Kurz nach der Fertigstellung 1989 heimste die Seniorenresidenz für Bessergestellte an Luganos Sonnenhang viel Lob und Ehre ein. Für die Konzeption der Villa Sassa erhielt der Bauherr Werner Bleiker sogar den Schweizer Innovationspreis. Heute ist der Marmorglanz des 120-Millionen-Baus mit 113 Wohnungen, einer Klinik, Fitnessstudio, Restaurants und einem Fünfsternehotel verblasst. Die meisten Wohnungen stehen leer, der Park ist verwildert: Die Wirren der letzten Jahre haben der Villa Sassa zugesetzt.

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Bald nach der Eröffnung der Luxusresidenz krachte das Firmenimperium des Zürcher Immobilienkönigs Bleiker zusammen. Weil er sich mit einem Grossprojekt auf den Kanarischen Inseln übernommen hatte, musste er sich 1992 für zahlungsunfähig erklären und schlug sich fortan als kleiner Liegenschaftsverwalter durch.

Damit nicht genug. Die Justiz stiess auch auf krumme Geschäfte: 1995 bekam Werner Bleiker vom Zürcher Bezirksgericht zwei Jahre Gefängnis aufgebrummt. Bei einigen seiner Immobiliengeschäfte war Schwarzgeld in Höhe von 6,5 Millionen Franken geflossen. 1996 kam die Seniorenresidenz, in der eine Wohnung monatlich 6000 bis 8000 Franken kostete, unter den Hammer. Die Gläubigerbank UBS ersteigerte sie für gerade noch 55 Millionen.

Reiche Rentner blieben aus Neben Pomp und Luxus durchströmte von Anfang an auch fortschrittliches Ideengut die Überbauung. Bauherr Bleiker integrierte eine Klinik in die Residenz, in der eine «Symbiose zwischen Schulmedizin und Komplementärmedizin» propagiert wurde. Von Homöopathie über Phytotherapie bis spirituelle Psychotherapie: Damit wollte Bleiker betuchte Bewohnerinnen und Bewohner gesund halten. Für weiteres Wohlbefinden sollte die prächtige Sicht auf Lugano und den See sorgen. Doch zahlungskräftige Kunden blieben aus.

1997 wurde die fünfstöckige Liegenschaft mit 16000 Quadratmetern Wohnfläche von der Bayerischen Beamtenversicherung Immobilien Fonds GmbH (BBVI) gekauft. Kostenpunkt: 35 Millionen. Den Kauf eingefädelt hatte der Deutsche Karl Fütterer, ehemaliger Chef und Mitbesitzer der BBVI. Mittlerweile steht auch er vor Gericht: Es wird ihm Veruntreuung von rund 50 Millionen Mark und Bestechung in Höhe von 20 Millionen vorgeworfen.

Der zweite Hauptangeklagte in diesem Prozess vor dem Münchner Landgericht ist der frühere Boss der Caritas Trier, Hans Joachim Doerfert. Auch er hatte beim Geschäft rund um die Villa Sassa seine Hände im Spiel. Doerfert war über die Caritas Trägergesellschaft Trier (CTT) der geschäftliche Arm des dortigen Bischofs.

Hans Joachim Doerfert steht im Zentrum von mehreren Schmiergeldskandalen in Deutschland, die neben dem Trierer Bischof zuvor schon Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt und dem saarländischen Innenminister Hans Meiser das Amt gekostet haben.

Anfang Jahr sprach das Landgericht Koblenz den 57-Jährigen der Veruntreuung in der Höhe von 20 Millionen Mark für schuldig. Strafe: Über sieben Jahre Haft. Im Rahmen jenes Verfahrens stiessen die Ermittler bei einer Hausdurchsuchung in Doerferts Villa auch auf brisantes Material über seine Geschäfte mit der BBVI.

Bank für Geldtransfer geplant
Der Caritas-Manager, der einst unter anderem über mehr als 40 Spitäler und Kliniken mit 9000 Beschäftigten herrschte, verlangte laut Anklage 20 Millionen Mark Schmiergeld, um im Namen der Caritas langfristige Mietverträge für vier Gebäudekomplexe zu überhöhten Preisen zu unterschreiben – unter anderem auch für die Villa Sassa. Allein für die Residenz in Lugano waren es sieben Millionen Franken.

BBVI-Boss Fütterer, der in Finanznöten steckte, wollte einen Klinikenfonds auf die Beine stellen: Dank der langfristigen Bindung an die Caritas und den hohen Mieten ein todsicheres Geschäft.

Doch dazu kam es nicht. Die illegalen Hintergründe des Geschäfts flogen auf.

Es wurde ein Korruptionsskandal publik, der die üblichen Dimensionen sprengt: Fütterer und Doerfert wollten das mit illegalen Geschäftspraktiken zusammengeraffte Geld in der Schweiz verschwinden lassen – in einem eigens dafür gegründeten Institut namens «Rose Bank». Ein entsprechendes Gesuch traf bei der eidgenössischen Bankenkommission zwar ein. Doch dann zerstritten sich die Partner.

Statt mit den in der Schweiz gebunkerten Millionen ein angenehmes Leben zu führen, müssen die beiden Geschäftsmänner jetzt vielleicht für Jahre hinter Gitter. Doerfert hat ein Teilgeständnis abgelegt. Er habe Schmiergeld verlangt und angenommen, aber nicht Mietverträge zu überhöhten Konditionen abgeschlossen, sagte er vor Gericht aus.

Lugano verzichtet auf Luxusbau Und die Villa Sassa? Seit Oktober sucht die BBVI eine Käuferin. Lugano zeigte sich interessiert, denn in der Stadt fehlt es an Altersheimplätzen. Die luxuriöse Villa Sassa schien ein passendes Objekt, zumal die Residenz zum Schnäppchenwert angeboten wird: Für 30 bis 40 Millionen ist sie zu haben. Doch Luganos Sozialdienste winkten ab. Der preisgekrönte Koloss aus vergangenen Boomjahren sei viel zu gross und für ein Altersheim ungeeignet. Die Stadt verzichtet nun auf den Kauf.