In Grosskonzernen ist der Abgang mit Fallschirm meist Alltag. Ob Fusion oder Umstrukturierung, unfreiwillige Frührentner erhalten in der Regel finanzielle Unterstützungen: bessere Pensionsregelungen, Abfindungssummen, AHV-Uberbrückungsrenten und andere freiwillige Leistungen.

Doch die Entlassung in die Frühpension wird längst nicht allen versüsst. Vor allem in Klein- und Mittelbetrieben gehen viele oft leer aus, womit der Lebensabend finanziell nicht gesichert ist. Es fehlen beispielsweise Mittel für die Weiterbildung der Tochter, für den Kauf der Alterswohnung oder für die Erhöhung der dritten Säule. Zudem ist die erzwungene Pension oft auch mental eine Belastung. Man will weiterhin in der Arbeitswelt bleiben - egal, ob finanziell notwendig oder nicht.

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In einer solchen Situation drängt sich ein Neustart auf. Der Wiedereinstieg in einen Beruf nach dem Beruf setzt jedoch eine gute Gesundheit und vor allem eine minuziöse Vorbereitung voraus.

Um in der ersten Zeit die Unsicherheit und das Gefühl der Bedrohung zu überwinden, ist zuallererst ein klares Bild der persönlichen Situation notwendig. Laufbahnberater empfehlen zu diesem Zweck die einfache Technik des «Mind-mapping». An das zentrale Element «meine Zukunft» werden mit Haupt-ästen Begriffe angefügt, zu denen jeweils weitere Details kommen.

Sich selber vertrauen
Mit dieser Technik lässt sich bildlich und übersichtlich darstellen, welche Lebensbereiche von einer Veränderung, wie sie die Frühpensionierung darstellt, betroffen sind. Damit wird auch schnell klar, welche Bereiche die volle Aufmerksamkeit brauchen. Beispielsweise muss die Versicherungssituation überprüft oder das Budget neu erstellt werden.

Für die konkrete Gestaltung des neuen Lebensabschnitts müssen nach der ersten Analyse die Grundannahmen überdacht werden. Es ist zu empfehlen, zwischen Arbeit, Freizeit und Lernen eine Balance zu finden. Arbeit ist dabei die mit Abstand schwierigste Aufgabe. Denn im Zeitalter der Globalisierung und des damit verbundenen schnellen Wandels ist die Jobsuche für Frühpensionierte noch schwieriger geworden.

Ältere Menschen sollten dabei ein paar einfache Grundregeln beachten. Erstens dürfen Altersangaben in Stelleninseraten nicht überbewertet werden. Auch wenn das Idealalter viel tiefer liegt, muss man sich nicht entmutigen lassen. Zudem ist es nicht sinnvoll, telefonisch nachzufragen, ob man sich überhaupt bewerben soll. Zweitens sollte in der Bewerbung das Alter nicht hervorgehoben werden. Statt dessen ist es viel sinnvoller, das Gewicht auf die jetzige, die letzte und allenfalls die vorletzte Stelle zu legen.

Sicher auftreten
Drittens ist ein selbstbewusstes Auftreten gefragt. Dazu gehören auch die Lohnvorstellungen. Zwar ist mit Abstrichen zu rechnen, doch dürfen nicht schon im voraus zu extreme Konzessionen gemacht werden. Am besten nennt man eine gewisse Bandbreite als Diskussionsbasis. Ein solches Vorgehen schafft Spielraum für Verhandlungen.

Für eine möglichst erfolgversprechende Bewerbung reichen aber die drei Faustregeln noch nicht. Vielmehr gilt es, sich gründlich mit den eigenen Ressourcen und Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Entscheidend dabei ist das Marketing in eigener Sache. Die zentralen Fragen lauten: «Was habe ich zu verkaufen?» Und: «Für welche Aufgabenstellungen habe ich besondere Stärken?»

Die Stärken kennen
Zu diesem Zweck kann es hilfreich sein, anhand selbsterlebter Geschichten zu tiefer liegenden Fähigkeiten vorzustossen. Das Inventar der Stärken kann schliesslich von «Ideen formulieren» über «Menschen motivieren» bis «Preise vergleichen und aushandeln» reichen.

Ein ähnliches Vorgehen eignet sich auch für die Wissens- und Interessenbereiche. Wiederum lässt sich eine einfache Frage formulieren: «Welche Gebiete haben mich immer wieder angezogen und befriedigt?»

Für eine klare Zielformulierung muss nun das Inventar der Fähigkeiten mit dem Inventar der Interessen kombiniert werden. Am besten schreibt man ungehemmt und ohne Zensuren jene Tätigkeiten auf, die alle Punkte der Liste irgendwie zusammenbringen.

Anschauungsunterricht
für diesen Prozess liefert die Auswertung des Stärkeninventars von Heinz B. Ihm liegen Bergwanderungen und Menschenführung, und er kennt die Flora sehr genau. Die Vorschläge für ihn: Reiseleiter, Lehrer, Verkäufer, Tourismusleiter.

Tatsächlich hat er es geschafft, sich einen Teilzeitjob aufzubauen, in dem er Geld auftreibt für eine Organisation, die Berggebieten hilft, die von Lawinen und Erdrutschen bedroht sind.

Dass Heinz B. seine Wünsche realisieren konnte, war das Resultat eines systematischen Vorgehens. Nach der Entscheidung für eine selbständige Tätigkeit tastete er sich an Leute heran, die bereits «Fund-raiser»-Tätigkeiten ausübten. Um herauszufinden, wie eine solche Arbeit abläuft und welche Probleme dabei auftauchen, kontaktierte Heinz B. Geldsammler bei Hilfswerken und Sportverbänden.

Mit Fachliteratur und mit Hilfe aus dem Internet bereitete er sich jeweils intensiv auf die Gespräche vor. Heinz B. lernte so eine Vielzahl neuer Leute kennen, indem er ihnen mit wirklichem Interesse für ihre Aufgabe entgegentrat.

Initiative zeigen
Der Fall zeigt klar, dass sich der Neustart für Ältere nur mit enormer Eigeninitiative verwirklichen lässt. Voraussetzung für einen erfolgreichen Wiedereinstieg sind unzählige Gespräche, der Aufbau neuer Beziehungen sowie eine professionelle Informationsbeschaffung.

Und nicht zuletzt muss auch die Sinnfrage klar beantwortet werden. Schliesslich haben Ältere die Hälfte ihrer Lebensreise bereits hinter sich. Und sie haben miterlebt, wie traditionelle Wertvorstellungen verschwunden sind.

Zehn Tips für den Neubeginn

  • Bevor Sie über Ihre Zukunft entscheiden, sollten Sie unbedingt ein Inventar Ihrer Vergangenheit sowie Ihrer Fähigkeiten, Eigenschaften, Wissens- und Interessengebiete erstellen.
  • Nutzen Sie Bibliotheken und Medien wie das Internet, um sich über neue Tätigkeitsfelder zu informieren.
  • Sichern Sie sich die Unterstützung eines Freundes, einer Freundin oder einer kleinen Gruppe von Gleichgesinnten.
  • Gehen Sie von Ihren Stärken und Ihren Zielsetzungen aus und nicht von den gerade vorhandenen ‚offenen Stellen.
  • Fragen Sie sich, bei welchen Aufgaben und Problemen Sie mit Ihren Stärken Lösungen anbieten können.
  • Finden Sie heraus, wo Ihre ideale Tätigkeit zum Einsatz kommen kann, bei welcher Firma oder Organisation und in welchen Situationen, bei welchen Kunden.
  • Schicken Sie wenn möglich keine Bewerbungen, sondern suchen Sie - über Bekannte - das Gespräch mit Firmen oder Organisationen, in denen Sie tätig sein möchten.
  • Suchen Sie an vielen Orten, und konzentrieren Sie sich nicht nur auf eine oder zwei Möglichkeiten. Sie sollten am Schluss mehrere Optionen haben.
  • Wenden Sie sich immer an diejenige Person, die die Kompetenz hat, Sie einzustellen - also an Ihren zukünftigen Chef -, nicht an irgendeine Vorselektionsstelle.
  • Vergessen Sie nicht, genügend Zeit für das Lernen und die Freizeit zu reservieren.