Dem Kanton Zürich fehlen ausgebildete Heilpädagoginnen und -pädagogen. Diese Lehrkräfte unterrichten Kinder mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen in Regelklassen, Kleinklassen und Sonderschulen. Doch rund 500 Lehrpersonen arbeiten ohne Diplom in diesem Bereich.

Abschlussarbeit abgeschafft

Jetzt hat die Zürcher Bildungsdirektion beschlossen, die Anforderungen an die Ausbildung der Schulischen Heilpädagogen zu senken: Statt 90 Leistungspunkte sollen bereits 60 ausreichen, um im Kanton Zürich eine berufliche Anerkennung als Heilpädagoge zu erlangen.

Partnerinhalte
 
 
 
 

Verzichtet wird dabei auf die Masterarbeit und gewisse Module. Lohnabstriche sind keine vorgesehen. «Lehrpersonen ohne Diplom sollen so motiviert werden, die Ausbildung in Angriff zu nehmen», erklärt Urs Meier vom Volksschulamt Zürich. Es handle sich um eine befristete Massnahme.

Studierende der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik Zürich (HfH) protestieren dagegen. Der Studienumfang wurde bereits reduziert: von 110 auf 90 Punkte. «Wir sind enttäuscht und zutiefst beunruhigt», sagt die Primarlehrerin Franziska Roth, die soeben ihren Master in Schulischer Heilpädagogik erworben hat – mit 110 Leistungspunkten.

Zusammen mit anderen HfH-Absolventinnen, den Dozenten der Hochschule und vielen Eltern wehrt sich Roth gegen «Schnellbleichen», denn: «Aus unserer Sicht kommen diese Massnahmen einem massiven Qualitätsabbau gleich.» In einer Internetumfrage unterstützen rund 1000 Personen den Protest. Roth und ihre Mitstreiterinnen befürchten, dass nun viele Studierende «ermuntert» würden, das Studium abzubrechen. Durch die verkürzte Ausbildung bleibe manches auf der Strecke. «Wer länger studiert, setzt die Integration behinderter oder verhaltensauffälliger Kinder besser um», lautet ihr Argument. Das hätten auch die Ergebnisse ihrer Masterarbeit gezeigt. Doch nun solle zum Leidwesen der Kinder bei der Qualifikation des Lehrpersonals gespart werden. «Es würde niemandem in den Sinn kommen, die Ausbildung zum Arzt oder zum Piloten zu halbieren», sagt Roth.

Andernorts kein Thema

Schützenhilfe bekommen die Zürcherinnen aus dem Thurgau: Man plane keine solche Änderungen der Ausbildungsanforderungen, schreibt Walter Berger, Chef des Amts für Volksschule, in einem Brief. «Wir sind davon überzeugt, dass die Ausbildung in der Schulischen Heilpädagogik nicht weiter verkürzt werden darf. Für die anspruchsvolle Aufgabe ist ein vollständig durchlaufener Masterstudiengang unabdingbar.»