Lizenz zum Jobben
Was im Zeugnis steht, kann über die berufliche Zukunft entscheiden. Doch allzu oft ist der Inhalt Glückssache. Dabei gibt es klare Vorschriften, was in ein Zeugnis gehört – und was nicht.
Veröffentlicht am 17. Januar 2006 - 18:09 Uhr
Arbeitszeugnisse sind unentbehrliche Leistungsausweise und entscheidend fürs berufliche Fortkommen eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin. Immer häufiger haben daher Richter bei der Zeugnisformulierung das letzte Wort. Hier die Antworten von Gerichten auf wichtige Fragen:
Wer hat worauf Anspruch?
Nach Gesetz haben Arbeitnehmende jederzeit Anspruch auf ein Zeugnis, das sich über die Dauer der Anstellung, die Tätigkeit, die Leistungen und das Verhalten während des Anstellungsverhältnisses ausspricht. Im Einverständnis mit dem Angestellten kann der Arbeitgeber eine blosse Arbeitsbestätigung ohne Leistungsbeurteilung ausstellen. Den Anspruch auf ein Vollzeugnis hat das Bundesgericht vor drei Jahren bekräftigt: «Der Arbeitnehmer hat die Wahl, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis (Vollzeugnis) oder ein einfaches Zeugnis (Arbeitsbestätigung) zu verlangen. Eine gegen seinen Willen ausgestellte Arbeitsbestätigung kann er somit verweigern.»
Gibt es ein Wahlrecht über den Inhalt?
Ein Vollzeugnis muss ein umfassendes Bild von Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers liefern. Das Bundesgericht lehnte daher den Wunsch eines Angestellten ab, eine Verhaltensbeurteilung, die ihm nicht passte, aus dem Zeugnis zu streichen. Ein Arbeitnehmer, der sich für ein Vollzeugnis entscheidet, habe kein Wahlrecht, entweder nur seine Leistungen oder nur sein Verhalten beurteilen zu lassen, so das Gericht.
Wohlwollend solls sein – aber auch wahr?
Die Pflicht, ein Zeugnis auszustellen, gehört zu den Fürsorgepflichten des Arbeitgebers. Demnach darf er das wirtschaftliche Fortkommen seines Angestellten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht behindern. Zeugnisse sollten daher wohlwollend formuliert werden. Allerdings – so das Bundesgericht – findet das Wohlwollen seine Grenze an der Wahrheitspflicht: Angestellte haben Anspruch auf ein objektiv wahres, nicht aber auf ein gutes Arbeitszeugnis. «Das Zeugnis darf und muss deshalb auch ungünstige Tatsachen und Beurteilungen enthalten, ausser es handle sich um einmalige Vorfälle und Umstände, die für den Arbeitnehmer nicht charakteristisch sind», so der Urteilsspruch von 1998.
Gehören Titel und Funktion ins Zeugnis?
Ein Angestellter, der in einer Firma mit Handlungsvollmacht, aber ohne Untergebene tätig war, forderte einen Hinweis auf seine – im Arbeitsvertrag erwähnte – Kaderfunktion sowie auf spezielle Titel. Das Bundesgericht lehnte dies ab: Ein Arbeitszeugnis solle es Aussenstehenden erlauben, sich ein zutreffendes Bild über den Arbeitnehmer zu machen. Nicht entscheidend sei dabei, ob der Kläger von seinem Arbeitgeber zum Kader gezählt wird, sondern ob er tatsächlich eine Stellung innehat, die ein Dritter als Kaderposition einstufen würde. Im vorliegenden Fall könne der unzutreffende Eindruck entstehen, der Kläger sei Vorgesetzter anderer Mitarbeiter, so das Gericht. Es genüge daher, auf die Handlungsvollmacht hinzuweisen. Auch die vom Kläger gewünschten Titel mussten nicht ins Zeugnis aufgenommen werden, da sie der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit nicht entsprachen.
Sind zweideutige Floskeln erlaubt?
Viele Arbeitgeber scheuen sich, negative Wertungen ins Zeugnis aufzunehmen. Sie verwenden lieber Floskeln, die zwar schön klingen, von anderen Arbeitgebern aber sofort als negativ erkannt werden. Das Arbeitsgericht Zürich hat schon vor längerer Zeit festgestellt, dass Formulierungen wie «Herr X bemühte sich, seine Aufgaben bestens zu erledigen» gegen das Gebot von Klarheit und Unzweideutigkeit des Zeugnisses verstossen. Denn dieser Satz sage zwar etwas «über die Einstellung und den Leistungswillen des Arbeitnehmers, hingegen nichts über die tatsächlich erbrachte Leistung aus», befand das Gericht. «Gerade das Fehlen einer solchen Qualifikation wirkt sich im Kontext negativ aus; jedem Personalchef fällt dieser Nebensinn auf.» Kurzum: Solche Wendungen, auch Codierungen genannt, sind unzulässig.
Dürfen Krankheiten erwähnt werden?
Ein Hinweis auf eine Krankheit im Zeugnis ist dann gerechtfertigt, wenn diese einen gravierenden Einfluss auf die Leistung oder das Verhalten des Arbeitnehmers hatte oder wenn das Arbeitsverhältnis deshalb gar aufgelöst wurde. In einem konkreten Fall legte ein manisch-depressiver Angestellter eines Tages unvermittelt die Arbeit nieder und liess die Geschäftsführung wochenlang ohne Nachricht und Arztzeugnis. Die Krankheit dürfe daher im Zeugnis erwähnt werden, entschied das Zürcher Arbeitsgericht, zumal der Arbeitnehmer ja auch die Pflicht habe, sein nicht vollständig kontrollierbares Leiden einem neuen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch zu offenbaren. Das Zeugnis enthielt folgenden zulässigen Text: «Herr X verlässt uns infolge gesundheitlicher Probleme.»
Welches Datum gilt?
Als Austrittsdatum ist der Endtermin der ordentlichen Kündigungsfrist ins Zeugnis aufzunehmen und nicht der letzte Arbeitstag. Dies gilt auch bei ungerechtfertigter fristloser Entlassung. Wird nämlich ein Tag mitten im Monat als Austrittsdatum genannt, entsteht der Eindruck, die Entlassung sei zu Recht erfolgt.
Wer muss unterschreiben?
Unterschrieben werden muss das Zeugnis von einem Vertreter des Arbeitgebers, der in einer gehobenen Position ist. Dabei kommen nur Vorgesetzte in leitender Stellung in Betracht, da die Zeugnisausstellung durch untergeordnete Mitarbeiter gemäss einem Urteil des Nidwaldner Kantonsgerichts «kränkend» wirkt.
Auf HelpOnline finden Mitglieder eine Checkliste, was ins Arbeitszeugnis gehört: Checkliste (PDF, 44 kb)