Alexander Tollmann: «Die Endzeitangst ist begründet»
Der Wiener Geologieprofessor Alexander Tollmann hat als erster Naturwissenschafter die Voraussagen von 250 alten Propheten für die Jahrtausendwende analysiert. Jetzt baut er sich einen Bunker.
Veröffentlicht am 10. August 2000 - 00:00 Uhr
Beobachter: Herr Professor Tollmann, was versetzt Sie so in Schrecken?
Alexander Tollmann: Einmal der kommende Weltkrieg – ein Krieg, der mit furchtbaren technischen Geräten geführt wird. Er wurde von vielen Spitzenpropheten vorausgesagt. Zum anderen der vorausgesagte Einschlag eines Kometen auf die Erde.
Beobachter: Wann ist aufgrund Ihrer Auswertungen mit diesen Ereignissen zu rechnen?
Tollmann: Anfang August 1999. Die genaue Zeit hat niemand vorausgesagt, aber die Jahreszahl 1999 haben sowohl Nostradamus als auch der bayerische Prophet Alois Irlmaier (1894 bis 1959 – die Red.) genannt. Der Monat lässt sich definieren, weil einige Propheten ihre Visionen sehr genau schilderten. Sie schrieben beispielsweise über die Zeit des Angriffs: «Das Korn ist schon gemäht, aber der Hafer steht noch.» Nach langjährigem Durchschnitt wäre das der 5. August.
Beobachter: Wie wird der Krieg ablaufen?
Tollmann: Alle glaubhaften Prophezeiungen schildern einen von Russland ausgehenden Angriff in drei grossen Panzerkolonnen. Ein nördlicher Vorstoss durch die Ebenen im Norden bis nach Holland und Belgien. Ein zweiter über die hessische Senke Richtung Köln, wo es zu einer Endschlacht kommen soll. Ein dritter schliesslich ist nördlich von Österreich durch den bayerischen Wald bis ins Alpenvorland nach Lyon zu erwarten. Da wird auch die Schweiz am Rand in Mitleidenschaft gezogen.
Beobachter: Bei allem angekündigten Schrecken ist das aber noch kein Weltkrieg.
Tollmann: Für uns in Mitteleuropa ist das ein einschneidender Krieg. Nach allen Angaben der Propheten werden sich auch die Amerikaner einschalten. Bereits vor diesen Ereignissen wird es zudem erneut Krieg in Nahost und im Balkan geben.
Beobachter: Werden gemäss Ihren Analysen der Prophezeiungen auch Atomwaffen eingesetzt?
Tollmann: Nostradamus sprach von «Samatobryn an über hundert Orten der Hemisphäre». Er neigte dazu, die Begriffe zu verschlüsseln, indem er die Silben vertauschte oder ein paar Buchstaben wegliess. Das Wort ist also als «Atombrisant» zu deuten. Ein Atomkrieg war denn auch zuerst meine grosse Sorge. Ich denke aber aufgrund aller Vergleiche und Analysen anderer Voraussagen, dass Nostradamus diese Prophezeiung auf die Zeit nach dem Kometeneinschlag bezog – dass er also die atomare Verseuchung durch zerstörte Atomkraftwerke schilderte und keinen Einsatz von Atomwaffen.
Beobachter: Der Kometeneinschlag käme also gleich nach dem Krieg.
Tollmann: Ja, ich erwarte ihn im Oktober. Er wird das idiotische Kriegsspiel beenden. Viele Propheten haben – unabhängig voneinander – gesagt, der Krieg werde «etwa drei Monate» dauern.
Beobachter: Wo wird der Komet einschlagen?
Tollmann: Es werden mehrere Trümmerstücke einschlagen. Der Haupteinschlag ist in der Region von Panama zu erwarten. Zwei weitere bedeutende Treffer wird die Erde auf den Färöern und bei Prag erleiden.
Beobachter: Wie schlimm wird es?
Tollmann: Es wird garantiert kein Weltuntergang sein. Aber es gibt eine sehr schwere Schädigung des Lebens auf der Welt, insbesondere durch die Folgen des Kometeneinschlags.
Beobachter: Wie gross werden die Brocken sein, die einschlagen sollen?
Tollmann: Das weiss man nicht genau. Aufgrund der Prophezeiungen ist mit mindestens einem Einschlagskörper von rund einem Kilometer Durchmesser zu rechnen. Das würde bedeuten, dass durch die hohe Druck- und Hitzewelle in einem weiten Umkreis alle Brücken einstürzen und Erdgasleitungen zerrissen würden. Flutwellen, sogenannte Tsunamis, würden die Küsten nahe den Einschlagsorten überschwemmen. Alte und neue Vulkane könnten ausbrechen. Es käme zu einer riesigen Luftverschmutzung durch Staub und Russ – und zu einer radioaktiven Verseuchung als Folge der menschlichen Dummheit, auf Atomkraftwerke zu vertrauen.
Beobachter: Aber die apokalyptische Angst vor einem Feuer vom Himmel ist doch eine menschliche Urangst. Nehmen Sie solche Prophezeiungen wirklich wörtlich?
Tollmann: Was mich als Wissenschafter überzeugt, sind die genauen Schilderungen der ganz wenigen Spitzenpropheten. Diese sagten schon vor Dutzenden, Hunderten, ja einige vor rund 2000 Jahren exakt voraus, was gemäss unseren erst allerneusten Erkenntnissen in welcher Abfolge passiert, wenn ein Himmelskörper auf die Erde einschlägt. Das konnten die Propheten damals unmöglich wissen.
Beobachter: Können Sie ein Beispiel dafür nennen?
Tollmann: Einige Propheten schilderten zum Beispiel den elektromagnetischen Puls (EMP), der durch den Kometen ausgelöst wird – dies lange bevor wir überhaupt ahnten, dass ein Kometeneinschlag eine solche Wirkung haben könnte.
Beobachter: Warum sollte sich diese Katastrophe ausgerechnet im Jahr 1999 ereignen? Ist es nicht einfach so, dass die Leute vor der Jahrtausendwende schon immer läuternde Ereignisse erwarteten – oder solche sogar herbeisehnten?
Tollmann: Das hat mit dem Millenniumsaberglauben überhaupt nichts zu tun. Natürlich waren die Leute auch vor dem Wechsel zum zweiten Jahrtausend nervös. Aber die Millenniumsangst auf das Jahr 2000 ist berechtigt. Sie nährt sich durch die alten jüdischen Prophezeiungen. Da heisst es, «einmal tausend Jahre und nicht mehr ganz tausend» würden vergehen, bis es soweit ist. Die Prophezeiungen haben also immer schon auf das Jahr 1999 hingewiesen, lange bevor unsere Gesellschaft ins Millenniumsfieber verfiel.
Beobachter: Viele Propheten haben allerdings falsche Voraussagen gemacht. Unter anderem sagte der von Ihnen zitierte Alois Irlmaier den dritten Weltkrieg zuerst auf 1951 voraus. Erst später korrigierte er sich auf 1999.
Tollmann: Ja, das ist richtig. Auch andere, ganz hervorragende Propheten haben rund zehn Prozent Fehlprognosen geliefert. Es geht bei einer Schauung immer darum, das Oberbewusstsein ganz auszuschalten, sonst können Fehler eintreten. Bei all meinen Recherchen habe ich aber bei Nostradamus keinen einzigen Fehler gefunden. Er machte über Jahrhunderte ganz präzise Voraussagen, etwa die Entdeckung des Planeten Neptun; er nannte sogar den Namen.
Beobachter: Aber Nostradamus ist der am schwierigsten zu deutende Prophet. Seine Verse sind schwer übersetzbar, kaum verständlich – und er hatte selber vorausgesagt, man werde sie erst im Jahr 2055 verstehen können...
Tollmann: Ja. Aber das betrifft das Gesamtwerk. Viele seiner Aussagen über die Zeit bis heute und einige in die nahe Zukunft deutende Prognosen können heute schon klar entschlüsselt werden.
Beobachter: Wenn alles so klar sein sollte, warum hat denn keiner der Propheten – inklusive Nostradamus – so bedeutende Erfindungen wie etwa das Auto oder den Computer vorausgesehen? Das wäre ein klarer Beweis für ihre Zukunftsschau gewesen.
Tollmann: Das ist eine interessante Frage. Ich weiss es auch nicht. Die Propheten scheinen sich in ihren Schauungen auf andere Dinge konzentriert zu haben. Allerdings hat der jüdische Prophet Johannes schon vor über 2000 Jahren vorausgesagt, es werde kurz vor der Apokalypse eine Zeit kommen, in der die Leute einen Code auf ihrer Hand oder auf der Stirn tragen würden, um ihre Geschäfte zu tätigen. In der Tat ist genau das realisiert worden. Angestellte in Disneyland und Versuchspersonen in Singapur können dank einem Computerstrichcode einkaufen, den sie wahlweise auf ihre Hand oder auf die Stirn tätowieren liessen.
Beobachter: Nehmen wir einmal an, es gäbe wirklich Menschen, die in die Zukunft sehen können. Wie erklären Sie sich das als Naturwissenschafter?
Tollmann: Irlmaier hat gesagt: «Ich sehe, zeitversetzt in die Zukunft, das Ereignis ablaufen wie einen Film.» Andere Propheten haben das ähnlich beschrieben. Sie sagten teilweise, dass sie ihre Fragen Gott stellen könnten und Antwort bekämen. Ich bin der Ansicht, dass wir unser materialistisch-mechanistisches Weltbild ergänzen müssen. Ich glaube, dass es eine «Weltseele» gibt, eine Art schöpferische Urkraft, ein Urwissen.
Beobachter: Und dieses «Weltbewusstsein», um es so zu nennen, kann jedermann anzapfen?
Tollmann: Wer die Fähigkeit dazu hat, ja. Viele kennen das aus eigener Erfahrung. Sie ahnen etwa den Tod eines nahen Verwandten voraus, auch wenn sie sonst nicht in die Zukunft sehen können.
Beobachter: Aber solche Ahnungen ängstigen. Und letztlich bleiben es nur Ahnungen, die mitunter täuschen. Glauben Sie nicht, dass Sie vielen Leuten mit Ihrem Buch angst machen?
Tollmann: Uber die Prophezeiungen gibt es schon ganze Stösse von Büchern. Die meisten sind so unglaublich falsch, dass es einem Wissenschafter den Magen umdreht. Deshalb habe ich mir gedacht, es ertrage ein Buch mehr, das wenigstens den ärgsten Unsinn ausrottet.
Beobachter: Sie haben vor allem einen Bestseller damit gelandet...
Tollmann: Ich machte es ganz sicher nicht wegen des Geldes. Im Gegenteil. Das Buch wurde ja von einem grossen Verlag abgelehnt, weil ich darauf beharrte, dass für 1999 die grosse Katastrophe angekündigt ist. Dieser Verlag hätte es viel lieber gehabt, ich wäre in diesem Punkt vage geblieben, weil ich mit dem Datum ja zugleich das Ablaufdatum druckte wie für einen Frischkäse.
Beobachter: Wie gehen Sie selber mit diesem «Ablaufdatum» um?
Tollmann: Ich bin nicht verzweifelt. Erstens habe ich meine persönlichen Ziele erreicht: Mein Leben war sehr erfüllt, dafür bin ich sehr dankbar. Zweitens wurde mein Weltbild durch die intensive Beschäftigung mit diesen Prophezeiungen ganz neu geformt.
Beobachter: In welcher Weise?
Tollmann: Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, in der alles streng dem Materialismus huldigte. Begriffe wie Gott oder Seele waren mir an der Universität überhaupt nie zu Ohren gekommen. Heute kommen wir zum Glück zu einem Punkt, wo wir beginnen, unser rein materialistisches Weltbild zu überwinden und sogar nach der Tier- oder der Pflanzenseele zu fragen. Die Beschäftigung mit den Prophezeiungen hat mir geholfen, die Schranken zwischen der materiellen und der immateriellen Welt aufzubrechen. Ich hoffe, meine Arbeit hilft auch andern Leuten dabei.
Beobachter: Sie selber bauen sich einen Schutzraum für 1999. Warum die Mühe, wenn alles so arg werden sollte wie prophezeit?
Tollmann: Ich verstärke nur die Türen zum Keller. Ich möchte an sich nicht überleben. Aber ich möchte einige meiner Forschungen für die Nachwelt retten. Und natürlich ist ein Kometeneinschlag dieser Grössenordnung ein Ereignis, wie es alle 10'000 Jahre nur einmal vorkommt. Als Geologe möchte ich gern noch sehen, was dabei passiert.
Zur Person Alexander Tollmann
Alexander Tollmann, 70, ist Professor für Geologie in Wien. Er hat die Prognosen der 250 wichtigsten von rund 360 Propheten aus dem europäischen Raum wissenschaftlich ausgewertet. Er ging auf die Quellen zurück und überprüfte die Prognosen. Nur zehn dieser Seher hält er aufgrund der von ihm analysierten Aussagen für vertrauenswürdig. Andere hätten zum Teil abgeschrieben oder ihren Prognosen Dinge hinzugefügt, die eindeutig widerlegt werden könnten.
Als besonders glaubwürdig bezeichnet Tollmann den französischen Arzt und Seher Michel de Notredame, besser bekannt als Nostradamus (1503 bis 1566). In 942 Vierzeilern hatte dieser Seher seine Prophezeiungen festgehalten – allerdings auf kaum verständliche Weise verschlüsselt. Sie reichen bis ins Jahr 3797. Tollmann glaubt, 243 dieser bisher oft fehlinterpretierten Vierzeiler seien heute durch Bernhard Bouvier (1997) «mit Sicherheit entschlüsselt» worden. Es handelt sich dabei um historische Beschreibungen, die ein Ereignis teilweise gar mit dem richtigen Namen benennen.
Tollmann wurde für seine wegweisenden Forschungen auf dem Gebiet der Geologie mit dem höchsten Forscherpreis Österreichs ausgezeichnet. Neben zahlreichen Fachpublikationen schrieb er das Buch «Desaster Zwentendorf» (1979), in dem der überzeugte Atomkraftgegner seinen erfolgreichen Kampf aufarbeitete, sowie den Bestseller «Und die Sintflut gab es doch» (1993). Das neuste Buch über die Auswertung der Prophezeiungen heisst «Das Weltenjahr geht zur Neige». Es erschien 1998 im Böhlau-Verlag, Wien.
Tollmann wohnt seit dem Tod seiner Frau allein in einer Burg in der Nähe der Wachau, rund hundert Kilometer von Wien.