Veröffentlicht am 10. Juni 2022 - 15:33 Uhr
Das Ausmass der menschlichen Katastrophe ist erst in Ansätzen erforscht. Sicher ist nur so viel: Schweizer Uhrenfirmen setzten von Anfang des 20. Jahrhunderts bis Ende der 1960er-Jahre radiumhaltige Leuchtfarben ein. Arbeiterinnen trugen diese radioaktiven Farben auf Zeiger und Zifferblätter auf, damit diese im Dunkeln leuchteten. Die Folgen für unzählige dieser Frauen: Krebs, Hautkrankheiten, amputierte Finger – für manche auch der Tod.
Eine Hochrechnung des Beobachters zeigt: Von den Tausenden Radiumsetzerinnen trugen mindestens einige Hundert Schäden davon. Die Historikerin Brigitte Studer bestätigt diese Zahlen. Sie sagt: «Dass man sich nie für das Schicksal dieser Frauen interessiert hat, ist skandalös.»
Juristisch wurde das Problem nie angegangen. Klagen von Geschädigten sind, anders als bei Asbest, in der Schweiz nicht bekannt. Da der Radiumeinsatz gesetzlich erlaubt war, waren die Uhrenfirmen nicht haftbar. Die finanzstarke Branche dürfte den Strahlenopfern keinen Rappen Entschädigung gezahlt haben.