Der achtjährige Ricardo ist plötzlich motiviert, sein krankes Bein zu trainieren, und fürchtet Stürze nicht mehr, Maria isst nach sieben Jahren endlich nicht mehr nur Schoggijoghurt, und Emanuel kann sich deutlich länger als früher konzentrieren. Die Namen sind geändert, die Fälle authentisch: Das Leben manches zerebral gelähmten oder sonstwie körperbehinderten Kindes hat sich entscheidend verbessert, seit es in einer Meeresbucht in Florida mit einem von sechs Delfinen gespielt hat. Die zweiwöchige Intensivtherapie unter Leitung des Neuropsychiaters Dave Nathanson gilt als erstklassig; dank dem Kontakt mit den sensiblen, intelligenten Delfinen gewinnen die Kinder Selbstvertrauen.

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So weit, so gut. Doch das Problem liegt in der Schweiz. Weil wissenschaftlich nicht erwiesen ist, warum die Kinder so positiv auf das Planschen mit «Duke» oder «Alfons» reagieren, zahlen weder IV noch Krankenkassen. Und die Therapie ist teuer: 6840 Dollar. Dazu kommen Flug, Unterkunft und Spesen – das gibt in jedem Fall hohe fünfstellige Frankenbeträge.

Kein Pappenstiel für Eltern, die wegen der Gebrechen ihrer Kinder ohnehin meistens nicht auf Rosen gebettet sind. Gut, gibts die schweizerische «Vereinigung Delphin-Therapie für behinderte Kinder» in Himmelried SO. Die Spendengelder sollen vollumfänglich für Unterstützungsbeiträge an die Therapie- und Reisekosten eingesetzt werden, verspricht Vereinspräsidentin Vreni Saladin.

Doch das Vereinsmotto «Gemeinsam sind wir stark» tönt für viele betroffene Eltern wie ein Hohn. Der Beobachter kennt eine ganze Reihe von Fällen, bei denen es vor, während oder nach der Florida-Reise zu gravierenden Unstimmigkeiten kam.

Hauptstreitpunkt ist fast immer das Geld. Mehrmals hat die Vereinigung den schriftlich vereinbarten Beitrag an die Therapiekosten nachträglich reduziert oder ganz gestrichen – manchmal kurz vor Reisebeginn, so dass die Eltern nicht anders konnten, als die Forderung zu erfüllen.

Diese fragwürdige Praxis rechtfertigt die Vereinspräsidentin mit Hinweis auf die Statuten, wonach allein der Vorstand über die Höhe der Beiträge entscheide. Massgebend seien die Einkommens- und die Vermögensverhältnisse der Eltern sowie die Bereitschaft zur Mithilfe bei Spendensammelaktionen. Konkreter geregelt ist das aber nirgends. Schlimmer noch: Per Unterschrift müssen sich die Eltern verpflichten, Angaben über Zuschüsse und andere Abmachungen «streng vertraulich» zu behandeln; der Willkür sind Tür und Tor geöffnet. Die Therapiebeiträge variieren denn auch zwischen 0 und 17'000 Franken.

Die Abrechnungen, mit denen die Vereinigung die Therapiekosten mit den Elternbeiträgen verrechnet, sind unklar und widersprüchlich. Merkwürdig ferner: Das mit der Buchhaltung betraute Treuhandbüro führt die Vereinsrechnung nicht nur, sondern überprüft sie als Revisionsstelle gleich selber. Ausserdem belegt ein Blick in die Erfolgsrechnung, dass keineswegs alle Spenden und Erlöse von Standaktionen für Therapiebeiträge eingesetzt werden: Mehr als ein Drittel geht für «Wareneinkauf und Bastelmaterial» drauf. Der Verein begründet dies mit den hohen Einstandspreisen der verkauften Waren.

Kein Wunder, rät das Fachblatt der Elternvereinigung epilepsiekranker Kinder, das noch vor kurzem die Vereinigung gelobt hatte, nach zahlreichen Reklamationen von einem Kontakt ab.

Die Beschwerden sind sogar bis nach Florida gedrungen. Therapiechef Dave Nathanson akzeptiert seit letztem Herbst keine Buchungen mehr via die schweizerische Vereinigung. Interessierte Eltern müssen ihre Kinder direkt anmelden; die Vereinigung vermittelt bloss noch die Flüge und Unterkünfte. Trotzdem pries sie sich noch Anfang März im Internet als «alleiniger Ansprechpartner» für die Therapie. Erst auf eine Nachfrage des Beobachters verschwand die falsche Behauptung. Eine Reorganisation des Vereins sei im Gang, versichert Präsidentin Vreni Saladin. Obs nützt, wird die Zukunft zeigen.

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