Wirbel um neue Datenbank der Stadtzürcher Volksschule
Die Volksschule der Stadt Zürich sammelt ohne Einwilligung der Eltern höchstpersönliche Informationen ihrer Schülerinnen und Schüler. Eine der Kreisschulbehörden hat bereits reagiert und die Notbremse gezogen.
Veröffentlicht am 19. September 2019 - 16:34 Uhr
Kaum hat das Schuljahr begonnen, sorgt eine neue Datenbank für Aufregung. Darin speichert die Stadtzürcher Volksschule Informationen von rund 32'000 Schülerinnen und Schülern. Weder die Kinder und Jugendlichen noch ihre Eltern haben Kenntnis davon.
Einem von sieben Schulkreisen der Stadt Zürich ist das Datensammeln bereits zu bunt geworden. Die Kreisschulbehörde Limmattal weist in einer internen Rundmail, die dem Beobachter vorliegt, ihre Lehrpersonen an, keine Schülerinformationen mehr in die Datenbank einzutragen. «Es ist ein Skandal, wie unvorsichtig mit sensiblen Schülerinformationen umgegangen wird», sagt eine mit dem Vorgang vertraute Person.
Das Zürcher Schuldepartement begründet das Datensammeln mit dem gesetzlichen Auftrag der Schulleitungen und Behörden, für optimal durchmischte Klassen zu sorgen. Da die Datenbank lediglich diesem Zweck diene, brauche es auch keine Einwilligung der Eltern. Wer wissen möchte, was in der Datenbank über sein Kind eingetragen wurde, muss sich mit einem Gesuch an die zuständige Kreisschulbehörde wenden.
Doch so ganz wohl ist es dem Zürcher Schuldepartement dabei nicht. Dem Beobachter schreibt es, dass man «Verbesserungspotenzial» erkannt habe und daran sei, die Datenbank «weiterzuentwickeln». Das ist bitter nötig. In den Schülerprofilen finden sich Kommentare wie «K. ist Einzelkind», «T. hat einen sehr tiefen IQ» oder «Mutter von F. ist alleinerziehend». «Dass solche Informationen, die teilweise Jahre zurückliegen, für die Klassenbildung benötigt werden, ist Augenwischerei», sagt ein Insider. Es ist zudem unklar, wer die Verantwortung trägt, wenn solche Einträge Fehlinterpretationen oder eine Stigmatisierung auslösen. Weil die Daten nicht gelöscht werden sollen, besteht die Gefahr, dass solche Beurteilungen ein ganzes Schulleben an den Betroffenen hängen bleiben.
Auch wie die Daten gesammelt werden, wirft Fragen auf. Entgegen der Darstellung des Schuldepartements ist in der Datenbank nicht ersichtlich, wer die Einträge verfasst hat. Auch ihre Qualität wird nicht überprüft. So ist es beispielsweise möglich, unerkannt nachträglich das Datum zu ändern, Noten anzupassen oder Kommentare zu verändern oder sogar zu löschen.
Der Stadtzürcher Datenschützer Marcel Studer hat erst durch den Beobachter von der neuen Datenbank erfahren; dies, obwohl bei einem Projekt mit sensiblen Daten eine Meldepflicht besteht. Er wird die Datenbank nun einer datenschutzrechtlichen Prüfung unterziehen.
Der Datenschutz hat in den letzten Jahren durch die Digitalisierung an Bedeutung gewonnen. Doch wer darf was über mich wissen? Wie erhält man Auskunft über gespeicherte Daten? Und wie sieht es aus mit dem Fotografieren im öffentlichen Raum? Beobachter-Mitglieder erhalten Antworten auf diese und weitere Fragen zum Daten- und Persönlichkeitsschutz.
3 Kommentare
Dies erinnert mich an die Zustände, wie sie in der DDR früher waren.
Der gesetzliche Auftrag der Schulleitungen und Behörden, für optimal durchmischte Klassen zu sorgen, ist sicher sinnvoll. Dass sich ausgerechnet die Kreisschulbehörde Limmattal dagegen sperrt, ist wohl kein Zufall.
Wie würde ich mir parallel eine Lehrer Datenbank wünschen! Dort können dann ausser Lehrer alle ihre "qualifizierten" Beurteilungen über deren Fähigkeiten abgeben!