Viele überkommt ein mulmiges Gefühl, wenn sie eine Ambulanz hören oder sehen. Sind Martinshorn und Blaulicht im Einsatz, geht es um ernsthaft Verletzte – meistens. Hin und wieder transportieren Rettungsdienste aber auch Leute, bei denen das nicht nötig wäre. Etwa den Sohn von Marc Daniel: Der 14-Jährige hatte sich beim Fussballspielen den Arm gebrochen. Weil die Eltern nicht beim Spiel waren, wollte ein Zuschauer den Jungen zum Arzt fahren. Doch der war ebenfalls nicht da, weshalb er den Jungen in der Zentrale des nahen Rettungsdienstes ablud. Der fuhr ihn ins Spital. Kostenpunkt: Fr. 1028.15.

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Das sei «völlig unvernünftig», ärgert sich Vater Marc Daniel. Der Rettungsdienst habe nicht einmal versucht, die Eltern zu kontaktieren. «Unser Sohn hatte keine Wunde und keine starken Schmerzen. Wir hätten ihn selber ins Spital fahren können.»

Mitnehmen oder dortlassen?

Eine ähnlich hohe Rechnung erhielt auch Florian Utz*. Am Fest zu seinem 22. Geburtstag hatte er zu viel getrunken und sich im Treppenhaus hingelegt. Ein besorgter Kollege rief die Ambulanz. Utz wollte nicht mit und lief weg. Die Sanitäter holten ihn ein und fuhren ihn ins Spital. Dort liess man ihn nach wenigen Stunden wieder laufen. Ohne Behandlung. «Klar war ich betrunken», sagt Utz, «aber deswegen muss man nicht gleich ins Spital.»

Für Rettungssanitäter sind solche Fälle heikel. Werden sie gerufen und nehmen jemanden nicht mit, können sie für Folgeschäden haftbar gemacht werden. «Sofern der Patient urteilsfähig ist, können wir ihn nicht zwingen mitzukommen. Um nicht sichtbare Verletzungen ausschliessen zu können, sind aber meist weitere Abklärungen im Spital nötig», sagt Marcel Schättin von Interverband für Rettungswesen.

Wer mitfährt, muss zahlen

Will jemand nicht mit, klärt ein Arzt die Lage ab. Weigert sich der Patient trotz medizinischer Notwendigkeit, wird die Polizei beigezogen. Durch Reden könne man viele Probleme lösen, sagen mehrere Rettungsdienste übereinstimmend. Ist ein Patient zurechnungsfähig, kann er eine Erklärung unterschreiben, dass er auf den Transport verzichtet und die Haftung selber übernimmt. So bleibt die Rechnung aus. Wer aber mitfährt, bezahlt. Bei Notfällen übernimmt die Krankenkasse höchstens 500 Franken pro Jahr, bei einem Unfall die gesamten Kosten.

Während Utz zahlte, wehrt sich Daniel. «Der Rettungsdienst hat in seinem eigenen Interesse gehandelt», sagt er. Der Fall geht wohl vor Gericht: Ein Termin beim Friedensrichter brachte keine Einigung.