eingänge zu Biberbauten entdecken.
Auf den letzten drei Kilometern ab dem Steg Niederried–Radelfingen heisst es wieder ran an die Paddel. Ein grosser gestreifter Silo am rechten Ufer – er lagert Schweizer Rübenzucker – kündigt das Ende unserer Tour an. Die Auswasserungsstelle des Stauwehrs Aarberg befindet links gegenüber und ist signalisiert. Das Städtchen hat einen sehenswerten mittelalterlichen Marktplatz. Er liegt am Weg zum Bahnhof.
Einstieg:
Gümmenen: rechtsufrig unter der gedeckten Holzbrücke
Ausstieg:
Aarberg: signalisierte Auswasserungsstelle linksufrig vor der Stauwehr Aarberg
Dauer:
3 – 4 h
Länge:
13,8 km
Beachten:
Boot beim Rasten an der Saane genügend weit an Land ziehen, da der Wasserspiegel im Laufe des Tags schwanken kann. Baden im Niederriedstausee nur beim Fahr Oltigen erlaubt. Frühzeitig vor der Stauwehr Niederried–Radelfingen das rechte Ufer entlang fahren (signalisiert).
Geführte Touren:
Siesta Oppi, www.siestaoppi.ch, Tel. 031 741 91 92
- Nur geübte Schwimmerinnen und Schwimmer wagen sich auf fliessende Gewässer. Das gilt auch für Kinder.
- Befahren Sie nur Strecken, von denen Sie aus verlässlicher Quelle wissen, dass sie geeignet sind.
- Verzichten Sie an Tagen nach starken Regenfällen auf Flussfahrten. Bei Hochwasser ist die Strömung reissend, und Schwemmgut kann Boot und Passagieren gefährlich werden.
- Verwenden Sie ein intaktes Boot und belastbare Paddel (wenn sie teilbar sind, am besten aus starken Rohren, die sich ineinanderschieben lassen, nicht mit einem Verbindungsstück aus Plastik).
- Rettungswesten sind für alle Unternehmungen empfehlenswert, nicht zuletzt, weil man so anderen besser helfen kann.
- Fahren Sie vorausschauend und halten Sie viel Abstand zu Hindernissen.
- Verzichten Sie auf Alkoholgenuss. Er kann die Reaktionsfähigkeit einschränken.
- Binden Sie Boote nicht zusammen, sie sind sonst nicht mehr manövrierbar.
- Schützen Sie sich mit T-Shirt, einer Kopfbedeckung und Sonnencreme vor der Hitze und der Sonneneinstrahlung. Auf dem Fluss gibt’s meist keinen Schatten.
Weitere Sicherheitstipps der Schweizerischen Rettungsgesellschaft SLRG – unter anderem die «Flussregeln» und die «Baderegeln» – sind abrufbar unter www.slrg.ch.
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Iwona Eberle (Autorin) und Christoph Hurni (Bilder): «Gummibootführer Schweiz»; 248 Seiten; CHF 39.90.
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